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Mit Blindheit Geschlagen

Mit Blindheit Geschlagen

Titel: Mit Blindheit Geschlagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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ehemaligen Freund. Etwas sehr Wichtiges.«
    »Ich weiß nicht, ob sie mit Ihnen sprechen will.«
    »Ich gebe Ihnen meine Handynummer, vielleicht könnten Sie sie fragen. Wenn sie mit mir reden will, kann sie mich anrufen. Einverstanden? Sagen Sie ihr bitte, ich hätte ihr etwas über Wolf Griesbach zu berichten. Es sei wichtig.«
    Frau Naujocks war einverstanden. Stachelmann sagte, er habe es eilig und bleibe nur heute in Berlin.
    Er spazierte Unter den Linden entlang und war nervös. Als er die russische Botschaft betrachtete, klingelte sein Handy.
    »Schwarz, Sie hatten meine Mutter angerufen. Was gibt es denn so Eiliges?«
    »Das würde ich lieber mit Ihnen persönlich besprechen. Sie können bestimmen, wann und wo.«
    Sie schwieg eine Weile. »In der Karl-Marx-Allee, ein Stück hinter dem Strausberger Platz, gibt es ein mexikanisches Restaurant, es heißt Hazienda. Dort können wir uns nachher treffen, sagen wir gegen sieben Uhr. Woran erkenne ich Sie?«
    »Reservieren Sie einen Tisch auf Ihren Namen. Ich lasse mich dann zu dem Tisch führen.«
    Er vertrödelte die Zeit bis zum Treffen in Mitte. Der Palast der Republik stand da wie eine gläserne Leiche. Stachelmann hatte ihn sich vor vielen Jahren angesehen bei einem Ostberlinbesuch. Er hatte sich in die Mokkabar gesetzt mit Blick auf den Betonkoloss des DDR-Außenministeriums. Damals tummelten sich viele Menschen in dem Prachtbau. Im Untergeschoss gab es eine Disko und eine Kegelbahn, auch einen Pressestand. Im ersten Stock lagen zwei Restaurants, vor denen Menschen in langen Schlangen standen, um platziert zu werden. An den Wänden Bilder des sozialistischen Realismus. Nach der Wende entdeckten die Behörden Asbest in den Wänden, das passte zur Absicht, den Symbolbau loszuwerden, darin hatte auch die Volkskammer getagt. An seiner Stelle soll das Hohenzollern-Stadtschloss wieder erstehen, Disneyland in Berlin, als könnte man Baudenkmäler neu schaffen. Die Zeitungen waren voll vom Streit darüber. Das schräg gegenüber dem Glasbau liegende Palasthotel war schon abgerissen. Warum können die Erinnerungen der Menschen nicht geachtet werden, fragte sich Stachelmann. Er schaute auf die Uhr. Wenn er langsam lief, würde er nicht zu früh kommen.
    An der Weltzeituhr saßen und standen Menschen. Sie warteten auf irgendwen oder irgendwas. Ein Schnorrer stellte sich Stachelmann in den Weg, er stank aus dem Mund. Stachelmann gab ihm einen Euro und wusste, er würde in Schnaps umgesetzt. Er entzog sich der Dankbarkeit des Manns und lief die Alexanderstraße entlang bis zur Otto-Braun-Straße, wo die Karl-Marx-Allee beginnt. Geschichte, wohin man trat. Otto Braun, Preußens Ministerpräsident bis zur rechtswidrigen Absetzung durch den unsäglichen Franz von Papen, der die preußische Landesregierung im Juli 1932 davonjagte und sich selbst zum Reichskommissar für Preußen ernannte, ein Meilenstein auf dem Weg in die Diktatur. Die Karl-Marx-Allee hieß Stalin-Allee, als in ihren Bauten der Aufstand des 17. Juni 1953 losbrach.
    Dann sah er das Restaurant. Ihn empfing Gitarrenmusik, als er eintrat. Die Wände waren rot getüncht, rote Tischtücher bedeckten die Tische, die Kellner trugen rote Schürzen. »Hier ist ein Tisch reserviert auf den Namen Schwarz«, sagte er.
    »Die Dame wartet schon«, sagte der Kellner. Er hatte sich einen Kugelschreiber hinters Ohr geklemmt. Er führte Stachelmann zu einem Tisch in einer Ecke. Dort saß eine Frau mit kurzen blonden Haaren. Sie schaute ihn an, und er sah die Härte in ihrem Blick. Er stellte sich vor und gab ihr die Hand.
    Der Kellner blieb neben dem Tisch stehen. Dann sagte er: »Sie suchen erst aus?« Er ging.
    »Fast wäre ich nicht gekommen«, sagte sie. Sie hatte Falten um die Mundwinkel, sie sah verbittert aus. »Aber ich gebe zu, ich bin neugierig. Das haben Sie immerhin erreicht.«
    Stachelmann lachte kurz. »Das ist doch schon was. Sie kannten Wolf Griesbach?«
    Sie nickte. »Aber ich weiß noch nicht, warum ich Ihnen dazu etwas sagen soll.«
    »Er ist tot.« Es rutschte Stachelmann heraus, Müdigkeit raubte ihm die Aufmerksamkeit.
    Sie schaute ihm in die Augen, sie glaubte es nicht. »Aber ich habe ihn doch gerade noch getroffen.«
    »Er wurde ermordet.«
    Sie schaute ihm weiter in die Augen, als könnte sie dort die Wahrheit finden.
    »Wann?« Es klang wie: »Das glaube ich nicht.«
    »In der Nacht vom 11. zum 12. November.«
    Sie überlegte. »Aber am Abend des 11. November habe ich ihn getroffen.«
    »Er war also

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