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Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman

Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman

Titel: Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Beynon Rees
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Mädchens. «Damit du wie die Madonna aussiehst und nicht wie eine Magd.»
    «Die Priester werden denken, dass sie die Madonna zum ersten Mal sehen», sagte Caravaggio. «Als wäre sie soeben erschienen und hätte sie berührt.»
    Lena setzte sich den Jungen auf den Schoß und fütterte ihn mit dem restlichen Brot.
    Anna begleitete Caravaggio zur Tür. «Es gibt viele Priester, die gern von meiner Lena berührt werden würden. Aber wenn ihnen die Heilige Jungfrau erschiene, würden sie an ihrer Schuld sterben.»
    Als er Richtung Corso ging, hörte er sie hinter sich kichern.
    ∗
    Zur Zeit des Römischen Reichs wurde das Stadion des Kaisers Domitian für Laufwettbewerbe genutzt, während die Wagenrennen im größeren Circus Maximus stattfanden. Als ein Feuer das Kolosseum beschädigte, beherbergte das Stadion auch die blutigen Gladiatorenspiele. Die Marmorverkleidungen wurden später geplündert, um Kirchen und Paläste für die Päpste und für die Familien Pamphilii, Orsini und Colonna zu bauen. Aber die Ziegel und der Mörtel der unteren Arkaden, in denen die alten Römer nach den Wettkämpfen des Tages Freudenmädchen aufsuchten, wurden in die Erdgeschosse von Gebäuden eingebaut, und so entstand einer der zentralen öffentlichen Plätze Roms. Weil das Stadion im hellenistischen Stil errichtet worden war, mischten die Römer lateinische mit griechischen Wörtern und bezeichneten es als «Platz der Wettspiele» –
inagones
. Im späteren Stadtdialekt wurde die Phrase zusammengezogen und verschliffen, bis die Piazza schließlich «Navona» hieß.
    Sie war immer noch ein Platz für Wettkämpfe, die genauso inbrünstig und fast so brutal wie die Gladiatorenkämpfe waren. Bei den Fußballspielen, die auf dem Pflaster ausgetragen wurden, ging es um Geld. Regeln gab es kaum. Wie schon die Spiele der Antike wurden auch jetzt die Ergebnisse mit wenig Finesse diskutiert.
    Caravaggio kam mit Onorio von den französischen Tennisplätzen zur Piazza Navona. Ein schwerer Fußball flog hinter einer Menge anfeuernder Zuschauer durch die Luft. Er fiel einer großen Gestalt in einem weiten weißen Hemd vor die Füße.
    Caravaggio spähte durchs Zwielicht. «Ist das Ranuccio?»
    Ein anderer Spieler griff an, um den Lederball zu ergattern. Der große Mann setzte seinen Fuß auf den Ball und rollte ihn zur Seite. Gleichzeitig bückte er sich und rammte seinem Gegner die Faust mitten auf die Nase.
    «Zweifellos Ranuccio.» Onorio lachte.
    In einen schweren Mantel gehüllt stand ein Buchmacher am Rand des Spielfelds. Onorio rief ihm zu: «Ich setze einen Scudo gegen Ranuccios Team.»
    Caravaggio zögerte. Er wollte den alten Streit mit Ranuccio nicht neu befeuern.
    Der Buchmacher drehte sich um. «Onorio, ich nehme die Wette an. Hey, warst du auf den Tennisplätzen?»
    «Zum Fechten. Ein spanischer Edelmann gegen einen Soldaten aus Urbino.»
    Ranuccio kam vom Spielfeld und trank aus einem Weinkrug. Er schien einen Schlag abbekommen zu haben, weil sein rechtes Bein bei jedem Schritt ein wenig nachgab.
    «Der spanische Fechter war gut», rief Onorio. «Der hätte Kleinholz aus dir gemacht, Ranuccio.»
    «Das hättest du wohl gern.» Ranuccio kippte den Wein herunter. Als er Caravaggio sah, spuckte er auf die Pflastersteine.
    «Auf den hätte ich zehn Scudi gesetzt, dass er dich schlägt», sagte Onorio.
    «Die zehn Scudi, die dein Freund mir immer noch schuldet?» Ranuccio winkte mit dem Krug in Caravaggios Richtung. «Ich kenne den Fechter, den du meinst. Contreras, nicht wahr?»
    «Genau der.»
    «Ich habe ihn kämpfen gesehen. Ich würde dein Geld nehmen und es ihm in den Arsch schieben, bevor er mich überhaupt treffen würde.»
    Onorio ging einen Schritt auf ihn zu. «Keine Chance. Arschlöcher wie du sind nicht mehr als einen jämmerlichen Tarino wert. Stimmt doch, Michele?»
    Caravaggio hielt die Hände hoch.
Ich weiß, wie das endet. Keiner von beiden gibt jetzt nach.
Und dann müsste er seinem Freund beispringen. Täte er es, hätte selbst Ranuccio allen Grund, ihn zu verachten.
    Ranuccio schleuderte den Krug auf Onorio und griff sich von einem der Zuschauer des Fußballspiels einen Dolch. Die Menge bildete einen Kreis um die beiden Gegner. Caravaggio riss einen der Fußballspieler hinter Onorios Rücken beiseite und stieß dem Mann das Knie in die Rippen.
    Er rechnete damit, dass weitere Dolche gezückt werden würden, aber soweit er sehen konnte, wurde mit Fäusten, Flaschen und Schemeln aus der nächsten Taverne gekämpft.

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