Mit 80 000 Fragen um die Welt
Klimaforscher über das Laborgelände. Auf dem Weg fällt mir wieder der kleine orangefarbene Plastikring ein, den Blue mir geschenkt hat.
«Haben Sie eine Ahnung, was das ist?»
«Natürlich, damit machen sie Mountain Oysters.»
Berg-Austern? Bevor ich nachhaken kann, öffnet Dr. Clark eine Stahltür und führt mich in ein Laboratorium. In dem Raum stehen drei große, rechteckige Kästen aus Plexiglas. Dutzende Rohre und Kabel hängen von der Decke und führen in die Glasgehäuse hinein. In den Boxen stehen Schafe. Zwei Tage lang eingepfercht im Dienste der Wissenschaft. Dr. Clark sagt, das störe die Schafe nicht. Er sagt auch, Schafe seien nicht besonders schlau.
«Wir lassen Luft hinein, sie strömt über das Tier und dann wieder hinaus. So messen wir ihre Abgase. Und jetzt wissen wir: Ein Schaf produziert etwa zwanzig bis dreißig Liter Methan am Tag.»
«Das heißt also: Die Schafe zerstören unser Klima?»
«Nicht nur die Schafe. Auch Rinder, Ziegen, Büffel, Wild. Alle produzieren Methangas.»
Doch dafür können die Wiederkäuer herzlich wenig.Schuld sind die Mikroben in ihren Mägen. Aber auch die Mikroben sind vor Dr. Clark nicht sicher. «Ich muss kurz den Stöpsel ziehen!», ruft der Doktor und macht sich an der hinteren linken Seite einer Kuh zu schaffen. Dort ist eine etwa faustgroße Öffnung, die in den Magen des Tiers führt. Sie ist tatsächlich mit einem simplen schwarzen Silikonstöpsel verschlossen, damit der Wissenschaftler ab und zu mal reinschauen kann.
«Ich hab’s gleich! Der Stöpsel sitzt aber auch wirklich fest.»
Plopp! Na bitte, geht doch. Die Kuh ist offen, und Dr. Clark reicht mir einen O P-Handschuh .
«Uhhh … das ist wirklich sehr, sehr warm.»
«Ja, die Temperatur ist konstant bei 39 Grad.»
«Soll ich etwas entnehmen?»
«Natürlich, wenn Sie wollen.»
Vorsichtig ziehe ich etwas halbverdautes Gras aus der Kuh. Es stinkt bestialisch. Voilà: Das ist der Klimakiller.
«Also, ich denke: Das ist wirklich der Kern meiner Geschichte.»
«Ja, du bist wirklich im Herzen deiner Story.»
Doch keine Geschichte sollte so unwürdig enden. Ich beschließe, das Klima zu retten, und besuche Nicky Owers, eine auffallend sportliche Frau mit roten Bäckchen. Sie wohnt mit ihrem Mann, zwei Kindern und dem Hund in einem sonnendurchfluteten Holzhaus auf einer Anhöhe über Wellington. Von ihrer Veranda aus blickt sie über einen grünen Hügel auf die Stadt. Frau Owers ist die Sprecherin der vegetarischen Vereinigung Neuseelands. Ihr Motto: «Less meat, less heat» – Weniger Schnitzel, weniger Hitze(l) .
«Frau Owers, wie kann ich unseren Planeten retten?»
«Wenn du wirklich einen Beitrag leisten willst, dann werde Vegetarier!»
«Das ist alles?»
«Ja! Ein Vegetarier kann einen Vierrad-Geländewagen fahren und schädigt das Klima trotzdem weniger als ein Radfahrer, der regelmäßig Fleisch isst. Du kannst alles in deinem Haushalt recyclen und wiederverwenden, aber den größten Effekt hat es, wenn du Vegetarier wirst.»
«Interessant. Und sagen Sie, haben Sie eigentlich schon mal von Mountain Oysters gehört?»
«Wissen Sie, diese Frage sollten Sie mir nicht stellen. Das ist wirklich widerlich.»
Frau Owers verzieht das Gesicht und wendet sich ab. Weint sie? Was für ein Schlamassel. Und das alles wegen eines kleinen orangefarbenen Plastikrings von einem kleinen Schäfer mit orangefarbenen Haaren. Ich muss zurück zu Blue. Zurück zum Herrn der Ringe.
Auf der White Rock Station hat sich nichts verändert. Die Berge hängen voller Wolken, und der Regen prasselt auf das grüne Dach des Schäferhauses. Blue ist gerade dabei, eine ganze Herde zu impfen. Dafür braucht es ein wenig Übung, und man darf nicht zimperlich sein, sonst ist man um Mitternacht noch nicht damit fertig. Zuerst klemmst du das Schaf fest zwischen deine Beine, hältst mit der Linken den Kopf des Tieres fest und schiebst den Daumen der rechten Hand seitlich zwischen die Schafszähne. Das löst einen Reflex aus. Das Tier öffnet seinen Kiefer, und du kannst ihm die zehn Zentimeter lange Impfpistole in den Rachen führen. Jetzt drück ab! Blue braucht für ein Schaf nicht mal zehn Sekunden.
«Blue, was zur Hölle sind Mountain Oysters?»
«Hey, hey, du hast es also herausgefunden!»
«Ja. Was ist das für ein Zeug?»
«Pass mal auf. Du ziehst den Ring auseinander, dann bindest du damit die Kronjuwelen eines Schafs ab und schnipp! Manche reißen die Hoden auch einfach mit ihren Zähnen
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