Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman
Caravaggio hob lächelnd einen Finger. «Aha, du machst dir Sorgen wegen dieses piemontesischen Arschlochs.»
«Roero hat einen üblen Charakter.»
«Machst du dir Sorgen um mich? Oder geht es nur darum,dass du deiner Mutter, der Marchesa, gefallen willst?» Caravaggio hob das Kinn. «Ich habe keinen Grund, Roero zu fürchten.»
Fabrizio schüttelte den Kopf.
Der Ehre muss Genüge getan werden, sogar zwischen zwei Männern, die wie Brüder sind
. «Sieh dich vor. Du weißt, warum er sich mit dir anlegt.»
«Ach ja?»
«Deine Herkunft, Michele.»
Caravaggio blies die Backen auf. «Er ist nicht der erste Edelmann, der mich für minderwertig hält.»
«Und was ist beim letzten Mal dabei herausgekommen?»
Caravaggio strich sich durch den Bart. Die Geste sollte Sorglosigkeit signalisieren, aber seine Finger verkrampften sich, als wollte er sich vor Verzweiflung die Barthaare ausraufen.
«Komm her und wohne hier», sagte Fabrizio. «Dann bist du in Sicherheit, und wir sind wieder wie in unserer Jugend zusammen.»
«Ich fühle mich in der italienischen Taverne wohl», blaffte Caravaggio.
Fabrizio zuckte zusammen.
Glaubt er etwa, ich wollte ihn in mein Bett locken?
«Da bist du in Gefahr. Hier stehst du unter meinem Schutz.»
«Ich werde meine Tür abschließen.»
«Aber die Gesellschaft, in der du –»
«Die Ritter? Was soll mit ihnen sein?»
«Es sind Mörder.»
«Während du und ich …» Caravaggio ließ die Bemerkung in der Luft hängen. Fabrizio schnalzte mit der Zunge. Für einen Moment hatte er vergessen, dass er einen Mann ums Leben gebracht hatte. Caravaggio legte ihm die Hand auf den Oberschenkel. «Du hast hier nicht genügend Platz für meine Arbeit. Der Orden gibt mir noch einen zweiten Auftrag.»
Das war es also, was Caravaggio nicht aufgeben konnte, undFabrizio wusste es genau. Seine Malerei war die von Wignacourt geforderte Gegenleistung für den Ritterschlag, und diese Ehre würde die Todesstrafe von ihm abwenden. Aber wenn er die Ritterschaft annahm, würde Caravaggio zur Zielscheibe der adeligen Ritter werden, die die Reinheit ihres Ordens gewahrt wissen wollten. Fabrizio erinnerte sich an die Hänseleien seiner Brüder, die Michele zur Weißglut getrieben hatten, als er nur ein armer, vaterloser Junge gewesen war. Ein Mann wie Roero konnte nicht wissen, welche tiefe Traurigkeit und Wut er in Michele schürte.
Oder vielleicht weiß das jeder, außer Michele selbst. Er glaubt immer noch an einen Ausweg aus der Falle, die das Schicksal ihm auf Malta gestellt hat
.
Fabrizio legte ihm die Hände an den Kopf. «Es tut mir leid, Michele.»
«Wie meinst du das?»
Fabrizio war erschöpft von der neuen Verantwortung seines Kommandos, von seiner Sorge um den alten Freund und von der Angst, seine Mutter zu enttäuschen, nachdem sie seine Entlassung aus der Kerkerzelle erreicht hatte. «Ich bin allein, Michele.» Seine Stimme zitterte brüchig und matt wie das Licht einer einzelnen Kerze in einem dunklen Flur.
«Nicht ganz. Ich wohne gleich um die Ecke.» Caravaggio stand auf und strich Fabrizio durchs Haar. «Ich habe zu arbeiten. Ich sehe dich bald wieder, Admiral.»
Die gezwungene Jovialität von Caravaggios Worten traf Fabrizio wie ein Stachel. Ihm war, als hätte er einem entfernten Onkel, nicht einem Mann, den er geliebt hatte, seine Gefühle offenbart. Er sah ihn im Dunkel seines Hauses verschwinden und blickte finster zu den Bäumen. Den Geruch der Orangen konnte er nicht mehr ertragen.
∗
Wignacourt lud die Ritter ein, sein Porträt in der Kammer des Heiligen Rats zu bewundern. Er trug einen Eisenkragen und eine Schulterrüstung. Sein Gewand war mit Zobelpelz gesäumt, und über seinem sonnenverbrannten Gesicht saß eine violette Kappe. Er winkte Caravaggio zu sich, der zu seinen Füßen niederkniete und ihm die Hand küsste.
«Eine wahre Zierde für unseren Orden und unsere Insel, Maestro», verkündete er.
Die Ritter versammelten sich vor dem Porträt. Wignacourt nahm ihre Bewunderung entgegen.
Der Inquisitor drängte sich nach vorn. Er starrte das Porträt an und schmunzelte verständnisinnig. Er bahnte sich durch die Versammlung der Ritter einen Weg zu Caravaggio. «Wie habt Ihr das gemacht?»
Caravaggio zog ein verständnisloses Gesicht.
«Wie habt Ihr eine derartige Ähnlichkeit zustande gebracht?», sagte della Corbara. «Ist es reiner Genius? Seid Ihr eines Tages aufgewacht und habt festgestellt, dass Eure kindischen Skizzen zu meisterhaften Darstellungen des Lebens
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