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Mit deinen Augen

Mit deinen Augen

Titel: Mit deinen Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaui Hart Hemmings
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Couchtischchen passé. »Lara hat einfach auf ihren Lederhocker ein Tablett gestellt. Das finde ich gut«, sagte sie.
    »Aber dann hat man doch viel zu wenig Platz«, habe ich entgegnet.
    »Dafür sieht es hübsch aus«, war ihre Antwort.
    Ich weiß nicht mehr, was wir sonst noch über den Hocker geredet haben. Ich glaube, das war’s.
    Ich schaue auf den Bildschirm. Zu sehen ist ein Fitness-Studio mit massenhaft Frauen. Sie stellen den Fuß auf die Bank, nehmen ihn wieder herunter, nach dem Rhythmus der Musik, und die Chefin ruft: »Und eins und zwei und zusammenkneifen.« Dabei deutet sie auf ihren Hintern.
    Sid zappt weiter. Bilder erscheinen und verschwinden, bis er bei einem bärtigen Mann landet, der eine Wiese malt.
    »Der Typ ist gut«, sagt Sid.
    »Du weißt ja, Sid, dass es Alex im Moment auch nicht gerade leicht hat und …«
    Er unterbricht mich. »Ach, tatsächlich?«
    »Vielleicht solltest du dich genauso um sie kümmern, wie sie sich um dich kümmert.«
    »Sie ist nur mit mir zusammen, weil wir einander nicht zu trösten brauchen«, sagt er. »Die Scheiße, die wir beide durchmachen, neutralisiert sich gegenseitig.«
    Ich denke an meine Beziehung zu Joanie.Verliebt sich heute eigentlich keiner mehr?
    »Du wolltest mir erklären, wieso du so was zu deiner Mutter sagst, nachdem sie gerade ihren Mann verloren hat.«
    »Wollte ich nicht«, sagt er.
    »Sid, ich bitte dich darum.«
    »Okay«, sagt er. Er pult etwas aus den Zähnen und holt tief Luft. »Ich habe eine Freundin, oder besser, ich hatte eine Freundin. Eliza.Wir waren fünfzehn.Wir hingen ständig miteinander rum. Sie war eine von uns Jungs. Dieses Mädchen. Ich hab nie mit ihr geknutscht, obwohl ich Lust gehabt hätte, und sie hätte auch Lust gehabt, glaube ich.« Er wischt sich mit der Papierserviette den Mund ab, knüllt die Serviette zusammen und wirft sie in Richtung Papierkorb, trifft aber nicht. »Ich heb sie nachher auf«, verspricht er. »Jedenfalls hat sie oft bei uns übernachtet, Eliza. Nicht in meinem Zimmer. Sie hat auf dem Sofa im Wohnzimmer geschlafen. Dad mochte sie auch. Sie haben immer Witze miteinander gemacht. Einmal hat mein Dad uns Bier angeboten, und wir waren total begeistert, weil wir im Grund die ganze Zeit nur darauf gelauert haben, irgendwie an Alkohol ranzukommen. Aber mir hat er zugeflüstert, es ist ein Scherz, es ist alkoholfreies Bier, aber wir sollten Eliza testen und sehen, ob sie so tut, als wäre sie betrunken.Wir tranken also das Bier, und Eliza hat gelacht und gelacht und lauter Quatsch geredet, und dann ist sie sogar über die Küchenstufe gestolpert. Als mein Dad es ihr schließlich gesagt hat, wurde sie total defensiv und sagte, sie hätte sich auch ohne Bier so benommen, egal, ob mit oder ohne Alkohol.«
    »Es war ihr peinlich.«
    »Ja, klar. Ich meine, es war ja auch ziemlich gemein, wenn man sich’s überlegt. Als sie das nächste Mal gekommen ist, wollte mein Dad es wiedergutmachen und hat uns ein echtes Budweiser gegeben. Wir tranken es draußen, am Picknicktisch. Ein paar von Dads Freunden kamen, und sie spielten Poker.Wir gingen in mein Zimmer und haben Musik gehört. Wir waren beide ziemlich zu, aber dadurch hatten wir eine gute Ausrede, endlich mal rumzuknutschen, und das haben wir dann auch getan. Es kam ganz von allein.« Sid lächelt in sich hinein. »Ich weiß noch genau, wie froh ich war, dass wir endlich aufhören können, so zu tun, als wären wir nur Freunde.«
    Ich frage mich, ob es zwischen ihm und Alex ähnlich läuft. Was bedeuten sie einander wirklich?
    »Also haben wir rumgemacht. Ich meine, nicht so richtig, wir haben uns nur geküsst, aber schon ziemlich heftig, wenn Sie verstehen, was ich meine. Und dann sehe ich etwas aus dem Augenwinkel. Es ist mein Dad. Er steht in der Tür. Wir lagen auf dem Fußboden, sie saß auf mir, wir waren angezogen, aber sonst ging’s zur Sache. Mein Dad schaute nur zu, und als er merkte, dass ich zu ihm rübersehe, hat es noch einen Moment gedauert, bis er kapiert hat, dass ich ihn sehen kann, weil er nur auf Elizas Rücken starrte. Ich habe sie von mir runtergestoßen, und er schaute uns nur an, mit so einem ganz komischen Gesicht. Als hätten wir ihn ertappt. Eliza saß nur da, ich weiß auch nicht - ich habe vergessen, was sie gemacht hat.
    Dann hat mein Dad gesagt: ›Eliza, du solltest dir besser einen anderen Schlafplatz suchen.‹ Das war alles, und er hat gewartet, bis sie aufsteht und an ihm vorbeigeht, runter zum Sofa. Als sie weg war,

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