Mit 17 setzt man auf die Liebe
fassen!“
„Ja, das kann wirklich nicht so weitergehen!“ rief Helmut empört. „Wenn sie nicht so unverschämtes Glück gehabt hätte, läge Gaby jetzt im Krankenhaus.“
„Wenn ich bloß wüßte, was wir tun könnten!“ seufzte Katja. „Was sind das nur für Menschen, die das fertigbringen?“
„Menschen, die von klein auf nichts anderes kennengelernt haben als Gewalt. Für die nie jemand Zeit gehabt hat, denen nie jemand zugehört hat, die nie gelernt haben, ihre Wünsche und Bedürfnisse in Worte zu kleiden“, sagte Miriams Vater ruhig. „Ihre Sprache ist Gewalttätigkeit. „
„Ja, Papa“, wandte sich Miriam an ihn, „sag du doch mal, was wir tun können! Du bist schließlich Fachmann, du weißt, wie man mit ihnen umgeht!“
„Fachmann?“ fragte Klaus.
„Papa ist Jugendrichter von Beruf.“
„Ja, was ihr tun könnt... das ist gar nicht so leicht zu sagen. Mit Großzügigkeit, Friedensangeboten und Freundschaftlichkeit ist noch nichts gewonnen. Das Mißtrauen dieser Kinder ist so groß... es sitzt so tief, man braucht Jahre, um es zu überwinden, und manchmal gelingt es nie. Es hängt natürlich vom einzelnen ab, von der Gruppe, zu der er gehört und die für ihn so etwas wie eine Ersatzfamilie ist. Dann spielt das Alter eine Rolle. Je älter sie sind, desto schwieriger wird es für sie, die Fahrtrichtung noch zu ändern, um es mal so auszudrücken.“
„Verstehe“, murmelte Klaus. „Das sind trübe Aussichten für uns.“
„Zunächst mal wären wir schon froh, wenn wir wüßten, wer uns da eigentlich all diese Schwierigkeiten macht!“ sagte Katja. „Aber wer sie sind, und wie viele... wie kann man das feststellen?“
„Ich wollte eigentlich nicht darüber sprechen“, sagte Frau Ott. „Es ist so gefährlich, jemanden zu verdächtigen, der vielleicht ganz unschuldig ist. Ihr wißt ja, daß ich seit Jahren in der Hauptschule unterrichte, und ich habe da jetzt zwei Jungen in der Klasse, zwei Freunde, die schon zum zweitenmal eine Ehrenrunde drehen. Und auch diesmal sind sie wieder die schlechtesten Schüler. Sie sind dreizehn und vierzehn Jahre alt und unter den Schulkameraden bekannt dafür, daß sie mit großer Geschicklichkeit aus zwei, drei alten Fahrrädern ein neues zusammenbasteln. Allerdings heißt es, daß die dazu verwendeten Teile von gestohlenen Rädern stammen. Sie richten auch in der Schule eine Menge Unfug an. Daß man ihnen immer wieder eine Chance gibt, liegt daran, daß sie aus so katastrophalen familiären Verhältnissen stammen und man ihnen immer wieder zu helfen versucht.“
„Sie meinen, daß das unsere ewigen Störenfriede sind?“ fragte Klaus.
„Es könnte sein. Die beiden sind nicht dumm, im Gegenteil. Möglicherweise hegen sie einen tiefen Haß gegen die vielen bessergestellten Jungen und Mädchen bei uns hier im Ort, wo so viele mit den Eltern im eigenen Haus wohnen, sich teure Hobbys leisten können, in den Ferien verreisen. Gerade in einem Ort mit wenig sozial Schwachen müssen sie sich ausgestoßen fühlen. Und die anderen, die Schulkameraden, lassen sich von ihnen beeinflussen -oder unter Druck setzen.“
„Wenn wir es genau wüßten, daß sie es sind, dann würden wir uns schon irgendwie mit ihnen zusammenraufen“, sagte Katja.
Sie sollten es bald erfahren. Noch keine Woche war vergangen, da standen die beiden Jugendlichen vor dem Untersuchungsrichter - auf frischer Tat beim Fahrraddiebstahl ertappt.
Nicht lange danach stürmte Miriam eines Abends in den Club. „Habt ihr schon gehört? Sie waren es tatsächlich! Bulli und Hanno, die aus der Klasse von Frau Ott! Ich hab mein Fahrrad wieder. Heute war die Verhandlung, und mein Vater hat sie...“
„... dazu verknackt, unser Clubhaus frisch zu streichen. Statt Jugendarrest“, vollendete Tim ihren Satz. „Wissen wir alles. Morgen kommen sie her. Wir beraten gerade, wie wir am geschicktesten vorgehen, um ihre Fahrtrichtung zu ändern, wie dein Vater sich ausdrückte. Und ich habe auch schon eine Idee.“
An diesem Abend hatte Katja für die Zwillinge einen ungewöhnlichen Auftrag.
„Würde es euch etwas ausmachen, mein Fahrrad ein bißchen zu demolieren?“ bat sie die beiden.
„Willst du uns auf den Arm nehmen?“ fragte Markus mißtrauisch. „Wie meinst du das?“
„Ihr sollt es ein bißchen kaputtmachen. Natürlich nicht so, daß ich nicht mehr damit fahren kann. Aber so, daß ich’s zum Reparieren bringen muß. Warum, erkläre ich euch später. Und daß ihr ja den Mund
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