Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mit Blindheit Geschlagen

Mit Blindheit Geschlagen

Titel: Mit Blindheit Geschlagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
Vom Netzwerk:
Morgen sehen wir weiter. Kommen Sie aufs Präsidium, dann machen wir mal ein Protokoll.« Er schaute auf die Uhr. »Um zehn?«
    Stachelmann nickte und ging. Er kam am Leichenwagen vorbei, der Sarg stand auf der Ladefläche. Blinklicht warf Schatten an die Häuserwände. Zu Hause hängte er den nassen Mantel an die Garderobe und setzte sich aufs Sofa. Er fühlte sich leer. In seinem Hirn formten sich Gedanken, die er nicht verstand. Dann tauchte das Wachsgesicht auf und ließ sich nicht wegwischen. Ihm fiel ein, jemand musste Ines verständigen. Er schaute zum Telefon, es lag auf dem Tisch, aber dann lehnte er sich zurück, die Polizei würde es tun. Es war besser, er mischte sich nicht weiter ein in diese Geschichte. Er steckte schon zu tief drin.
    Allmählich begriff er die Gedanken in seinem Kopf. Es waren Bilder. Das Wachsgesicht, dann dieser Oberkommissar, der so gerne »Scheiße« und »mal« sagte und nicht verriet, was er dachte. Stachelmann erinnerte sich an diesen einen Blick, darin hatte mehr gelegen als eine Frage. Es war Misstrauen. Aber musste ein Kriminalbeamter nicht misstrauisch sein? Stachelmann überlegte, was er von einem hielte, in dessen Kofferraum eine Leiche gefunden wurde. Und der von der Frau des Toten beauftragt war, ihren Mann zu suchen. Haben Sie ein Verhältnis mit der Frau des Toten? Das würde Stachelmann tragen, wenn er Kriminalbeamter wäre. Er fror. Nein, ich habe mit der Frau einmal geschlafen, dann verschwand ihr Mann, und die Frau beauftragte mich, ihn zu suchen. Würde Stachelmann es einem anderen glauben? Ines hatte ihn gebeten, nichts zu verraten. Er würde sich daran halten. Und wenn Ines sich auch daran hielt, konnte niemand es herausbekommen. Ossi wusste nichts, er hatte nur seine Machoahnungen, die ihn zu den immer gleichen Zoten verleiteten, wenn er einen Mann und eine Frau in einer Wohnung wähnte. Das hatte keine Beweiskraft.
    Stachelmann starrte an die Wand. Jemand hatte Griesbach erstochen, irgendwo in Berlin, das war die einzige Möglichkeit gewesen, ihm etwas unbemerkt in den Kofferraum zu legen. Er hatte seine Reisetasche in den Kofferraum gelegt, nachdem er das Hotel verlassen hatte, um zu Wittstock zu fahren. Er hatte das Auto geparkt, als er Wittstock aufsuchte, und dann noch einmal bei den Laubenpiepern von der Kolonie »Sonntagsfrieden«. Es war am Tag, und beide Male stand der Wagen an Straßen. Er schüttelte den Kopf. Das war verrückt. Jemand ermordete Griesbach, der Mörder hatte seinen Grund, es war furchtbar, aber irgendeine Erklärung würde es geben. Aber nicht dafür, dass er Stachelmann die Leiche ins Auto gelegt hatte. Warum gerade ihm? Zufall? Nein, so einen Zufall gibt’s in schlechten Filmen. Welche Absicht steckte dahinter? Jemand wollte Stachelmann den Mord in die Schuhe schieben. Aber würde er dann die Leiche in einen Plastiksack verpacken und in den Kofferraum von Stachelmanns Auto legen? Es sei denn, es sollte so aussehen, als wäre Stachelmann dabei gewesen, die Leiche zu beseitigen. Aber er hatte die Polizei gerufen. Mochte sein, dass der Mörder hoffte, Stachelmann würde in Panik verfallen, wenn er die Leiche fand, und versuchen, sie zu verstecken. Doch was für einen Sinn sollte das haben? Es schien, als wäre Griesbach schon länger tot, Stachelmann hatte die Bemerkung des Rechtsmediziners im Ohr, Leichenstarre gelöst.
    Das Telefon weckte ihn. Er warf einen Blick auf die Uhr, fast zwei.
    »Ja?«
    »Sie haben es mir vorhin gesagt.« Sie weinte.
    »Ines, soll ich vorbeikommen?« Da fiel ihm ein, dass sein Wagen bei der Polizei war und um diese Zeit keine Züge fuhren. Also ein Taxi.
    »Nein. Es ist schlimm genug, dass ich …« Sie brach ab.
    »Vielleicht wurde er erstochen, als wir …«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Stachelmann, um etwas zu sagen. »Es tut mir Leid.«
    »Ich will nicht, dass das mit uns bekannt wird. Das soll keiner erfahren.«
    »Natürlich nicht. Das wissen nur wir beide. Dabei bleibt es, selbst wenn irgendjemand was anderes behauptet.«
    »Und dein Freund Ossi?«
    »Der weiß nichts, er hat nur das Bedürfnis auszusprechen, was seine arme Fantasie ihm eingibt.«
    »Gut«, sagte Ines. »Ich komme morgen nach Lübeck, ich soll ihn identifizieren. Vielleicht sehen wir uns.«
    »Ich bin ab zehn Uhr im Präsidium.«
    »Es tut mir Leid, dass dir das passiert ist.«
    Stachelmann rührte es, dass sie sich Gedanken um ihn machte. »Versuch zu schlafen«, sagte er und fand sich dumm. Sie würde keine Sekunde

Weitere Kostenlose Bücher