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Mistreß Branican

Mistreß Branican

Titel: Mistreß Branican Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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die Schffisbrücke betrat, wendete sie sich um. Godfrey stand bei der Brüstung, sah ihr so traurig nach und machte eine so ausdrucksvolle Geberde, als wollte er sie zurückhalten; Dolly bemerkte es und wollte schon sagen: »Mein liebes Kind… ich komme wieder.«
    Aber sie bemeisterte sich doch und gab Zach Fren ein Zeichen, ihr zu folgen; dann begaben sie sich nach dem Bahnhof, der den Verkehr mit der Stadt vermittelt. Melbourne liegt ungefähr zwei Kilometer am linken Ufer des Yarra-Yarra entfernt, eine Strecke, welche die Eisenbahnzüge in einigen Minuten zurücklegen Hier erhebt sich nun die Stadt mit ihren dreihunderttausend Einwohnern, die Hauptstadt der Colonie Victoria, die ungefähr eine Million Bewohner hat, und auf die seit dem Jahre 1851 der Alexanderberg im wahren Sinne des Wortes sein ganzes Gold ausgeschüttet hat.
    Obwohl Mrs. Branican in einem weniger besuchten Hôtel abstieg, so war sie doch der Gegenstand allgemeiner Neugierde. Sie zog es daher vor, in Begleitung Zach Fren’s die herrliche Stadt zu besichtigen. Aber weder die Schönheit derselben, noch die prächtige Umgebung mit ihren zahlreichen Villen schien die kühne Amerikanerin zu interessiren; sie sah Alles gedankenlos an und unter dem Eindrucke einer fixen Idee, als wolle sie jeden Augenblick Zach Fren gegenüber einen Wunsch zu erkennen geben, den sie nicht auszusprechen wagte.
    Beide kehrten bei Einbruch der Nacht in das Hôtel zurück. Dolly ließ in ihrem Zimmer serviren, aber sie rührte fast nichts an. Dann legte sie sich nieder und schlummerte ein, indem sie stets ihren Gatten und ihr Kind sah.
    Am folgenden Tage blieb sie in ihrem Zimmer bis zwei Uhr Nachmittags. Sie schrieb in dieser Zeit einen langen Brief an Mr. William Andrew, in welchem sie ihm ihre Abreise von Sydney und ihre Ankunft in der Hauptstadt Südaustraliens mittheilte und einen guten Erfolg von der Expedition mit Bestimmtheit voraussagte. Als Mr. William Andrew diesen Brief las, da war er ebenso überrascht als beunruhigt, denn er bemerkte, daß Dolly nicht allein von der bestimmten Auffindung Johns sprach, sondern sie schrieb auch von ihrem Kinde, von ihrem kleinen Wat, in einer solchen Weise, als wäre er gar nicht todt. Der Mann mußte sich fragen, ob diese schwergeprüfte Frau nicht von neuem auf dem Punkte stehe, ihren Verstand zu verlieren.
    Die Passagiere, welche nach Adelaïde fahren, hatten sich fast Alle eingeschifft, als Mrs. Branican und Zach Fren an Bord zurückkehrten. Godfrey erwartete mit Ungeduld ihre Ankunft, und als er sie erblickte, leuchtete sein Auge auf, seine Traurigkeit verschwand. Er stürzte der Schiffstreppe zu und stand dicht neben ihr, als die Frau herauf kam.
    Zach Fren sah dies nicht gern und er runzelte die Stirn. Was hätte er darum gegeben, wenn dieser Knabe das Schiff verlassen hätte oder wenigstens Dolly nicht immer in den Weg gekommen wäre, da seine Anwesenheit doch die schmerzlichsten Erinnerungen wachrief!
    Mrs. Branican erblickte Godfrey, blieb einen Augenblick stehen und sah ihn scharf an; dann stieg sie schweigend nach ihrer Cabine hinab.
    Um drei Uhr Nachmittags lichtete der »Brisbane« die Anker und schlug die Richtung gegen Adelaïde ein, indem er wenigstens drei Meilen der Küste von Victoria entlang fuhr.
    Es waren ungefähr hundert Passagiere an Bord, die meisten davon Bewohner des südlichen Australiens, die in ihre Heimat zurückkehrten. Doch befanden sich auch einige Fremde unter ihnen, z. B. ein Chinese von ungefähr dreißig bis fünfunddreißig Jahren, mit schläfrigem, citronengelbem Gesicht, fett wie ein Mandarin, obwohl er nur ein einfacher Diener war, dessen Herrn wir etwas näher ins Auge fassen müssen. Dieser war ein Engländer, aber ein Engländer, wie er im Buche steht. Groß, mager, mit blondem Barte, ebenso blondem Kopfhaar, kleinen, listigen Augen, einer spitzigen Nase von nicht ungewöhnlicher Länge und mit einem Schädel, auf dem ein Phrenolog sofort den größten Eigensinn entdeckt hätte – Eigenschaften, die jeden Blick auf sich ziehen und auch dem Ernstesten ein Lächeln abnöthigen.
     

    Die übrigen Passagiere brachten ihr ein außerordentliches Interesse entgegen. (S. 189.)
     
    Dieser Engländer war auch ganz nach der Sitte seines Landes gekleidet:
    Er trug den bekannten Hut Albions, die Weste bis zum Kinn zugeknöpft, im Rocke große Taschen, die Hofe carrirt; an den Füßen Gamaschen und nägelbeschlagene Schuhe.
    Wer war dieses Original? Man kannte ihn nicht, und auf den

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