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Mit 50 hat man noch Träume

Mit 50 hat man noch Träume

Titel: Mit 50 hat man noch Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bärbel Böcker
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sprach
von seinen verschiedenen Gesichtern im Wechsel der Jahreszeiten, von den Tieren,
die in ihm lebten und den Abschusszeiten. Wildschweine waren zur Plage geworden,
lernte sie. Spießer, männliche, zweijährige Rehe, deren Geweih noch keine Verästelungen
hatte, schmeckten am zartesten. Ab Mitte September begann die Brunftzeit des Hirsches,
und Steinpilze fand man am ehesten unter Eichen. Wo der vierblättrige Klee wuchs,
würde er ihr später irgendwann zeigen.
    Bea musste
unwillkürlich lächeln. Offensichtlich war er auch aufgeregt.
    »Ich finde
es großartig, wie du dich mit deinen Artikeln für die Wangs einsetzt«, sagte Bea
nach so viel Naturkunde mit einem Seitenblick.
    »Das kann
ich nur zurückgeben«, erwiderte er. »Eure Plakataktion in Kombination mit der Unterschriftenliste
ist eine ziemlich gute Idee. Wie viele habt ihr inzwischen zusammen?«
    »In Altenahr
etwas mehr als 80, aber täglich werden es mehr. Insgesamt sind es über 400 aus der
ganzen Umgebung. In einigen Ortschaften waren wir noch nicht, das heißt, es werden
noch mehr.«
    »Glückwunsch«,
Johannes schaute sie an. »Und dann reicht ihr die Liste bei der Kreisverwaltung
ein?«
    Bea nickte.
»Wir werden bei der Aktion vom Verein Gegen Rechts unterstützt«, sagte sie.
»Caro hat das eingefädelt, über diesen Jungen, Ben Stur, der ist in dem Verein aktiv.«
    »Es läuft
also gut?«
    Bea nickte.
    »Und der
Bürgermeister? Wo steht der?«
    »Keine Ahnung,
so richtig kommen wir nicht an ihn heran.«
    Johannes
überlegte: »Ich kann ja mal versuchen, mit Dieter Schmitz zu reden, vielleicht kann
der etwas ausrichten, er sitzt mit im Gemeinderat.«
    »Du meinst
den Dieter Schmitz, von dem wir das ›Ahrstübchen‹ gepachtet haben?«
    Johannes
nickte.
    »Der Bürgermeister
hat ihm wohl noch nicht so ganz verziehen, dass wir das ›Ahrstübchen‹ bekommen haben
und nicht er. Aber wenn du meinst, dass es etwas bringt, sprich ihn an. Alles, was
weiterhilft, ist gut«, sagte Bea.
    Drei Viertel
der Wegstrecke lagen bereits hinter ihnen. Vom Ahrtalweg aus hatten sie die Hubertuskapelle
in Hönningen erreicht und waren von dort über den Hang des Lierser Nück das Liersbachtal
entlanggelaufen. Sie hatten den Laubachshof passiert und befanden sich nun am Ortsrand
von Sierscheid, und vor ihnen eröffnete sich ein herrlicher Panoramaweg rund um
den Dümpelhardt.
    »Ich liebe
alles hier oben«, sagte Johannes, breitete die Arme aus und ergänzte: »Auch wenn
der Wald mein Zuhause ist. Dieser unendlich freie Blick. Keine Grenzen. Keine Hindernisse.«
    »Wunderschön
ist das.« Beas Augen wanderten über die sanft geschwungenen, grünen Hügel. Sie hatte
Mr. Fred und Sappho dabei, die aufgeregt schnüffelnd und schwanzwedelnd über die
Wiesen liefen. Pferde, die neben dem Weg hinter Zäunen weideten und mit ihrem Schweif
Mücken vertrieben, hinterließen bei Bea den Eindruck, sie befände sich in einem
Heimatfilm. Landidylle pur. Sie ertappte sich bei dem Gedanken, für welches Produkt
die Landschaft hier eine optimale Werbekulisse abgeben würde. Bioäpfel? Am Hang
hatte sie eine Obstbaumplantage entdeckt.
    Eine ganze
Weile gingen sie still nebeneinander her, versunken in ihre Gedanken und die friedliche
Atmosphäre.
     
    Als er ihr zwei Stunden später die
Schuhe auszog, flüsterte sie nur noch: »Pflaster!«
    Insgesamt
waren sie viereinhalb Stunden unterwegs gewesen, und Bea, die neuen Wanderschuhe
nicht gewohnt, war der letzte Wegabschnitt bergab nach Liers zunehmend schwerer
gefallen. Müde, aber gut gelaunt und entspannt beobachtete sie nun, wie er am Herd
seiner zum Wohnraum offenen Küche hantierte und ein Essen für sie zubereitete. Einen
Spätburgunder Ahrwein vor sich im Glas, wanderte ihr Blick von ihm zu den Hunden,
die zusammengerollt auf einer Decke lagen und schnarchten. Sein Haus war charmant.
Von außen unspektakulär, stand es wie ein weißer Riegel mit braunen Fensterläden
dicht am Wald. Innen offenbarte es seinen ganzen Charme, denn er hatte es in einer
Mischung aus modernen und antiken Möbeln in warmen Braun- und Rottönen, durchzogen
von Weiß, eingerichtet. Der Boden bestand aus massiven, alten Eichendielen, und
Bea mochte es, sie mit den nackten Füßen zu berühren. Die großen, drei geteilten
Fenster eröffneten einen weiten Blick auf unbebaute Hügel, und auf einmal überkam
sie eigenartigerweise das Gefühl, nach Hause gekommen zu sein.
    »Ich hoffe,
du magst Wildgulasch?«, hörte sie ihn über die Schulter hinweg

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