Mit deinen Augen
sehen aus wie Maden«, sagt sie.
Unser Haus bietet alles, was eine Termite sich nur wünschen kann: Feuchtigkeit, Nässe, jede Menge Holz.Wenn sie nicht von allein wieder verschwinden, muss ich das Haus ausräuchern lassen, es in ein Zelt wickeln und mit Gift besprühen.Wohin würden wir so lange gehen? Man stelle sich uns auf der Straße vor! Alex schnippt eine Termite von ihrem Reis, Scottie zupft eine von ihrem Huhn, die rote Barbecue-Soße hat ihr die Flügel verklebt. Ich stehe auf und lösche alle Lampen, dann knipse ich die Poolbeleuchtung an. Die Termiten werden dem Licht folgen und ertrinken.
Im Dunkeln setze ich mich wieder hin, und wir essen weiter. Ich kann die Mädchen kaum unterscheiden. Eine von beiden rülpst. Beide lachen.
Ich trinke einen Schluck von meinem Wein, und das Glas erinnert mich an meine Mutter und an eine Muttertagsaktion, mit der ich sie überraschte, als ich noch ganz klein war. Ich wollte ihr das Frühstück ans Bett bringen. Sorgfältig legte ich ein Salatblatt in ein Rotweinglas, dann gab ich Müsli und Milch dazu. Ich fand das sehr cool von mir. Bestimmt gefiel es meiner Mutter: Müsli mit eleganter Verzierung. Als sie ihre Überraschung sah, lachte sie, und ich dachte damals, sie lacht vor Entzücken. Ich schaute ihr zu, während sie ihr Müsli aus dem hübschen Weinglas aß, dazu das grüne Salatblatt, in Milch getunkt. Als die Mädchen klein waren, habe ich mir überlegt, mit welchen absurden Gaben sie mich in Erstaunen versetzen könnten, wie sie meine Wünsche interpretieren würden, aber ihre Geschenke waren nie extravagant. Eigentlich immer nur Glückwunschkarten.
»Wie kommt es, dass ihr mir zum Vatertag nie etwas Verrücktes geschenkt habt?«, frage ich die Mädchen.
»Du magst nichts Überflüssiges«, sagt Alex.
»Du magst keinen Krimskrams«, sagt Scottie.
»Na ja, jetzt mag ich’s«, sage ich, »nur damit ihr’s wisst. Ich mag Überflüssiges, und ich mag Krimskrams.«
»Okay«, sagt Scottie.
»Das ist gut«, sagt Alex. »Das Huhn.«
Das Kompliment macht mich stolz. Ich fühle mich wie Joseph in ihrer Geschichte - als hätte ich gerade gelernt, für jemanden zu sorgen. Am Ende von Alex’ Geschichte bringt Joseph das Jesuskind dazu, ein Bäuerchen zu machen, und wiegt es dann in den Schlaf. »Weine nicht, kleines Baby«, singt er. »Ich bin bei dir.«
Während die Mädchen den Tisch abräumen, gehe ich ins Wohnzimmer, mit einem Teller für Sid. Er nimmt die Füße vom Couchtisch, als er mich sieht, und da merke ich erst, dass er telefoniert. Ich will schon kehrtmachen, um ihn nicht zu stören, aber er verabschiedet sich.
»War das deine Mutter?«, frage ich ihn.
»Nein«, sagt er. Sein Blick fällt auf den Teller in meiner Hand. Ich reiche ihn ihm.
»Danke«, sagt er.
»Du hättest dich ruhig zu uns setzen können«, sage ich.
»Ist schon okay.«
Der Abglanz der Fernsehbilder flackert über sein Gesicht, erst blau, dann grün, dann schwarz. Ich überlege, ob ich Licht machen soll, aber dann sehe ich, dass eine Termite über den Bildschirm läuft. Wir sollten lieber im Dunkeln bleiben.
»Hör zu«, beginne ich. »Ich weiß es zu schätzen, dass du dich von mir fernhältst. Aber - vergiss es. Benimm dich einfach ganz normal, so wie immer. Das war besser.«
Er legt die Füße wieder auf den Couchtisch. Ich sehe Dreck im Sohlenprofil.
»Stimmt alles zwischen dir und Alex?«
»Ja, klar«, sagt er. »Wieso?«
»Scottie sagt, du hast dich gestern Abend mit ihren Freundinnen abgegeben.«
»Oh, bitte, diese Mädchen sind bekloppt. Ich hab ihnen was zu rauchen gegeben.«
»Sehr gut, Sid. Ich bin sehr froh, dass du sie mit Drogen versorgst.«
»Entschuldigung«, sagt er. »Ich vergesse manchmal, dass Sie so was wie ein Vater sind.«
»Wieso hat deine Mom dich rausgeschmissen?«, frage ich.
»Ich habe etwas gesagt, was ihr nicht gepasst hat.«
»Und was war das?«
»Dass der Tod meines Dads das Beste ist, was uns passieren konnte. Ich hab’s nicht so gemeint, aber ich hab’s gesagt.«
Er schaut auf den Teller in seinem Schoß und nimmt das Huhn in die Hand.
»Warum hast du das gesagt?«
Seine Lippen sind rot von der Barbecue-Soße. Er kaut, und ich warte, bis er schluckt, aber das dauert eine ganze Weile.
»Wollen Sie sich nicht hinsetzen?«, fragt er mit vollem Mund.
Ich setze mich neben ihn und lege die Füße auch auf den Couchtisch, der eigentlich nur ein großer lederner Hocker ist, denn nach Joanies Meinung sind die üblichen
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