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Mit 50 hat man noch Träume

Mit 50 hat man noch Träume

Titel: Mit 50 hat man noch Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bärbel Böcker
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wirkenden Geste deutete Caro auf die Koffer. »Darf ich?«
    Bruni nickte
und langsam ließ Caro sich auf einem der Koffer nieder. »Verzeih mir, ich habe einen
Fehler gemacht, ich weiß.« Mit gesenktem Blick betrachtete sie ihre Hände.
    »Hast du«,
sagte Bruni, unschlüssig darüber, ob sie noch etwas hinzufügen sollte.
    »Es tut
mir leid. Wie oft soll ich es denn noch sagen.«
    Bruni antwortete
nicht.
    »Wirklich.
Komm, setz dich.« Caro klopfte mit der Hand auf einen der Koffer neben sich.
    Bruni zögerte
einen Moment, ließ sich dann aber etwas schwerfällig neben Caro nieder.
    »Wenn vier
Frauen zusammen leben, die vorher alle nur sich selbst Rechenschaft schuldeten,
birgt das natürlich Probleme«, stellte Caro fest und sagte: »Wir haben alle unsere
Eigenheiten, aber wir sollten dazu in der Lage sind, sie zu akzeptieren und uns
damit auseinanderzusetzen, findest du nicht?«
    »Im Prinzip
ja«, stimmte Bruni widerstrebend zu und murmelte: »Aber mit 50 ist es nicht mehr
ganz so einfach, sich auf andere Menschen einzustellen, auch wenn es Freundinnen
sind. Altersmildheit halte ich für ein Gerücht.« Sie sah Caro an. »Ich habe sie
jedenfalls nicht, aber vielleicht bin ich auch noch nicht alt genug. Beas
Selbstverständlichkeit, mit der sie alles bestimmt, ihre Stimmungsschwankungen.
Ulrikes Konfliktunfähigkeit, deine Lockerheit im Umgang mit Männern … mit Wang San.«
    »Und deine
…?« Caro biss sich auf die Lippen und sah Bruni eindringlich an.
    »Meine …?«
Bruni überlegte, was sie erwidern sollte, aber dann sagte sie schließlich: »Meine
Empfindlichkeit vielleicht und …«
    »Genau.
Und manchmal bist du auch ein bisschen überheblich.«
    »Ich?« Bruni
starrte Caro gleichermaßen entsetzt wie empört an.
    Caro nickte.
    »Ehrlich?«,
fragte Bruni, und ihre Stimme war leiser geworden.
    Caro zögerte
einen Moment, aber dann sagte sie: »Wenn Bea dich bittet, in der Küche mitzuhelfen,
windest du dich und behauptest, du hättest Wichtigeres vor, was bedeutet, dass du ach wie wichtige Artikel oder Vorträge schreiben willst, die du wahrscheinlich
aber sowieso nicht verkaufst. Und wenn Bea dann sauer wird, reagierst du beleidigt
und regst dich auf.«
    Bruni stützte
den Kopf in ihre Hände. Insgeheim wusste sie, dass sie nur die Dinge, denen sie
bereits vor langer Zeit einen festen Platz in ihrem Leben eingeräumt hatte, gelten
ließ. Sie trug sie vor sich her wie ein Schutzschild, und so kam es, dass ihre Studien
und ihre Artikel, obwohl sie sich gern mit ihnen befasste, auch den Zweck erfüllten,
sich dahinter zu verstecken, sich wichtig zu fühlen, in gewisser Weise das eigene
Dasein zu legitimieren, und darüber die Gedanken der Einsamkeit zu verscheuchen.
Sie sog tief die Luft durch die Nase und fragte sich, ob ihr vielleicht irgendwann
in ihrem Leben die Fähigkeit abhandengekommen war, sich auf andere Menschen einzustellen.
Vielleicht hatte sie einfach zu lange allein gelebt und war darüber verknöchert.
Vielleicht hatte sie auch einfach verlernt, glücklich zu sein.
    »In Bezug
auf Wang San reagierst du völlig über«, hörte sie Caro in ihre Gedanken hinein sagen.
    »Hm.«
    »Glaube
mir, wenn ich nicht Angst vor deiner Reaktion gehabt hätte, hätte ich dir bestimmt
davon erzählt, dass wir gemeinsam diesen Line-Dance-Kurs besuchen. Und, falls es
das ist, was du befürchtest: Zwischen uns läuft nichts.«
    Bruni blinzelte.
    »Er steht
halt auf blond.« Caro zuckte mit den Schultern. »Das ist alles.«
    Bruni schwieg
einen Moment, bevor sie sagte: »Ich fürchte, mich nimmt er nur als Neutrum wahr.
Was meinst du?«
    Nachdenklich
sah Caro die Freundin an, die ihr jetzt so verletzlich schien wie eine junge Pflanze,
die den nahenden Regen fühlte und ihm einerseits die Blätter entgegenreckte, sich
andererseits aber vor den zerstörerischen, jeden Augenblick niederprasselnden Tropfen
duckte. Sie erwog jedes Wort. »Ich weiß es nicht. Er spricht in den höchsten Tönen
von dir, aber es kann natürlich sein, dass er in dir vor allem die China-Versteherin
sieht. Die Frau, die zusammen mit ihm kontemplativ am Ahrufer steht und ihre Energie
bündelt. Die etwas weiß von chinesischer Religion und Philosophie, und die sich
freundschaftlich für ihn und seine Familie interessiert. Ich denke, er mag dich,
und er hat Respekt und Achtung vor dir.«
    Bruni befeuchtete
ihre Lippen, während sie unbeweglich Caros Worten lauschte. »Respekt und Achtung
…« Ihre Stimme klang frustriert.
    »Vermutlich
hat

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