Mistreß Branican
abgehärtet durch das Seemannsleben, war er oft der Karawane voraus, so daß man ihn manchmal gar nicht sah. Blieb er auf seinem Platze, so geschah es nur auf den ausdrücklichen Befehl Dollys. Weder Zach Fren noch Tom Marix würden bei ihm das erreicht haben, was sie nur durch einen Blick erlangte. Wenn dieser nicht ihr Sohn wäre, so sollte er es, wenn nicht nach den Gesetzen der Natur, wenigstens durch Adoption werden. Godfrey sollte sie nie mehr verlassen… und John würde auch die Liebe theilen, die sie für dieses Kind fühlte.
Eines Tages blieb er sehr lange abwesend, denn er war der Karawane schon einige Meilen voraus.
»Mein Kind, sagte sie zu ihm, Du mußt mir versprechen, Dich nicht mehr ohne meine Einwilligung zu entfernen. Wenn ich Dich fortgehen sehe, bin ich unruhig, bis Du wieder da bist. Du läßt uns immer stundenlang ohne jede Nachricht.
– Mrs. Dolly, erwiderte er, ich muß doch recognosciren… Man hatte einen Nomadenstamm signalisirt, der am Warmercreek lagere… Ich wollte den Häuptling besuchen und ihn fragen…
– Was hat er gesagt? fragte Dolly.
– Er hatte von einem Weißen sprechen hören, der von Westen kam und die Richtung gegen Queensland einschlug.
– Wer war dieser Mann?
– Ich verstand schließlich, daß es sich um Harry Felton handelte, und nicht um den Capitän Branican. Aber wir werden ihn doch finden… ja, wir werden ihn finden… Ach, Mrs. Dolly, ich liebe ihn wie Sie ihn lieben, Sie, die Sie für mich eine Mutter sind.
– Eine Mutter.. sagte Mrs. Branican.
– Doch ich kenne Sie, während ich ihn, den Capitän John, nie gesehen habe… Und ohne diese Photographie, die Sie mir gegeben haben… die ich immer bei mir trage… zu der ich spreche… die mir zu antworten scheint…
– Du wirst ihn eines Tages kennen lernen, mein Kind, erwiderte Dolly, und er wird Dich ebenso lieb haben wie ich.«
Am folgenden Tage brachen sie beide frühzeitig auf. (S. 215.)
Am 24. September machte die Karawane bei William-Spring, zweiundvierzig Meilen nördlich von Emerald, Halt.
Am 29. September verließ sie die Station Umbum und zwei Tage darauf erreichte sie die Station The-Peak, die erst unlängst für den Telegraphendienst gegründet worden war.
Zach Fren öffnete die Thür und prallte überrascht zurück. (S. 216)
Beim Aufbruche von hier bekam die Karawane einen Vorgeschmack von den Strapazen, welche ihr der Durchzug der Wüste Australiens bereiten sollte. Sie mußte über einen sehr trockenen Boden bis zu den Ufern des Macumbaflusses ziehen, dann über diesen, und hierauf begann ein nicht weniger beschwerlicher Marsch bis zu der Station Lady-Charlotte.
Auf diesen ungeheuren Ebenen, wo nur hier und da einige Baumgruppen standen, war immer noch Wild genug, wenn dies der richtige Ausdruck ist. Da sprang eine kleinere Art Känguruhs, die sogenannten Wallabis, in mächtigen Sätzen dahin, dort bemerkte man einige Casuare mit ihrem herausfordernden und stolzen Blick, gleich dem des Adlers. Diese Vögel haben aber das vor ihrem Könige voraus, daß sie ein fettes und nahrhaftes Fleisch, gleich dem des Rindes, liefern. Tom Marix machte seine Gefährten aufmerksam, daß die hohlen Gummibäume gewöhnlich von Bären als Schlupfwinkel benutzt würden, und sie hatten auch bald Gelegenheit, einen derselben zu tödten.
Von den Eingebornen wurde die Karawane bisher noch gar nicht belästigt, denn diese haben nördlich, östlich und westlich von der Telegraphenlinie ihre Lager.
Je weiter sie in diese Gegenden, die immer trockener wurden, vordrangen, desto mehr konnte Tom Marix den Instinct der Ochsen, welche das Gepäck zogen, benutzen. Es scheint, daß sich dieser Instinct in der Rasse seit ihrer Importirung nach Australien entwickelt hat, und daß sich diese Thiere immer zu den Gewässern hinwenden, wo sie ihren Durst löschen können. Sie täuschen sich selten, und die Leute brauchen ihnen nur zu folgen, was unter Umständen sehr werthvoll ist.
Am 7. October blieben die Ochsen des vordersten Wagens plötzlich stehen, was auch die anderen Gespanne sofort thaten. Die Führer trieben sie vergebens an, und es gelang ihnen nicht, sie nur einen Schritt weiter vorwärts zu bringen.
Tom Marix, der sofort davon in Kenntniß gesetzt wurde, ritt zu dem Wagen der Mrs. Branican hin.
»Ich weiß, was das ist, sagte er; wenn wir noch keinen Eingebornen auf unserer Route begegnet sind, so kreuzen wir jetzt einen Pfad, den sie gewöhnlich benutzen, und da unsere Ochsen ihre
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