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Mit deinen Augen

Mit deinen Augen

Titel: Mit deinen Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaui Hart Hemmings
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zu sein. Er hat es gesagt, weil es teilweise stimmt, trotz aller Schmerzen. Im Grunde war es sehr mutig von ihm, das auszusprechen.
    Ich könnte Scott sagen, dass nicht Geld mein Leben verbessert, sondern der Tod seiner Tochter. Tief in meinem Inneren weiß ich das. Ich wollte nicht in diese Lage kommen, ich habe es ihr nicht gewünscht, doch nun, da es passiert ist und ich weiß, was noch geschehen wird, bin ich trotzdem voller Zuversicht, dass meine Mädchen es überstehen und starke, interessante Menschen werden und dass ich ein guter Vater sein kann und dass wir ein besseres Leben haben werden als das Leben, das wir erwartet haben. Wir drei werden gut miteinander auskommen, Joanie. Es tut mir leid.
    »Ich habe gar keine Wahl getroffen«, sage ich zu Scott. »Ich habe nicht verkauft.«
    Die Mädchen mustern mich verdutzt. Alex grinst. Ich bin nicht sicher, warum, und ich habe ja auch keine Ahnung, was mein Entschluss für sie bedeutet, aber ich freue mich, dass sie einverstanden ist.
    »Ich behalte das Land im Familienbesitz, obwohl es eine ziemliche Belastung ist. Ich muss sehr viel Arbeit investieren.«
    »Es geht mich ja nichts an«, sagt Scott.
    Ich möchte herausschreien, dass ich es festhalte, dass ich alles festhalte - das Leben hat mich überrumpelt, und ich wende nun meinerseits dem Leben gegenüber meine eigene kleine Überrumpelungstaktik an.
    Scott erhebt sich und geht zu Joanie. Er begutachtet die Blumen, als würde er Bücher auf einem Regal durchgehen, und dann lacht er. »Dadurch hast du garantiert verschiedene Leute in Rage gebracht.« Er scheint fast stolz auf mich zu sein.
    »Stimmt. Und ich bekomme sicher noch einiges um die Ohren gehauen.« Obwohl das, was ich getan habe, durchaus im Rahmen ist und auch juristisch abgesichert, schließe ich es nicht aus, dass irgendein spitzfindiger Anwalt einen winzigen Riss in der Wand entdeckt, durch den er sich einschleichen kann.
    Alice schaut auf Sids Zeitschrift. Ihre Augen sind riesig, wie bei einer Eule. »Können wir jetzt gehen?«, fragt sie.
    »Nein, Mom«, sagt Barry.
    »Wieso nicht?«
    »Weil …«
    »Doch, Alice«, sagt Scott. »Wir können gehen.« Er legt die Hände aneinander und blickt auf seine Tochter hinunter. Die Mädchen drehen sich erschrocken zu mir.
    »Alex. Scottie«, sage ich. »Sid.« Mit einer knappen Handbewegung deute ich zur Tür, und sie folgen mir hinaus auf den Flur.
    »Tut er’s jetzt?«, fragt Alice.
    »Ich glaube, ja«, sage ich.
    Wir gehen ein paar Schritte in die eine Richtung, drehen um, wandern in die andere Richtung. Nur Scottie bleibt stehen und schaut zu. Nach einer Weile stellen wir uns zu ihr, aber wir blicken den Flur hinunter, vielleicht, weil wir nicht zugeben wollen, dass wir doch gern wüssten, wie man es macht. Scott schließt die Augen und fasst Joanie an den Schultern, aber er sagt nichts. Barry beobachtet ihn auch, ängstlich und ehrfürchtig zugleich.
    »Betet er?«, fragt Sid.
    »Nein«, sage ich.
    Alice entfernt sich vom Bett, und Scott schaut ihr nach, dann konzentriert er sich wieder auf seine Tochter, hält sich die Hand vor den Mund und presst die Augen zusammen. Nach einem Moment öffnet er die Augen wieder und legt Joanie die Hand auf die Stirn, streicht ihre Haare zurück und lässt seine Hand auf ihrem Kopf liegen. Dann geht er zu Alice, nimmt sie an der Hand und führt sie zur Tür. Wir weichen zurück.
    Er wirft mir einen kurzen Blick zu, ehe er den Flur hinuntergeht. Es ist ein Blick, den ich kenne. So sieht mich der Gegenanwalt immer an, wenn er gegen mich verliert und sich ärgert, weil ich mit irgendetwas durchgekommen bin. Es ist ein Blick, der auf dumme Art sagen will, dass ich Glück habe.

41
    Joanie scheint verändert, nachdem ihr Vater sich von ihr verabschiedet hat. Als hätte sein Weggang sie ein Stück weiter in die Nichtexistenz geschoben. Es fällt mir schwer, sie anzuschauen, weil ich immer denken muss, dass ihre Eltern sie nie wieder sehen werden. Alles ist anders. Wir bleiben auf dem Flur, damit Barry allein mit ihr sein kann.
    »Kann Grandpa uns jetzt nicht mehr leiden?«, fragt Scottie. Die Frage habe ich mir auch schon gestellt. Wird er mit uns Kontakt halten? Aber das kommt vermutlich auf mich an. Ich muss dafür sorgen, dass er seine Enkelkinder sieht. Ich muss dafür sorgen, dass er gepflegt wird. Er gehört jetzt auch mir, denke ich. Die Köpfe der Mädchen sehen von oben ganz ähnlich aus. Das fällt mir zum ersten Mal auf. Eine weiße Hautschneise in der Mitte,

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