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Mit 80 000 Fragen um die Welt

Mit 80 000 Fragen um die Welt

Titel: Mit 80 000 Fragen um die Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Gastmann
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mich den ganzen Tag. Sie möchte geduscht werden, sie möchte geschrubbt werden, sie möchte auch ein bisschen Auslauf. Ähnlich anstrengend stelle ich mir Urlaub auf dem Ponyhof vor. Und während ich den Elefanten erneut mit Unmengen an Bambusblättern und Ananas vollstopfe, beobachte ich die Prinzessin. Yugala Rangsinoppadol reitet einen Bullen, den größten Elefanten, den ich je gesehen habe. Sie beherrscht ihn voll und ganz, er folgt ihr aufs Wort. An einer Hütte steigt Yugala auf, dann reitet sie ein paar Meter, wendet das Tier auf der Stelle und reitet wieder zurück. Der Elefant lässt die Prinzessin wieder herunter, und sie küsst seine verdreckten Wangen.
    «Smell very badly!», blafft Yugala. «Must take bath!» Und steckt sich wieder eine Zigarette an. Ihre Majestät hat sichheute übrigens erstaunlich hübsch gemacht. Shirt und Leggings besitzen dieselbe Farbe, ihr wildes Haar hat sie zu zwei Zöpfen gebunden, dazu trägt sie ein goldenes Stirnband und silberne Armreife. Aber einer fehlt. «Get it, go, get it!!», brüllt Yugala ihren Dienern zu, die hektisch um sie herumwuseln. «Why don’t you fucking know where it is? Get it!! Get it fast!!!» Dann wendet sie sich zu mir: «You know, I tip them all the time. But they are so fucking lazy.»
    «Sagen Sie, essen Sie eigentlich wirklich Elefantenmist?»
    «No», antwortet Yugala, ihr ledriges Gesicht zerknautscht, und sie bricht in ein dreckiges Raucherlachen aus. Ihre Majestät hat mich verarscht.
    Es gibt übrigens einen Grund dafür, warum die Prinzessin sich heute so herausgeputzt hat. Yugala Rangsinoppadol soll an diesem Nachmittag einer wichtigen Zeremonie beiwohnen. Die ganze Farm sitzt oder kniet vor einem Stall, in dem nur eine einzige Elefantendame untergebracht ist. Ihr Name ist Nathalie. Räucherstäbchen brennen, und ein buddhistischer Mönch im orangefarbenen Tuch betet gemeinsam mit den Mahuts für die Seele des Elefanten. Sie falten ihre Hände, schließen die Augen und wiederholen ihre Gebete wie ein Mantra. Es hat etwas von einer Teufelsaustreibung. Nein, genau das ist es, denn Nathalie hat getötet. Nathalie hat oft getötet. Zuletzt vier Menschen in einem Monat. Ein Bauer wollte sie zur Feldarbeit einsetzen, doch der Bauer ist kein Mahut. Es gelang ihm einfach nicht, das mächtige Tier zu kontrollieren. Jetzt sitzt er zwischen den anderen und trauert um seinen Bruder und drei weitere Mitglieder seiner Familie. Der Bauer ist kein alter Mann, aber sein Haar ist schneeweiß.
    «Killerelefanten» nennt Piom solche Tiere. Er hat Dutzende von ihnen aus dem ganzen Land bei sich aufgenommenund versucht, die Killer zu resozialisieren. Wenn ein Elefant tötet, dann sammelt Piom Spenden, kauft dem unglücklichen Besitzer das Tier für einen guten Preis ab und holt es auf seine Farm.
    Nach der Zeremonie bittet mich Piom zu sich. Im Abendlicht folge ich ihm an den Stall des Killerelefanten. «Weißt du, Nathalie ist Miss Universe. Sie ist der schönste Elefant, den ich je gesehen habe. Aber jemand hat versucht, sie zu kontrollieren, und das wollte sie nicht. Wie löse ich dieses Problem?»
    Ich schweige, und Piom lehnt sich an das Gitter des Stalls. «Als Nathalie zu mir kam, gab ich ihr in der ersten Nacht einen älteren Bullen. Vielleicht mag sie ja einen Big Boy, habe ich gedacht. Aber Nathalie wollte nicht. In der zweiten Nacht gab ich ihr einen Young Boy. Aber Nathalie hatte keine Lust. Und dann habe ich gedacht: Vielleicht ist etwas schiefgegangen, als Nathalie noch ein Baby war. Und in der dritten Nacht gab ich ihr ein Elefantenjunges. Sie tat dem Baby nicht weh. Sie ließ es an sich heran und beschützte es. In dieser Nacht hat Nathalie nicht geschlafen. Sie hat von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang über das Kleine gewacht.»
    Und jetzt steht die Elefantendame ganz ruhig da und schlackert freundlich mit den Ohren. Sie hat nichts mehr von einem Killerelefanten.
    Piom holt ein großes goldenes Buch. Darin sind einfache Zeichnungen von Elefanten in Weiß, Rot, Schwarz und Gold. «Dieses Buch hat mir der König gegeben, es lehrt dich, wie du den Charakter eines Elefanten erkennst. Die Leute glauben, es gäbe nur zwei Arten von Elefanten: Afrikanische und Asiatische, aber das ist falsch. Es existieren 120 verschiedene Arten.» In ganz Asien, sagt Piom, gebe esnur wenige, die dieses Buch besäßen. Darin sei das gesamte Wissen der Mahuts beschrieben, auch die Übungen, mit denen man einen Elefanten für den Krieg trainiere. «Tang Hung», eine

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