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Mit 15 wachsen einem Flügel

Mit 15 wachsen einem Flügel

Titel: Mit 15 wachsen einem Flügel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Caspari
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Frottee-Kittels einen Kamm und das Tuch, mit dem sie beim Training ihre kurzgeschnittene Lockenmähne bändigte.
    „Du mußt dir die Haare wachsen lassen, das steht dir viel besser“, sagte eine Männerstimme hinter ihr. Sie hatte ihn gar nicht hereinkommen sehen. „Siehst du, so — die Haare an den Seiten weiter ins Gesicht, und hinten zu einem Knoten zusammengesteckt. Du wirst wunderschön aussehen.“ Er nahm eine Strähne, legte sie so, wie er sich ihre Idealfrisur vorstellte und betrachtete prüfend ihr Spiegelbild.

    Katja wagte sich nicht zu rühren.
    Plötzlich ließ er sie los, lachte, streckte die Hand aus und sagte: „Tag. Ich bin Janos. Und du?“
    „Eh — Katja. Katja Steinebach.“
    „Du bist noch nicht lange hier, nicht wahr? Ich habe dich noch nie gesehen. Ich kenne kaum noch jemanden...“, sagte Janos, als müsse er sich entschuldigen.
    „Du warst auch lange nicht hier.“ Katja überlegte fieberhaft, ob er beleidigt sein würde, wenn sie ihn duzte, als sei sie eine Kollegin. Aber er schien es ganz normal zu finden.
    „Ja, du hast recht. Ich schäme mich.“
    Er lächelte spitzbübisch, ein bißchen erinnerte er sie an Markus. Er sah viel jünger aus als auf der Bühne. Unverschämt hübsch war er, fand Katja. Und er hatte die tollsten Augen, die sie je bei einem Mann gesehen hatte. Dabei war er nicht sehr groß, kaum einen halben Kopf größer als sie. Katja machte sich unwillkürlich ein bißchen kleiner.
    „Laß dich nicht so hängen“, sagte er grinsend und knuffte sie freundschaftlich in den Rücken.
    Katja bemerkte erstaunt, daß sie Gänsehaut bekam, wenn er sprach. Seine Stimme hatte einen dunklen, aufregenden Klang, und er sprach mit leichtem Akzent. Ich sehe bestimmt aus wie eine Kuh, wenn’s donnert, dachte Katja und zwang sich, ihn nicht mehr anzusehen.
    „Komm, wir müssen anfangen.“ Janos nahm sie am Arm und zog sie zur Tür.
    So eifrig wie heute waren die Mädchen noch nie beim Training gewesen. Jede versuchte, durch besonders gute Haltung Janos Thöldys Aufmerksamkeit auf sich zu lenken: durch ein besonders hochgestrecktes Bein, eine vollendete Armbewegung oder eine perfekte Pirouette.
    Janos war ein ausgezeichneter und unbestechlicher Lehrer, und ganz offensichtlich hatte er sich seine Lehrmeisterin, Frau Künzel, zum Vorbild genommen. Seine Anweisungen kamen ruhig und bestimmt, seine Kritik war nie verletzend und traf immer ins Schwarze.
    Zu Katja sagte er in einer kurzen Verschnaufpause leise: „Du bist sehr begabt, du hast im kleinen Finger mehr Ausdruckskraft als die anderen im ganzen Körper. Aber technisch fehlt dir noch viel, du solltest dein Trainingspensum verdoppeln. Dann kann einmal eine große Tänzerin aus dir werden.“
    Katja schlug das Herz bis in den Hals. Stimmte das alles, was er da eben von sich gegeben hatte? Sie erinnerte sich, daß auch Frau Künzel einmal die Bemerkung gemacht hatte, als sie über ihre Ungelenkigkeit besonders verzweifelt gewesen war: Du hast keinen Grund, traurig zu sein, Technik kann man sich erarbeiten! Aber du hast etwas, was man nicht lernen kann. Du verstehst es sehr gut, dein Herz und deinen Verstand in Körpersprache, in Ausdruck zu übersetzen. Das ist eine große Begabung.
    In der zweiten Hälfte der Stunde arbeitete Katja so intensiv, daß ihr Gesicht naß von Schweiß war.
    Janos verlangte viel von den Mädchen. Er schien zu vergessen, daß er es nicht mit einer Gruppe von Berufstänzern zu tun hatte, sondern mit Laien, Schülerinnen, die Ballett und Tanz als Hobby betrieben.
    „Zweimal in der Woche werde ich Jazz-Tanz unterrichten“, verkündete Janos nach der Stunde. „Wer von euch macht mit?“
    Katja hob sofort die Hand. Zu ihrem Erstaunen rührte sich Petra als einzige nicht. Sie hatte sich auf den Boden sinken lassen und schnaufte erschöpft. Katja stubste sie mit der Fußspitze an.
    „He, hast du nicht gehört?“
    „Doch“, brummte Petra. „Aber ohne mich. Die Strapaze heute reicht mir vollkommen.“
    Katja schüttelte mißbilligend den Kopf.
    „Das verstehe ich nicht. So eine einmalige Chance...“
    „Ich habe gar nicht gewußt, daß du Tänzerin werden willst“, spottete Petra.
    „Will ich ja auch nicht. Oder doch - ich weiß nicht. Vielleicht. Da muß ich mich doch jetzt noch nicht festlegen, oder?“
    Katja verstand die Freundin nicht. Sie hatte doch früher so gern getanzt! Wo war Petras Begeisterung geblieben? Wir scheinen die Rollen getauscht zu haben, dachte Katja verwundert.
    Inga,

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