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Mit deinen Augen

Mit deinen Augen

Titel: Mit deinen Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaui Hart Hemmings
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bin allein mit Julie. Ich muss ihr sagen, dass meine Frau nie wieder gesund wird. Obwohl ich am Strand das Gegenteil behauptet habe. Ich muss ihr sagen, dass sie gehen soll. Ich trete an Joanies Bett.
    »Ich weiß Bescheid«, sagt Julie.
    Sie steht am Fenster und berührt fast die Lamellen, diese vertikalen Dinger, die Joanie nicht ausstehen konnte. Ich hatte welche in meinem Arbeitszimmer. »Die sehen doch aus wie bei einem Berufsanfänger«, sagte sie, als sie bei mir einzog. Sie waren schon drin, als ich das Haus kaufte, und ich hätte sowieso alles gelassen, wie es war - Fußböden, Küchenregale, Patio, Garage, Dach -, wenn Joanie mich nicht auf die Mängel hingewiesen hätte. Sie verlängerte den Weg im vorderen Garten, pflanzte drei verschiedene Farnsorten an, vergrößerte das Dach und stützte es mit Holzsäulen ab, sodass die Fassade zwar feudal, aber dennoch sehr einladend aussah. Sie riss den Teppichboden heraus, riss die Blümchentapeten von den Schlafzimmerwänden, renovierte die Küche, die Badezimmer. Sie handelte mit den Handwerkern günstige Bedingungen aus, sie arbeitete hart und verwandelte die alte Villa in ein wunderschönes Zuhause, und als ich das Ergebnis sah, konnte ich mir gar nicht mehr vorstellen, wie ich den vorherigen Zustand ausgehalten hatte.
    »Matt?«, sagt Julie.
    »Ja«, sage ich. »Ja, Julie.«
    »Nun, deshalb bin ich hier«, sagt sie. »Weil ich Bescheid weiß. Ich bin hier, weil mein Mann nicht kommen wollte.«
    Während ich ihr zuhöre, wühle ich aus irgendeinem Grund in den Hosentaschen und ertaste eine kleine Kugel - Papier oder nur ein Fussel? Ich wüsste gern, was es ist.
    »Ich weiß, dass er mit ihr geschlafen hat. Ich weiß, dass sie … dass es ihr nicht gut geht.«
    »Sie wird sterben«, sage ich.
    »Ich weiß gar nicht, was ich hier soll.«
    »Tut mir leid.«
    »So meine ich das nicht. Das heißt - was tut Ihnen leid?«
    »Ich hätte nicht einfach zu Ihnen kommen dürfen. Ich wusste nicht, dass er Familie hat. Es tut mir leid.«
    Sie schaut erst zum Fußende des Bettes, dann in Joanies Gesicht.
    »Joanie ist sehr schön«, sage ich. »So sieht sie normalerweise nicht aus.«
    Sie nickt. »Ich fühle mich furchtbar«, murmelt sie. »Aber ich bin wütend.« Sie fängt an zu weinen. »Ich bin so wütend auf die beiden!«
    »Ich bin auch wütend. Und es ist wirklich seltsam - ein extrem unangenehmes Gefühl.«
    Sie wischt sich die Tränen ab.
    »Wann hat er es Ihnen gesagt?«, frage ich.
    Sie scheint überrascht. »Mein Mann?«
    »Ja. Hat er es Ihnen gesagt, als wir weg waren? Ist etwas passiert?«
    »Er hat mir gar nichts gesagt«, sagt sie. »Ich weiß es von Sid. Sid hat mich gestern angerufen. Mein Mann und ich sind völlig durchgedreht. Das können Sie sich bestimmt vorstellen.«
    »Sid«, sage ich. »Hm.«
    »Es ist nur so, dass...« Sie lacht und fächelt sich mit der Hand Luft zu. Soll ich sie lieber einen Moment allein lassen? Ich schaue zur Decke, aber dann kann ich meine Irritation nicht länger überspielen.
    »Wieso lachen Sie?«, frage ich.
    »Alles ist so schrecklich«, sagt sie.
    »Julie«, sage ich, »es tut mir wirklich leid, aber damit kann ich mich jetzt nicht auseinandersetzen. Ich möchte mit meiner Frau zusammen sein.«
    »Ich weiß«, entgegnet sie fast ärgerlich. »Ich fand es nur so schlimm, dass mein Mann nicht kommen wollte. Ich bin hier, weil ich sein Verhalten nicht richtig finde. Ich wollte mich bei Ihrer Frau dafür entschuldigen.«
    Ich wüsste gern, ob das Schicksal meiner Frau sie irgendwie auch mit Genugtuung erfüllt. Es passt mir nicht, wie sie da bei Joanie steht. Der Kontrast zwischen einer gesunden Frau und einer sterbenden Frau ist krass. Julies Gesicht ist gebräunt von den Tagen am Strand. Im Vergleich zu ihr wirkt Joanie so winzig, so reduziert. Mich überkommen Beschützerinstinkte, ich fühle mich Joanie tief verbunden, ich empfinde eine innige Liebe. Ich möchte ihre Hand halten und Julie rausschicken.
    »Er hat mir alles erzählt«, sagt Julie, und ich weiß nicht, ob sie mit mir oder mit Joanie redet. »Ich verzeihe Ihnen, dass Sie versucht haben, ihn zu bekommen, dass Sie meine Familie auseinanderreißen wollten.«
    »Halt! Tun Sie das nicht.«
    Sie will noch mehr sagen, wahrscheinlich hat sie sich das vorher alles zurechtgelegt, aber ich lasse nicht zu, dass sie eine Frau attackiert, die sich nicht verteidigen kann. Ihre sanfte Nettigkeit hat sich in Luft aufgelöst. Sie bildet sich ein, etwas Edles zu tun, aber in

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