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Mit Blindheit Geschlagen

Mit Blindheit Geschlagen

Titel: Mit Blindheit Geschlagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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wegen Ihnen in Berlin.«
    »Weiß ich nicht. Er wollte noch jemand anderen treffen.«
    »Wen?« »Keine Ahnung.« Sie schüttelte den Kopf. Er überlegte, wie sie ausgesehen haben mochte, als sie noch nicht verbittert war.
    »Wie ist es passiert? Was haben Sie damit zu tun?« Sie war misstrauisch.
    »Er wurde erstochen. Ich soll für die Witwe etwas herausfinden über Griesbachs Leben in der DDR.«
    Ihr Blick wanderte über den Tisch.
    Der Kellner erschien. »Später«, sagte Stachelmann. Der Kellner ging weg.
    »Was ist sie für eine? Wie heißt sie?«
    »Ines.«
    »Und wie ist sie so?« Sie presste ihre Kiefer aneinander.
    »Schwer zu sagen, ich kenne sie eher flüchtig. Ich finde sie nett.« »Nett? Und deswegen kramen Sie in ihrem Auftrag in Wolfs Leben herum?«
    »Ich bin Historiker, also berufsbedingt neugierig.«
    »Dann sind Sie ja ein Kollege von Wolf.«
    »Ja, sogar am selben Seminar. Er war gerade zu uns gekommen, da wurde er ermordet.«
    »Von wem?«
    »Weiß ich nicht. Die Polizei tappt im Dunkeln.«
    »Und Sie wollen etwas wissen über Wolfs Zeit in Ostberlin?«
    »Ja.«
    »Warum kommt Ines nicht selbst?« Sie klang scharf.
    »Die Sache nimmt sie arg mit.«
    »Ein bisschen komisch ist das doch.« In ihren Augen glitzerte es, Tränen. Sie wischte sie mit einem Papiertaschentuch weg.
    »Er ist also tot.« Erst jetzt schien sie es zu begreifen. »Vor vier Wochen saßen wir hier, an diesem Tisch. Wir haben geredet. Dann ist er gegangen und hat seinen Mörder getroffen.«
    »Hat er gesagt, wen er treffen will?«
    »Nein, sag ich doch.«
    »Keine Andeutung?« Er war nah dran, er spürte es. Wenn sie sich doch nur erinnern könnte.
    »Nein.« Sie war verärgert.
    »Bitte verstehen Sie mich, vielleicht hat er nur eine Bemerkung gemacht, so nebenbei. Das kann reichen, um den Mörder zu finden. Sie wollen doch auch, dass man ihn findet.«
    Sie bedeckte ihre Augen mit der Hand.
    Der Kellner erschien. Stachelmann schlug die Karte auf und bestellte zwei billige Gerichte und Mineralwasser, ohne die Karte ganz zu lesen.
    »Ich möchte einen Tequila«, sagte sie. »Einen doppelten.« Sie nahm ihre Hand weg vom Gesicht und wandte sich an Stachelmann. »Nein, er hat keine Andeutung gemacht.«
    »Sie waren befreundet?«
    »Ja, früher.«
    »Und dann?«
    »Was dann?«
    »Ihre Freundschaft hörte auf.«
    »Das klingt bescheuert.« Sie wischte sich Tränen aus den Augen. »Er ging in den Westen, ich durfte nicht rüber. Da hörte es einfach auf.«
    »Wie kam er in den Westen?«
    »Das weiß ich nicht. Er wurde verhaftet, und dann hieß es, er sei drüben.«
    »Und er hat sich nicht mehr bei Ihnen gemeldet?«
    »Nein.«
    »Haben Sie versucht, ihn zu erreichen?« »Das haben sie mir verboten.« »Wer?« »Die Staatssicherheit.« »Und wer hat Griesbach verhaftet?« »Die Staatssicherheit.« »Weshalb?« »Versuchte Republikflucht.« »Er wollte in den Westen.« »Eigentlich nicht.« »Jetzt verstehe ich gar nichts. Warum wurde er dann
    verhaftet?«
    »Weil versuchte Republikflucht auch strafbar war. Er hatte einen Brief geschrieben nach Westberlin, das war ein Zeichen, dass er abhauen wollte. Aber er hatte sich nur geärgert, ich weiß schon gar nicht mehr, über was. Er wäre nicht abgehauen.«
    »Aber die Staatssicherheit hat es gewusst.«
    »Offensichtlich.«
    »Die haben den Brief abgefangen.«
    »Der Brief konnte einen nicht verraten. Es zählte nur die Tatsache, dass ein Brief an eine bestimmte Adresse geschrieben wurde. Was darin stand, war gleichgültig.«
    Der Kellner erschien und servierte. Stachelmann dachte nach. Er wurde noch unruhiger. Konzentrier dich, du bist dicht dran. Mach keinen Fehler.
    Sie trank ihren Tequila in einem Zug aus und biss in eine Zitronenscheibe. Sie verzog das Gesicht.
    »Ohne Salz?«, fragte Stachelmann.
    »Immer«, sagte sie. »Mir reicht es, wenn es sauer ist.« Es klang bitter.
    »Woher wusste Griesbach, an wen er schreiben musste?«
    »Von Dreilich.«
    »Theo Dreilich?«
    Sie schaute ihn neugierig an. »Ja.«
    »Sie kannten ihn?«
    »Ja.«
    Er ärgerte sich, dass er ihr jedes Wort aus der Nase ziehen musste. Aber sie hätte auch schweigen können. »Sie haben ihn in Ostberlin getroffen.«
    »Ja.«
    »War das nicht gefährlich, einem Fremden etwas zu erzählen über Republikflucht?«
    »Doch, aber Dreilich war so einer, dem man vertrauen konnte. Das dachten wir damals. Er war großzügig und in der CDU, die war doch gegen die DDR. Außerdem war es Zufall, dass wir ihn

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