Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mit 50 hat man noch Träume

Mit 50 hat man noch Träume

Titel: Mit 50 hat man noch Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bärbel Böcker
Vom Netzwerk:
bitte nicht länger auf die Folter.«
    »Eine derzeit
prekäre finanzielle Lage entpuppt sich als Ausgangssituation für monetären Segen.«
    »Das Ahrstübchen!«
Bea lachte. »Aber das ist derartig vage formuliert, dass du die Sätze auf jeden
x-beliebigen Menschen anwenden könntest, egal, wie die Hölzchen gefallen sind. Auf
dich genau wie auf mich.«
    »Vielleicht,
vielleicht aber auch nicht«, sagte die Chinesin und fügte hinzu: »Weder habe ich
Geldprobleme noch gibt es jemanden, der nur wenige Kilometer von hier entfernt lebt
und auf mich wartet.«
    »Vielleicht
weißt du nur noch nichts davon!«, neckte Bea. Sie schmunzelte. »Komm, jetzt bist
du dran. Wirf das Orakel für dich.«
    »Nein …«
    »Du musst.«
    Mei Ling
zierte sich noch ein bisschen, aber dann sammelte sie die Hölzchen auf, schloss
die Augen und konzentrierte sich. Mit einem Schwung warf sie die Stäbe auf die Erde,
und das Procedere wiederholte sich. Nachdem sie das Bild genau betrachtet hatte,
ging sie erneut zum Holzkasten und zog nach einigem Suchen das dazu passende Papier
daraus hervor. »Also, hier steht …« Mei Ling runzelte die Stirn, dann wurde sie
auf einmal blass.
    »Was denn?«
Bea fühlte Mei Lings Schreck und bekam Angst.
    Mei Ling
schluckte. »Vergiss es. Das willst du nicht wissen.« In einer plötzlichen Regung
knüllte sie das Papier zusammen, stopfte es in ihre Hosentasche und sagte mit gesenktem
Blick: »Lass uns jetzt lieber gehen, bitte.«

35
     
    Nachdem Bea und Mei Ling das Orakel
geworfen hatten, kehrte Bea verstört ins ›Ahrstübchen‹ zurück, wo sie die Freundinnen
am Küchentisch versammelt vorfand. Ihre starren Mienen sprachen Bände, und sie hatte
das Gefühl, als herrsche dicke Luft. Sie setzte sich zu ihnen an den Tisch und hörte,
dass Bruni vorhatte, dem ›Ahrstübchen‹ den Rücken zu kehren. Die anderen schienen
zumindest unentschlossen, ob sie ihrem Beispiel folgen sollten.
    Matt lehnte
sie sich zurück an das Polster der Küchenbank und massierte müde ihre Schläfen.
Für heute hatte sie mehr als genug. Sie fühlte sich hohl und leer, ausgepumpt wie
ein Gartenteich, der darauf wartete, von Schlick und Algen befreit zu werden. Vielleicht
ist es das einzig Richtige, dachte sie. Wir begraben das Projekt und wenden uns
wieder unserem alten Leben zu. Allerdings wäre ihres dann wohl um einige Freundinnen
ärmer.
    Resigniert
versuchte sie, den sich weiter entspinnenden Wortwechsel zu lenken, gegenseitige
Vorwürfe zu relativieren und zu entkräften, und ihnen die Schärfe zu nehmen. Wenn
Emotionen Wellen schlugen, war es klüger, sich zu distanzieren, so hatte sie immer
gehandelt, nicht nur in geschäftlichen Besprechungen, und diese Herangehensweise
schien auch jetzt ein Rettungsanker zu sein. So hatten sie wenigstens die Chance,
sich nicht gegenseitig mit der Wucht ihrer Vorwürfe zu erschlagen, in ihnen unterzugehen
wie Schwimmer in der Brandung. Aber so ganz gelang es Bea nicht, die Diskussion
zu lenken. In der folgenden halben Stunde versuchte sie es immer wieder, aber im
Grunde war es zwecklos. Sie sprachen durcheinander, waren empört und aufgebracht
und erst, als alle Worte gesagt, alle Gebärden erschöpft und alle Blicke verschleudert
waren, kamen sie endlich zur Ruhe. Es wurde still, und in diese Stille hinein schlich
sich eine leise Spur der Versöhnlichkeit.
    »Selbst
wenn wir unsere Differenzen in den Griff bekommen, bezweifle ich, dass wir
die Probleme mit den Einheimischen geregelt kriegen«, mutmaßte Bruni.
    »Solange
die Frauen im Ort uns als Männer fressende Weiber betrachten, gewiss nicht«, schimpfte
Caro bitter.
    Die anderen
nickten.
    »Bleibt
die Frage: Wie können wir allen hier klar machen, dass wir nur unsere Ruhe und eine
gute Nachbarschaft wünschen?«
    »Keine Ahnung«,
Ulrike schüttelte den Kopf.
    »Immerhin
haben wir uns bereits viel Mühe gegeben«, sagte Bruni.
    »Und manche
haben es ja auch richtig verstanden«, antwortete Bea.
    »Jetzt mal
ehrlich«, sagte Caro. »Wir haben sie zwar eingeladen, aber wir verhalten uns auch
ein kleines bisschen überheblich, oder? Wir quatschen von Emanzipation und ökonomischer
Unabhängigkeit, laufen mit bunten Ketten herum, sehen dadurch schon einmal ein bisschen
exotisch aus, und irgendwie verhalten wir uns auch so. Vier Kölnerinnen um die 50,
allein unterwegs. Kein Wunder, dass wir ihnen suspekt sind.«
    »Verdammt
noch mal«, Bruni war ärgerlich. »Das entschuldigt noch lange nicht diese

Weitere Kostenlose Bücher