Mit Arabella fing alles an
gewesen wäre.
Wir lernten bald die Tatsache zu schätzen, daß Milchkühe nicht etwa Milch produzieren, um Flaschen zu füllen, sondern um Kälber zu säugen. Nach einer Geburt gaben sie während 305 Tagen Milch, und zwar sehr unterschiedliche Mengen entsprechend jeder einzelnen Kuh, und waren dann wieder trocken bis zum nächsten Kalb.
Wenn man als Bauer überleben will, ist das Halten von Kühen von sehr großer Bedeutung. Rein theoretisch hätten wir unsere kleine Herde als eine Sammlung Milch produzierender Einheiten ansehen sollen. Aber mit meiner Familie war das einfach unmöglich. Für sie war die Kuh ein Mittelding zwischen Lieblingstier und Freund, aber niemals eine Maschine! Eine unserer Kühe hörte manchmal mit dem Grasen auf und kam zu uns, um gestreichelt zu werden. Das machte es für uns sehr schwierig, sie als Milch produzierende Einheit zu betrachten, und irgendwie glaube ich, machte unsere Einstellung es den Nachbarn unmöglich, uns als >richtige< Bauern zu sehen.
Es wäre ideal, wenn eine Kuh alle zwölf Monate kalben würde. Die Trächtigkeit dauert 280 Tage; nach der Geburt wird die Kuh alle drei Wochen läufig, bis sie wieder trächtig wird. Es wird empfohlen, sie etwa elf bis zwölf Wochen nach der Geburt wieder zum Bullen zu bringen.
Aus finanziellen Gründen konnten wir uns keinen eigenen Bullen leisten; so mußten wir den >Bullen mit dem steifen Hut< in Anspruch nehmen, wie man hier den Dienst für die künstliche Befruchtung bezeichnet. Dabei ist das größte Problem, daß eine Kuh zwar alle drei Wochen während drei Tagen >reif< für den Bullen ist, aber nur fruchtbar während eines Teils dieser Zeit. Wenn man diesen Moment verpaßt, muß man bis zum nächsten Mal warten. Daher ist es sehr wichtig, einschätzen zu können, wann genau die künstliche Befruchtung Erfolg haben wird.
Allerdings gibt es eine Reihe von Anzeichen, an denen man erkennen kann, wann eine Kuh zum Bullen gebracht werden sollte. Ihre Gefährtinnen werden erregt und versuchen oft, sie zu besteigen, indem sie die ihre Hälse recken und laut brüllen nach dem Gebieter der Herde, damit dieser ihren Bedürfnissen nachkomme. Dem Ganzen hing etwas Voyeurhaftes an, andererseits spielt Sex überhaupt eine große Rolle in der Rinderzucht. Die ganze Familie hielt nach den gewissen Anzeichen Ausschau. Selbst die Kleinen sagten zu mir ganz sachlich: »Die Soundso will zum Bullen, du mußt den KB-Mann 1 ) anrufen.«
Wir benutzten den Service der Molkereigenossenschaft. Auf diese Weise konnten auch kleine Bauern wie wir den Samen von ausgezeichneten Zuchtbullen verwenden, was wir uns normalerweise nicht hätten leisten können. Das war eine großartige Vergünstigung.
Sie gaben uns eine Telefonnummer, und wir mußten genau angeben, welche Rasse der Bulle haben sollte, ob es der >Bulle des Tages< oder ein >Star-Bulle< sein sollte (was einige Pence mehr kostete). Während der ersten Monate hatte es sehr oft nicht geklappt, was bedeutete, daß wir die kurze Zeitspanne der Fruchtbarkeit falsch eingeschätzt hatten. Aber der Service umfaßte auch eine gewisse Anzahl kostenloser Wiederholungen; außerdem wurden mit der Erfahrung auch die Fehlentscheidungen seltener. Die Grundgebühr für diesen Dienst betrug zwei Pfund vierzig, bei einem >Star-Bullen< noch dreißig Pence extra. Wir empfanden diese Mehrkosten als gerechtfertigt, da man auf diese Weise die besten Bullen des Landes zur Auswahl hatte.
Die KB-Männer bewahrten die kostbaren Samen in Röhrchen auf, die in ihrem Kofferraum in tragbaren Tiefkühltaschen transportiert wurden. Das Röhrchen paßte exakt in einen hohlen Stab mit einem Kolben, der genau dann den Samen ausstieß, wenn der Mann es wollte. Die Kunst bestand darin, den Samen so zu plazieren, daß es zu einer Befruchtung kam.
Hinterher stellten die Männer eine Bescheinigung mit dem Namen des Bullen sowie Einzelheiten über die Kuh und das Datum aus. Die Kosten wurden von dem monatlichen Milchscheck abgezogen. Es war wirklich alles sehr einfach und unkompliziert.
Einige unserer Nachbarn verwendeten Samen aus dem Ausland, wie zum Beispiel von der französischen Rasse Charolais oder Simmental, um auszuprobieren, was für Kälber dabei herauskamen; aber hauptsächlich blieb der zuverlässig erprobte Hereford Bulle der Favorit zum Kreuzen mit friesischen Milchkühen. Es war fesselnd zu erfahren, daß aufgrund der wissenschaftlichen Lagerung von Bullensamen ein preisgekröntes Tier noch Hunderte von Kälbern
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