Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman

Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman

Titel: Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Beynon Rees
Vom Netzwerk:
und lebendig.
    Er legte die Palette beiseite und faltete die Hände. Er betete, dass Lena das Aufwallen seines Bluts spüren und dass es sie so sicher miteinander verbinden möge, als ließen sie sich ihr Blut gegenseitig in die Venen strömen.
Mein Gott, lass sie leben
, murmelte er.
Lass sie so voller Leben sein, wie ich es bin
.
    ∗
    Als Caravaggio im Oratorium zwischen den schwarz gekleideten Rittern nach vorne trat, lächelte Martelli ihm aufmunternd zu. Nun würde er zu einem der ihren werden. Mit dem ungewohnten Gewicht der Rüstung auf Schultern und Brust stieg er die Altarstufen empor. Die Arme spreizte er ein wenig ab, um nicht auf seinem Umhang knien zu müssen. Hinter dem Großmeister, die Wand einnehmend, sein Gemälde des Todes des heiligen Johannes – mit Blut signiert. Caravaggio senkte den Kopf.
    Wignacourt führte die Zeremonie der Investitur durch. Er verpflichtete Caravaggio dazu, ein Leben in christlicher Vollendungund Mildtätigkeit zu führen, um sich der Heiligen Jungfrau und dem heiligen Johannes zu widmen. Auf einem Leinentuch hielt ihm der Großmeister das weiße Ordenskreuz entgegen. Caravaggio küsste es. Wäre er allein gewesen, hätte er jubelnd seinen Kopf ins Tuch vergraben.
Vergiss nicht
, sagte er sich,
dein Jubel hat mindestens genauso viel damit zu tun, dass du der Todesstrafe entronnen bist, wie mit deinem herausgehobenen Status. Du gehörst jetzt zu den Leuten, für die die Gesetze nicht gelten.
Er schaute zu den italienischen Rittern neben dem Altar. Fabrizio verdrehte den Kopf, als träfe ihn Caravaggios Blick wie ein Hieb.
    «Empfangt das Joch des Herrn», sagte Wignacourt, «denn es ist süß und leicht, und unter ihm findet Eure Seele Ruhe. Wir bieten Euch keine Köstlichkeiten, sondern nur Brot und Wasser und ein bescheidenes, wertloses Mönchsgewand.»
    Wignacourt gab dem Pagen Nicholas einen Wink. Er trat vor mit einem roten Kissen, auf dem eine goldene Kette lag. Der Großmeister legte Caravaggio die Kette um den Hals und hieß ihn sich erheben. «Als Geschenk erhaltet Ihr auch zwei Sklaven», flüsterte Wignacourt.
    «Eure Durchlauchtigste Hoheit ist zu gütig.»
    Der Großmeister deutete über seine Schulter auf
Die Enthauptung Johannes’ des Täufers
. «Ein Meisterwerk, Bruder Michelangelo.»
    «Ihr erweist mir große Ehre, Sire.»
    Die Italiener kehrten in ihre Taverne zurück, in der Caravaggio nun seinen Platz als Ritter einnehmen würde. Am Tor empfing ihn Martelli und forderte ihn auf, sich auf einen schlichten Teppich zu setzen. Er überreichte ihm Brot und Salz als Symbole des asketischen, mönchischen Lebens. Während Caravaggio aß, pulte sich Roero mit der Spitze seines Dolchs zwischen den Zähnen.
    ∗
    Ein Ritter aus Siena namens Bruder Giulio nahm einen tiefen Zug Wein. «Der hier ist gut: Der Herzog von Brie, der uneheliche Sohn des Herzogs von Lothringen, nimmt an einem Abendessen teil. Ein höflicher französischer Ritter sagt zu ihm: ‹Gnädigster Herzog mein, reicht mir doch bitte den Wein.› Der Herzog reicht ihm also den Wein. Am anderen Ende des Tisches sitzt ein deutscher Ritter mit schlechten Manieren. Er folgt dem gereimten Beispiel des Franzosen und sagt: Herzog, du Schwein, reich mir auch mal den Wein.» Er knallte seinen Becher auf den Tisch und brüllte vor Lachen über seine Pointe.
    Caravaggio trank seinen Becher aus und füllte ihn aus dem Krug auf dem Tisch wieder bis zum Rand. Roero fixierte ihn über seinen Becherrand aus rötlich funkelnden Augen.
    Lass ihn ruhig glotzen
, dachte Caravaggio.
Er ist nicht der Erste, der mich krumm ansieht, und mein neuer Rang als Ritter schützt mich. Ich esse mit diesen Rittern jetzt als Gleicher unter Gleichen
. Vom Wein und dem Erfolg der
Enthauptung
glänzte er, errötet wie ein Junge, der zum ersten Mal einen Schwips hat. Er prostete Bruder Giulio für seinen Humor zu.
    «Ihr mögt wohl einen guten Witz, nicht wahr?», sagte Roero.
    Caravaggio trank seinen Wein. «Ja, warum nicht?»
    «Haltet Ihr es für einen Witz, für unser Oratorium ein Bild zu malen, auf dem ein nackter Küchenjunge und eine maltesische Hure zu sehen sind?»
    Die Ritter am Tisch verstummten. Bruder Giulio hustete und versuchte es mit einem anderen Witz. «Der Herzog von Brie geht mit einer Armbrust auf Bärenjagd –»
    «Eine Hure in einer Kirche.» Die Schatten schnitten Narben in Roeros Gesicht.
    Obwohl er sich vornahm zu schweigen, öffnete Caravaggio den Mund und sagte gedehnt: «Ihr seid ja der leibhaftige

Weitere Kostenlose Bücher