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Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman

Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman

Titel: Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Beynon Rees
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Er stellt mir Fallen.»
    «Ich dachte, Ihr arbeitet mit ihm zusammen.»
    Der Inquisitor trat näher und senkte die Stimme zu einem grollenden Flüsterton. «Ihr wollt der Hund sein, dem man Zutritt zum großen Saal gewährt und der die Knochen am Tisch des Meisters abnagt. Aber diese Ritter werden Euch nie einlassen – weil Ihr ein Wolf seid.» Er zeigte auf seine schmale Brust. «Und Wölfe jagen in Rudeln. Am Ende werdet Ihr mich brauchen. Denkt daran.»
    Er verließ das Atelier. Caravaggio wandte sich wieder den Kerkerwänden zu.
    ∗
    Caravaggio malte gerade die schwarzen Bleibärte der Schlüssel des Kerkermeisters, als Martelli den Vorhang der Camera obscura aufzog. Der Ritter hielt einen Brief in der Hand. Das Gemälde schlug ihn sofort in seinen Bann.
    «Seit ich es zum letzten Mal sah, habt Ihr das Messer des Henkers gemalt», sagte er. Ein starker, weißer Reflex markierte die Klingenschneide. Der Florentiner war oft verwundet worden. Er kratzte durch sein Wams an seinen Narben.
    «Spürt Ihr die Berührung des Henkers?» Caravaggio lächelte.
    «Ich bezweifele nicht, dass ich in ihm meinen eigenen Henker erkennen könnte. Aber eigentlich dachte ich an Euch.»
    «Bislang bin ich noch der Henker.»
    Martelli schwenkte den Brief. «Ihr müsst von nun an weder Henker noch Delinquent sein. Ihr werdet ein Ritter.»
    Caravaggio küsste dem alten Mann die Hand. «Ich hatte Angst, dass der Heilige Vater ablehnen …»
    «Und wir Euch dann in Ketten nach Rom schicken würden? Nun ja, ich habe einen gewissen Einfluss auf den Großmeister, und ich bin ein entschlossener alter Schweinehund. Ich nehme an, der Heilige Vater hat begriffen, dass wir ihm das nicht durchgehen ließen. Lest selbst!»
    Caravaggio entfaltete den Brief.
    An Unseren geliebten Alof de Wignacourt, Großmeister des Hospital-Ordens des heiligen Johannes von Jerusalem.
    Papst Paul der Fünfte.
    Geliebter Sohn, seid gegrüßt. Die Verdienste Eurer besonderen Ergebenheit gegenüber Uns und dem Heiligen Stuhl veranlassen Uns dazu, Eurem Gesuch zuzustimmen und Euch zu ermächtigen, denjenigen Dank zu erweisen, die Euch ihrer Ergebenheit versichern oder die in Eurer Gnade und Gunst stehen. Weshalb wir Eurer Uns übermittelten Bitte nachkommen und kraft dieser Breve und unserer apostolischen Autorität Euch die Befugnis erteilen und gewähren, als Bruder im Stand eines Magistralritters die von Euch begünstigte Person aufzunehmen, die von Euch erwählt und benannt wird, wiewohl sie in einem Duell einen Mord begangen, und ihr die Würde des Standes eines Magistralritters zu verleihen, auf dass er in Eurem Dienst verbleibe.
    Gegeben zu St. Markus unter dem Siegel des Fischers.
    Der Brief in seinen Händen fühlte sich heiß an. Caravaggio fürchtete, dass er unter der Heftigkeit seines Gefühls Feuer fangen und zu Asche verbrennen könnte. Er gab ihn Martelli zurück.
    «Als Ritter könnt Ihr nicht nach Rom zurückgeschickt werden. Ihr steht unter dem Schutz des Ordens.» Martelli faltete den Brief zusammen und schob ihn in sein Wams. Er fasste Caravaggio am Arm und umarmte ihn. «Michele, Ihr werdet ein Ritter, selbst wenn Eure
Enthauptung Johannes’ des Täufers
ein schlechteres Bild wäre. Aber es ist ganz erstaunlich.»
    Caravaggio ließ den Blick über die Leinwand schweifen. Jeder einzelne Pinselstrich schien ihn befreit zu haben.
Martelli weiß das
, dachte er.
Ich habe meine Arbeit genauso unverblümt ausgeführt, wie er mir die Tötung eines Mannes beschrieben hat.
    Sie teilten ein vertrauliches Schweigen. Caravaggios Finger kribbelten noch von der Berührung der päpstlichen Breve. Eine Begnadigung. Vielleicht würde er in die päpstlichen Lande zurückkehren können, nach Rom, zu Lena. Jetzt war alles möglich.
    Vom unteren Bildrand starrte ihn das hagere Gesicht des Täufers an. Zu malen blieb nur noch das Blut, das aus dem Hals des Sterbenden strömte.
    ∗
    Nach der Mittagsstunde ging Caravaggio in die Residenz des Admirals. Während er den Abhang hinter dem Palast des Großmeisters hinabstieg, bemühte er sich, seinen Stolz über seine Berufung zum Ritter zu unterdrücken.
Ich werde von der Todesstrafe befreit sein
, dachte er.
Ich kann zu Lena zurückkehren und in Frieden arbeiten.
Aber als er die leeren Kontorräume der Flotte im Erdgeschoss betrat, wusste er, warum ihn sein erster Impuls zu Fabrizio führte, um ihm zu berichten.
Ich werde nicht mehr der Diener der Colonnas sein. Ich werde ihnen als Mitglied eines Adelsordensgleichgestellt

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