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Mit Blindheit Geschlagen

Mit Blindheit Geschlagen

Titel: Mit Blindheit Geschlagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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schlafen.
    »Ja. Gute Nacht.«
    Stachelmann holte sich ein Glas Wasser in der Küche, trank einen Schluck und lief in der Wohnung umher. Er war zu müde, um einen klaren Gedanken zu fassen. Er zog sich aus und legte sich im Schlafanzug ins Bett. Der Schmerz traf ihn wie ein Schlag. Eine Hitzewelle, und dann umklammerte er Rücken und Brust. Der Druck wuchs, der Schmerz wurde beißend. Stachelmann atmete flach und schnell. Mit der Hand tastete er nach dem Schalter der Nachttischlampe. Endlich fand er ihn. Er beugte sich vor zur Nachttischschublade und kramte nach Tabletten. Da fiel ihm ein, er hatte den Notvorrat in seiner Reisetasche. Die Reisetasche war bei der Polizei. Er stand vorsichtig auf und spürte den Schwindel. Im Darm rumorte es. Die Knie waren wie Gummi. Er stützte sich ab auf dem Weg ins Badezimmer. Im Spiegelschrank fand er eine Packung Diclofenac, er schluckte zwei und trank Wasser aus dem Hahn. Er schaute auf die Klobrille und überlegte, ob ein Durchfall sich ankündigte. Dann tappte er zurück ins Bett. Er löschte das Licht und wartete auf den Schlaf. Aber der Schlaf kam nicht. Stattdessen pochte der Schmerz in der Brust, er drehte sich immer wieder, doch fand er keine Lage, die ihn befreite.
    Er döste ein, bis der Schmerz ihn weckte. Dann drehte er sich, döste wieder ein und wurde wieder geweckt. Vor sechs Uhr stand er auf, die Glieder waren steif, er fühlte sich schwach, aber er konnte fast unbeschwert atmen. Da war nur noch ein dumpfer Block in der Brust. Er setzte Wasser auf und ging im Schlafanzug zur Haustür, um die Lübecker Nachrichten zu holen. Als er unten war, schlug er sich mit der flachen Hand an den Kopf, er hatte vergessen, die Zeitung erschien montags nicht. Wieder in der Küche, setzte er sich auf einen Stuhl und verschnaufte, das Treppensteigen kostete Kraft. Als er bei Atem war, goss er einen Darjeeling auf und zwang sich, ein Marmeladenbrot zu essen als Grundlage für die Tabletten, die er morgens schluckte. Dann nahm er sich den Spiegel der vergangenen Woche und blätterte darin. Er legte das Magazin weg und schaltete das Radio ein. Der Deutschlandfunk brachte Informationen am Morgen, aber es war nichts geschehen, das Stachelmann interessierte. Er schaltete das Radio wieder aus und legte sich im Bademantel aufs Bett.
    Die Tabletten milderten den Schmerz etwas, aber die Kraft kehrte nicht zurück. Er stellte den Wecker auf neun Uhr und löschte das Licht. In der Dunkelheit kamen die Bilder zurück, Griesbachs Wachsgesicht, die beiden Flecken auf seinem Pullover. Wie mochte es Ines gehen? Er hatte Mitleid und wusste nicht, wie er ihr helfen konnte. Stachelmann fühlte sich schuldig. Vielleicht wäre das alles nicht geschehen, wenn er nicht mit Ines geschlafen hätte.
    Er wachte auf, als der Wecker klingelte. Der Schmerz lauerte. Er beugte die Beine abwechselnd, erst knackte es dumpf, dann verschwand der Widerstand.
    Er nahm sich ein Taxi zur Possehlstraße, es hielt vor dem Behördenhochhaus. Der Mann an der Pforte erklärte ihm den Weg zur Mordkommission im siebten Stock.
    Burg saß hinter einem Schreibtisch, darauf ein Bildschirm, ein Aktenstapel und ein Aschenbecher. Es stank nach Rauch. Burg blieb sitzen, lächelte Stachelmann freundlich zu und sagte: »Mein Chef kommt gleich, nehmen Sie schon mal Platz.« Stachelmann setzte sich Burg gegenüber. Der schob ihm eine Schachtel Zigaretten zu, Stachelmann lehnte ab, und Burg sagte: »Stimmt, Sie rauchen ja nicht. Scheiße.«
    Stachelmann überlegte, ob Burg Scheiße sagen würde, wenn sein Chef anwesend war. Da ging die Tür auf, Stachelmann drehte sich um und sah einen Mann mit randloser Brille vor klugen Augen. Der Mann kam auf Stachelmann zu und streckte die Hand aus. »Sie sind der Dr. Stachelmann, der Finder.« Er hatte eine ruhige Bassstimme, freundlich, gut akzentuiert, fast vornehm. Er trug seinen roten Schlips locker, der obere Hemdknopf war geöffnet.
    Stachelmann stand auf und erwiderte den Händedruck. Er spürte die Kraft dieses Manns.
    »Ich bin Kriminalrat Wesendorn, der Leiter der Mordkommission«, sagte der Mann. »Lassen Sie sich nicht stören.«
    Stachelmann überlegte, wobei er sich nicht stören lassen sollte.
    »Dann können wir ja mal anfangen«, sagte Burg. »Kaffee?«
    »Später vielleicht«, sagte Stachelmann.
    »Sie sehen müde aus, wenn Sie mir die Bemerkung gestatten«, sagte Wesendorn. Er setzte sich auf einen Stuhl in der Ecke, sodass er Stachelmann schräg von vorne anblickte.
    »Manche Leute

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