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Mit Arabella fing alles an

Mit Arabella fing alles an

Titel: Mit Arabella fing alles an Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Holgate
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die Herde so bald wie möglich nach Egerton holen mußten, wenn wir beruhigt sein wollten. Aber vorher wollten wir noch die Schwänze kappen, die Lämmerböcke kastrieren und unser Identifizierungszeichen, ein rotes E, auf jedem einzelnen, auch den Mutterschafen, anbringen.
    Das Kappen der Schwänze war fast wie ein Ritual. »Ihr dürft sie nicht zählen, bevor die Schwänze gekappt sind«, erzählten uns die Einheimischen. »Ihr dürft das Schicksal nicht herausfordern. Aber auch wenn ihr die Schwänze habt, gebt noch nicht das Geld aus, denn es vergeht noch eine lange Zeit von der Geburt der Lämmer bis zum Verkauf auf dem Markt.«
    Nach dem Frühstück an einem Morgen im April zogen John und ich sowie zwei aufgeregte Kinder und eine kleine Hirtenhündin los zum gepachteten Weideland, ausgerüstet mit einem Spezialwerkzeug (Elastikator genannt), das wir uns von unserem Nachbarn Willem ausgeliehen hatten. Damit konnte man kastrieren, ohne schneiden zu müssen, indem man einen kleinen harten Gummiring über den Hodensack des Lammes schob, so daß die Blutzufuhr abgeschnitten wurde. Vorausgesetzt man machte das sehr früh, vor der Entwicklung des Lammes, dann war diese Methode recht schmerzlos.
    Weiter waren wir mit einem Schnitzmesser ausgestattet, das so scharf wie ein Rasiermesser für das Stutzen der Schwänze war. Ein Mann hielt das Lamm, während der andere den Schwanz strammzog und mit einem raschen Schnitt das Ende abtrennte. Das war zwar keine Arbeit, um die man sich reißen könnte, aber die Lämmer schienen sich sehr schnell wieder zu erholen. Wenn man die Schwänze dranließ, blieb Kot daran hängen, was wiederum die Schmeißfliegen anzog, die das Risiko von Würmern vergrößerten.
    Von Anfang an war das eine schwere anstrengende Arbeit. Zunächst trieben wir die Herde in ein abgeteiltes Gehege, wo man sie greifen und bearbeiten konnte. Bedauerlicherweise war dieses Gehege etwas zu groß; die Schafe konnten sich darin noch bewegen, was sie ausnutzten. Die Mutterschafe blockten, stießen mit den Köpfen und preßten sich eng aneinander; die Lämmer versteckten sich zwischen ihnen. Um an die Lämmer heranzukommen, mußten wir eine Taktik zwischen Tauziehen und Versteckspielen anwenden. »Wie das Waten durch ein Meer von Schafen«, meinte John dazu.
    Zusätzlich zum Kappen der Schwänze, Kastrieren und zu der Markierung gaben wir der Herde noch eine Arznei gegen Parasiten der Eingeweide. Als schließlich das letzte Lamm abgefertigt und wir eine Hürde beseitigen konnten, um die gesamte schlüpfrige, wattige Gesellschaft fortrennen zu lassen — offensichtlich entschlossen, die größtmögliche Distanz zwischen ihnen und uns zu schaffen — , tat es uns nicht leid, sie weglaufen zu sehen.
    Dankbar ließen wir uns auf das ganz kurz gefressene Weidegras fallen und tranken den Rest von dem Tee, den Shirley uns in einer Flasche mitgegeben hatte. Wir waren recht zufrieden mit uns selbst. Wir stanken nach Schafen. Unsere Stiefel waren voller Kot. Unsere Hände waren schmierig, schmutzig, blutig und unsere Nägel schwarz und abgebrochen. John hatte sich von der Markierungsfarbe etwas an die Stirn und in sein blondes Haar geschmiert Mein Rückgrat fühlte sich an, als sei es eingeklemmt. Aber die Arbeit war geschafft. Dort lagen dreiundachtzig gräßliche Trophäen im Sack auf dem Gras. Ich versuchte mich zu ermahnen, daß es noch eine lange Zeit bis zum Verkauf auf dem Markt war, trotzdem überraschte ich mich beim Umrechnen der Schwänze in Bargeld.
    Das gehörte der Zukunft. Gegenwärtig mußten wir nach Hause, um die Kühe zu melken, Kälber zu füttern sowie die Schweine und all das zu erledigen, was nicht bis morgen oder übermorgen warten konnte. Zögernd stand ich auf und sagte zu John: »Wir müssen nach Hause und mit der Arbeit beginnnen.« Die beiden Kleinen hatten uns im Stich gelassen, aber die junge Hirtenhündin lag schläfrig neben dem Bein meines Sohnes. Auch für sie war es ein anstrengender Tag gewesen.
    Ungefähr einen Monat später verlegten wir die Schafe auf unser eigenes Land! Zu diesem Zeitpunkt hatten sie die vier Hektar so kahl wie einen Billardtisch abgefressen und versuchten, durch die Zäune auf die andere Seite zu dem besseren Futter des Nachbarn zu gelangen.
    Für die Einheimischen wäre dies Routine gewesen, aber für uns war es ein Abenteuer. Es handelte sich immerhin um eine Entfernung von etwa sechs Kilometern, die mit 125 Mutterschaften und Lämmern zu überwinden uns riesig

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