Mit 50 hat man noch Träume
Wandschmierereien.«
»Hm.«
»Auf jeden
Fall sollten wir nicht einfach die Segel streichen und klein beigeben. Außerdem
sind die Wetterprognosen gut. Was haltet ihr davon, wenn wir uns eine Frist setzen?«,
fragte Bea.
»Meinetwegen«,
stimmte Ulrike zu.
»Vielleicht
hast du recht«, gab Bruni nach und sagte nachdenklich: »Wie hat Bertolt Brecht es
noch gleich ausgedrückt?« Sie sah die Freundinnen an und zitierte: »Wer kämpft,
kann verlieren, aber wer nicht kämpft, hat schon verloren.«
»Da ist
etwas dran«, Caro und Ulrike nickten.
»Als Verlierer
haben wir uns doch nie gefühlt, oder?«, fragte Bea, die plötzlich Auftrieb bekam,
und blickte mit erhobenem Kopf in die Runde.
Bruni und
Caro schüttelten entschieden den Kopf, doch Ulrike, die an ihren Mann dachte, sagte
voller Selbstironie: »Bis vor Kurzem jedenfalls nicht.«
»Dann sollten
wir auch in Zukunft auf der Gewinnerspur bleiben!«, schlussfolgerte Bea.
»Außerdem
wäre es unsolidarisch, wenn wir mitten in unserer Plakat- und Unterschriftenaktion
für den Erhalt des Tempels die Flucht ergreifen«, gab Caro zu bedenken.
»Das ist
ein Argument.« Bruni zupfte am Kragen ihres Rollkragenpullovers.
»Also?«
Bea sah erwartungsvoll in die Augen der Freundinnen, und sie war froh, darin den
Schein wiederkehrenden Elans und neu erweckter Zusammengehörigkeit zu erkennen.
»Wir sehen
uns alles noch exakt drei Monate an«, schlug sie rasch vor und sagte: »Wenn das
›Ahrstübchen‹ dann läuft, wir uns verstehen und wider Erwarten hier doch noch wohl
fühlen sollten, machen wir weiter. Wenn nicht, hören wir auf. Einverstanden?«
Die Freundinnen
überlegten, und nach einer Weile hieß es mehr oder weniger euphorisch von allen
Seiten: »Einverstanden.«
Bea war
die Erste, die ihre Hand auf den Tisch legte. Dann folgte Ulrike, und schließlich
bauten auch Caro und Bruni mit am Händeturm. Ihre Augen blitzten.
Es fühlt
sich gut an, so viel geballte Kraft zu spüren, dachte Bea und merkte, wie eine zentnerschwere
Last von ihren Schultern fiel.
»Ihr lasst
euch doch nicht etwa einschüchtern?« Mit einem demonstrativen Lächeln im Gesicht
betraten Christine Schäfer und eine junge Frau, die sie beim Fußballspiel auf dem
Platz in Bad Neuenahr gesehen hatten, den Raum. In der Hand hielt Christine ein
Strohblumengesteck, das sie den Freundinnen überreichte.
»Damit ihr
seht, dass es auch Menschen hier gibt, die euch mögen«, lächelte sie. »Den Wangs
habe ich auch schon eines gebracht.«
Die Freundinnen
waren gerührt, und obwohl das Gesteck optisch eher ein Problem war, erhielt es einen
Ehrenplatz auf der Theke.
»Darf ich
vorstellen? Meine Cousine Miriam. Sie spielt bei ›Eintracht Neuenahr‹«, sagte Christine.
»Vielleicht
solltest du besser sagen spielte «, erwiderte Miriam. Sie schüttelte ihre
hellbraunen Locken und begrüßte Bea, Bruni, Caro und Ulrike mit Handschlag. Das
Gespräch drehte sich sofort um Fußball. Caro erzählte von ihrer Tätigkeit für den
1. FC Köln, und Miriam und Christine kamen relativ schnell auf die Misere beim Frauenfußballverein
aus Neuenahr zu sprechen.
»Wenn wir
nicht innerhalb der nächsten vier Wochen einen neuen Sponsor finden, gehört der
Verein der Vergangenheit an«, flüsterte Miriam mit ernstem Gesicht. »Außerdem fehlt
uns eine Top-Spielerin.«
»Kann der
DFB nicht helfen?«, fragte Caro.
»Sie behaupten
zumindest, dass sie uns bei der Suche unterstützen, aber ich habe meine Zweifel.
Wir sind ja nur ein kleiner Verein und nicht wirklich bedeutend.«
»Aber ihr
spielt doch Bundesliga.«
»Ja, aber
es ist doch etwas ganz anderes, ob Frauen oder Männer in der Bundesliga spielen«,
erklärte Miriam.
Caro zog
die Stirn in Falten, dann wandte sie sich an Bruni. »Sag mal, diese Wang Ai, die
spielt doch in der chinesischen Nationalmannschaft, oder?«
Bruni nickte.
»So viel
ich weiß, überlegt sie, in Köln zu studieren?«, fragte Caro.
»Aber erst
im nächsten Jahr«, antwortete Bruni.
»Vielleicht
möchte sie jetzt schon bleiben?« Caro sah in die Runde. »Mit ihrer Hilfe könnte
die ›Eintracht Neuenahr‹ zumindest spieltechnisch wieder nach vorne kommen.«
»Ich weiß
nicht, ob die VR China ihr das nötige Visum erteilen würde …?«, nahm Bea den Gedanken
auf.
»Das wird
mit Sicherheit schwierig, und wer weiß, ob ihre Mannschaft sie überhaupt hergibt«,
argwöhnte Christine.
Caro spürte,
wie der Ehrgeiz sie packte. »Aber: Einen Versuch ist es wert«, erwiderte sie.
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