Mit 50 hat man noch Träume
nur Reis zu essen. Die Würstchen schmeckten hervorragend, und nachdem
sie sich den Bauch so vollgeschlagen hatten, dass sie vor Wonne stöhnten, lehnten
sie sich satt und zufrieden in ihren Holzstühlen zurück. Die Sonne war bereits untergegangen,
und es wurde langsam dunkel.
»Die Menschen,
die in Altenahr leben, sind schon sehr anders als wir«, nahm Bea den Faden wieder
auf. »Ich könnte dir stundenlang von den verschiedenen Typen erzählen.«
»Trotzdem
fändest du nur vage Erklärungen für das, was den Chinesen passiert ist, oder?«
»So ist
es.«
Sie schwiegen
einen Moment, dann sprach sie das Thema an, das sie den ganzen Abend über unterschwellig
beschäftigt hatte. »Frank? Die Friedenspfeife haben wir jetzt symbolisch geraucht,
ich bin heute aber auch noch aus einem anderen Grund zu dir gekommen.«
»So?«
»Ich möchte
dich etwas fragen.«
»Ja?«
Er war inzwischen
zu Kölsch übergegangen, und während sie ihr Wasserglas absetzte, öffnete er sich
eine neue Flasche Reissdorf. Der Kronkorken plumpste mit einem leichten Zischen
auf den Tisch.
»Hätte nicht
einer deiner Kunden Lust, einen Frauenfußballverein zu fördern? Konkret: Die ›Eintracht
Neuenahr‹?«
»Frauenfußball?«
»Ja.«
»Hm.« Er
nahm einen Schluck. »Ich habe natürlich nichts gegen Frauenfußball, aber nimmt irgendein
Mensch außer Frauen ihn überhaupt ernst?«
»Und ob. Millionen von Frauen und Millionen von Männern.«
Frank Flick
lachte auf. »Ich meine, im Vergleich zu Männerfußball veranstalten die Frauen doch
wirklich ein reines Nachtjackenprogramm, oder?«
»Nein«,
erwiderte Bea empört. »Die deutschen Fußballfrauen sind zweifacher Weltmeister.
Und in der Bundesliga geht es auch ganz schön ab. Das ist richtiger Leistungssport,
mein Herr.«
»Ach so.«
Er grinste immer noch. »Mir kommt es eher so vor, als würde der DFB sich nur deshalb
für Frauenfußball stark machen, weil es dem Zeitgeist entspricht und gesellschaftspolitisch
korrekt ist.«
»Das ist
hoffentlich nicht der Hauptbeweggrund.« Bea blieb streng.
»Hm.«
»Jetzt hör
mir einfach einmal zu«, sagte sie und begann, von der finanziellen Schieflage des
Vereins zu berichten. Sie sprach von den vielen Fans, die der Verein nicht nur in
Neuenahr und Altenahr hatte, und von Wang Ai, die ihn aus dem spielerischen Abseits
holen könnte. Zuletzt spannte sie den Bogen und erklärte, warum sich durch Wang
Ais Engagement ein deutliches Zeichen gegen die Fremdenfeindlichkeit setzen ließe,
der ihre Familie ausgesetzt war.
Je länger
sie erzählte, desto ernsthafter und aufmerksamer wurde Frank Flick, und nachdem
sie geendet hatte, schwieg er eine ganze Weile.
»Also, was
meinst du? Kannst du mir bei der Sponsorensuche helfen?«
Ohne ein
Wort stand er auf, verließ die Dachterrasse und kam nach einem Moment mit einem
weiteren Kölsch in der Hand zurück. Schwer ließ er sich auf seinen Terrassenstuhl
fallen, dann öffnete er die Flasche und setzte sie an den Mund. Das laut gluckernde
Geräusch beleidigte ihre Ohren.
»Die ›Eintracht
Neuenahr‹ braucht nicht nur einen, sondern gleich mehrere Sponsoren«, erklärte sie
und fügte hinzu: »Dann sind sie breiter aufgestellt.«
»Ich werde
sehen, was sich machen lässt.«
55
Ungnädig wurde sie von Sonnenstrahlen
geweckt, die schräg und warm auf ihr Gesicht fielen. Bea blinzelte und drehte sich
unwillig auf die Seite, sie presste ihren Kopf dicht an Johannes’ Schulter, um der
Helligkeit des Morgenlichts zu entfliehen. Träge überlegte sie, ob sie demnächst
nicht besser eine Zweitschlafbrille bei ihm deponieren sollte. Aber vielleicht wartete
sie damit besser noch ein paar Monate, bis sie sich länger kannten. Eine Frau mit
Schlafbrille im Gesicht war nicht der Inbegriff von Erotik, und wer wusste schon,
ob auf die Schlafbrille nicht schon bald die Gurkenscheiben folgen würden. Bei diesem
Gedanken musste sie leise kichern, vorsichtig hob sie den Kopf und öffnete die Augen.
Johannes schlief noch. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihr, dass es bereits 11 war,
schon spät, dennoch ließ sie sich wieder zurück in ihr Kissen sinken. Wann waren
sie im Bett gelandet gestern Nacht? Sie wusste es nicht, aber als sie endlich eingeschlafen
waren, war es draußen bereits hell geworden. Sie seufzte wohlig und schob ein Bein
über seinen Schenkel. Darauf bedacht, ihn nicht zu wecken, strich sie zart mit der
Hand über seine Brust. Zwischen die schwarzen Haare mischten sich graue, sie kringelten
sich zu
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