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Mit Blindheit Geschlagen

Mit Blindheit Geschlagen

Titel: Mit Blindheit Geschlagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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Heute musste er sein Seminar durchstehen. Alle halten dich für einen Mörder, es stand ja in der Zeitung. Du hast mit der Frau des Opfers geschlafen, du hattest ein klassisches Motiv. Wie viele Männer mussten sterben, weil ein anderer ihre Frau begehrte? Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib. Das wussten sie schon in biblischer Vorzeit.
    Er saß in seinem Zimmer und hing wirren Gedanken nach. Wir leben nicht in Moses Zeit, sondern im 21. Jahrhundert. Heutzutage mordet man nicht, man lässt sich scheiden und streitet sich um die Kinder und das Eigentum. Wenn du weiter so einen Unsinn denkst, glaubst du am Ende, du hättest Griesbach getötet. Habe ich beigetragen zu seinem Tod, da ich mit seiner Frau schlief? Wie könnte der Beitrag aussehen? Er quälte sich, aber er fand keine Antwort.
    Er schob die Telefonnummern-CD ins Laufwerk, die er in dem großen Elektronikmarkt am Hauptbahnhof gekauft hatte. Es dauerte eine Weile, bis er das Programm bedienen konnte. Er spielte herum, es lenkte ihn ab. Dann wusste er, wie es ging. Er tippte den Namen Pintus ein und staunte, wie schnell Einträge angezeigt wurden. Es waren dreizehn. Er druckte das Ergebnis aus und legte die Liste auf den Schreibtisch. Dann markierte er alle Einträge mit Frauennamen. Um die würde er sich kümmern, wenn er bei den anderen nicht weiterkam. Es blieben sieben Personen übrig. Die meisten wohnten weit weg, in Bayern, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, auch in Schleswig-Holstein. Pintus hatte früher irgendwo in Thüringen gewohnt und bei Robotron in Sömmerda gearbeitet. Da gab es einen Edgar Pintus in Gotha. Stachelmann wählte die Nummer.
    Er ließ es lange klingeln, aber niemand hob ab.
    Ein Blick auf die Armbanduhr verriet ihm, es war Zeit, ins Seminar zu gehen. Nicht zu spät kommen, sie würden glauben, er kniffe. Die Unruhe im Bauch wurde stärker. Er nahm seine Aktentasche und ging. Er begegnete nur wenigen Menschen auf dem Weg und bildete sich ein, sie blickten ihn anders an als sonst. Du darfst den Blicken nicht ausweichen. Du bist unschuldig, es ist falsch, was die Zeitungen schreiben.
    Im Seminarraum schienen alle Blicke zu fragen, wie lange er noch lehren würde. Fiel das Seminar am kommenden Dienstag aus? Natürlich würde ihn keiner fragen. Er sah seine Studenten wie durch einen Nebel. Hartmann saß neben der Blonden, er wusste bestimmt längst, dass Bohming Stachelmann die Firmengeschichte entzogen hatte. Was würde er denken? Dass auch Bohming glaubte, Stachelmann sei ein Mörder? Der Sagenhafte wahrte nur die Form, aber dass er Stachelmann den Auftrag entzogen hatte, sagte genug. Zumal wenn man wusste, wie ungern Bohming sich festlegte. Die Festlegung von heute ist der Irrtum von morgen, die Blamage. Nichts fürchtete Bohming mehr. Stachelmann sah Hartmann und die Braunhaarige tuscheln. Bestimmt sprachen sie über ihn.
    Das Seminar lief an ihm vorbei, als wäre es ein Film. Stachelmann wurde die Anspannung nicht los, trotzdem fühlte er sich wie unbeteiligt. Er leitete die Diskussion über ein Referat, als ginge es ihn nichts an. Das Referat war schlecht, aber er kritisierte es nicht. Er war erleichtert, als es klingelte, und beeilte sich, den Raum zu verlassen.
    Zurück in seinem Dienstzimmer, spürte er die Erschöpfung. So konnte es nicht weitergehen, wie sollte er die kommendenSitzungen überstehen? Übelkeit kroch in den Bauch. Er überlegte, ob er zur Toilette gehen sollte, aber er blieb sitzen. Da fiel ihm ein, er hatte noch nichts gegessen seit dem Frühstück. Ich sollte etwas essen, aber wenn ich in die Cafeteria komme, glotzen sie mich an. Dann ging er doch auf die Toilette, um Wasser zu trinken. Es half ein wenig.
    Er packte seine Sachen und verließ das Seminar. Als er auf dem Mittelweg war, wich die Anspannung. Es zog ihn zu Ines, er folgte der Eingebung. Vielleicht war ihr noch etwas eingefallen. Und wenn die Polizei ihn nicht überwachte, würde sie Ines noch weniger beobachten. Vor ihrer Haustür blickte er sich um. Es war nichts Auffälliges zu entdecken, auch kein Auto, in dem Polizisten saßen.
    »Ja?« Sie meldete sich gleich nach dem Klingeln, als hätte sie gewartet.
    »Josef …«
    Der Summer wurde betätigt, bevor er mehr sagen konnte.
    Sie erwartete ihn in der Wohnungstür. »Schön, dass du kommst.« Sie nahm ihn in den Arm und küsste ihn auf die Wange. Sie roch gut. Die Erinnerung an die Nacht mit ihr kehrte zurück.
    Er hängte seinen Mantel an die Garderobe. Sie führte ihn ins

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