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Mit Arabella fing alles an

Mit Arabella fing alles an

Titel: Mit Arabella fing alles an Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Holgate
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Geschichte an, wie sie das Tier belauert und schließlich gefangen hätten. Irgendwie kam es mir verdächtig vor, mit welcher Zufriedenheit die Ente in den Armen unserer Tochter lag.
    Spontane Vorstellungen an Entenbraten à l’orange verschwanden wieder, als ich entdeckte, daß man ihr die Flügel beschnitten hatte. Es war eine Lockente, die von unseren Nachbarn an den unteren Teichen ausgesetzt worden war, damit durch sie Wildenten in Schußweite der Gewehre angelockt wurden. Offenbar war es eine sehr einsame kleine Ente, die vielleicht nicht besonders tüchtig war, andere Enten zur Gesellschaft herbeizulocken. Als die Mädchen, protestierend, das Tier wieder zum Wasser zurückbrachten, bemühte es sich sehr, bei ihnen zu bleiben: Es versuchte sogar, ihnen die Felder hinauf nachzulaufen, so daß die Kinder ihm nur entkommen konnten, indem sie sehr schnell rannten und es abhängten.
     

38
    Weihnachten auf dem Land
     
    W eihnachten auf dem Land — wie herrlich!« riefen unsere Freunde aus der Stadt voller Begeisterung. Sie stellten sich Weihnachtsscheite vor, gebratene Gänse, Misteln und fröhliche Bauerntölpel, die in der Wohnhalle ihres Herrn tanzten. Weit gefehlt! Jedermann war jetzt auf einen Extragewinn aus, jedermann wollte an dem Weihnachtsrummel mitverdienen.
    John, der Zigeuner, tauchte bei uns auf der Suche nach Stechpalmen auf. Voller Erwartungen ging ich mit ihm die Hecken und das Unterholz ab, aber leider hatten unsere zum Verkauf nicht genügend Beeren dran. Ein Jammer, denn man sagte, daß Stechpalmen gut bezahlt würden.
    John war ein schlanker, dunkelhaariger junger Mann, der sich seinen Lebensunterhalt mit An- und Verkauf verdiente. Er hatte äußerst gute Manieren, war stolz auf seine Zugehörigkeit zu den Zigeunern und sehr besorgt, daß >Neulinge< sein Volk in Verruf bringen könnten. »Jeder, der sich irgendwie einen Wohnwagen beschaffen kann, schimpft sich heutzutage Zigeuner«, klagte er. »Dabei sind das meistens nur Ausgeflippte, aber die Leute legen uns zur Last, was die tun.«
    An jenem Abend kam der große Geoff Bradley, dessen Land an das von Howard anschloß, in die >Schmiede< und stöhnte über seine Sorgen, die er aufgrund seiner zu vielen Truthähne hatte. »Bei uns ist der Teufel los!« klagte er. »Wir müssen fast fünfhundert loswerden. Wie die Wahnsinnigen arbeiten meine Frau und noch sechs andere: Sie müssen die Viecher rupfen und zum Verschicken zubereiten.«
    »Denk an den Verdienst«, zog ihn Howard auf und zwinkerte uns dabei zu.
    »Verdienst?« wiederholte Geoff in einem Ton, als wäre ein derartiger Gedanke nie in seinen Kopf gekommen. »Der ist so klein, daß sich die große Mühe kaum lohnt.«
    »Du verschenkst sie also?« hakte Howard nochmal nach. »Willst du uns die weihnachtliche Botschaft Vorleben?«
    »Schon gut, schon gut, laßt uns von was anderem sprechen«, erwiderte Geoff, und alle lachten.
    Am folgenden Tag fuhren wir nachmittags zur Dorfschule, um uns das Weihnachtssingen der Kinder anzuhören. Das Gebäude, anspruchslos aus roten Backsteinen in der Zeit Königin Victorias gebaut, war unter der Leitung einer unverheirateten älteren Lehrerin ein fröhlicher Ort geworden. Sie betrachtete ihre vierzig Kinder als ihre Familie und ihre Freunde; man lud sie zu Geburtstagen und Festlichkeiten ein, zu denen sie auch gern erschien. Die zweite Lehrerin war ein intelligentes junges Ding von Anfang Zwanzig, die einmal mit einem zu ungestümen Nicholas so fertig wurde, daß sie ihn kopfüber in den Papierkorb steckte. Seit diesem Augenblick kannte er sie als gleichwertig an und bewunderte sie rückhaltlos.
    Die Hauptlehrerin spielte Klavier und die jüngere dirigierte die drei Reihen geschrubbter und in Sonntagskleider gehüllter Kinder. Vicky, die eine hübsche Stimme hatte, sang eine der Solostellen; Nicholas war mit Begeisterung dabei und gab mit seinem extrem lauten Organ dem Ganzen mehr Volumen. Die jungen, hellen Stimmen sangen mal stärker, mal leiser die traditionellen Lieder und füllten den Raum bis zu seiner hohen Decke aus. Wir waren sehr rücksichtsvolle Zuhörer. Kein Scharren mit einem Stuhl, kein Niesen und kein Husten waren zu vernehmen. Papas mit schwieligen Händen, strahlende Mamas, Brüder und hübsch zurechtgemachte ältere Schwestern (man konnte nie wissen, wer sonst noch da war): alle saßen verzückt da.
    Zum Schluß sangen sie ein modernes Stück, das sich >Lord of the Dance< nannte. Die Kinder sangen es mit großem Schwung und heller

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