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Mit deinen Augen

Mit deinen Augen

Titel: Mit deinen Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaui Hart Hemmings
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Küche fertig waren. Ich ließ es also hüpfen. Es blieb haften. Joanie schaute mich an, versuchte, ihr Interesse zu kaschieren, aber ich wusste, dass sie angebissen hatte. Ich wusste, dass sie mit mir mithalten wollte. Sie schluckte den letzten Bissen hinunter, trank einen kräftigen Schluck Wein, legte dann ein Bananenstück auf ihre Serviette und nahm eine günstige Position ein, um es in die Luft sausen zu lassen. Es blieb nicht hängen.
    »Null zu eins«, sagte sie, und damit war das Spiel eröffnet. Wir saßen stundenlang da, bis wir keinen Wein und keine Bananen mehr hatten.
    Ich zeige also Scottie das Spiel, das ich mit ihrer Mutter gespielt habe.
    Sie schaut zum Fernseher, dann zu mir und beschließt mitzumachen. Ich sehe zu, wie sie ein Stück Banane hochwirft, die Zungenspitze zwischen die Lippen geklemmt. Sie schafft nicht, dass es haften bleibt, aber das stört sie nicht. Sie lacht und schleudert mit ganzem Körpereinsatz das nächste Stück zur Decke. Als es ihr gelingt, dass eines oben bleibt, schreit sie »Getroffen!« und erntet dafür einen vorwurfsvollen Blick von Allison. Jetzt hält sie die Schale in der Hand, aber ich hindere sie daran, sie zu werfen, also nimmt sie das größte Stück Banane. Sie ist ein bisschen überdreht, finde ich. Das passiert in letzter Zeit öfter, dass sie plötzlich solche euphorischen Anfälle kriegt. Sie macht ein Karategeräusch - »Hi-ya!« - und wirft, aber ihre ausgeflippte Energie bewirkt, dass die Banane quer durch den Raum fliegt, an die Decke klatscht und herunterfällt. Auf ihre Mutter. Allison nimmt abrupt den Make-up-Pinsel von Joanies Gesicht und lehnt sich zurück. Es ist still im Raum. Das zermatschte Stück liegt auf dem weißen Laken, mitten auf Joanie. Allison schaut zuerst mich an, dann die Banane. Mit einem Blick, als läge da ein Häufchen Kot.
    Scottie macht ein Gesicht, wie wenn sie etwas ganz Schreckliches verbrochen hätte. Ich gebe ihr ein neues Stück Banane. »Hier, Scottie. Versuch’s noch mal. Eine lockere Bewegung aus dem Handgelenk genügt. Man braucht nicht … zu übertreiben.«
    Sie nimmt das Stück nicht an, sondern geht einen Schritt zurück und hält sich unten an meinem Hemd fest. Ich nehme ihre Hand weg. »Komm. Ist doch nicht schlimm. Kein Drama.«
    »Wir können das nicht auf Mom liegen lassen«, sagt sie.
    Ich schaue auf das Bananenstück. »Dann nimm’s weg.«
    Sie rührt sich nicht.
    »Soll ich es tun?«
    Sie nickt.
    Ich gehe zum Bett meiner Frau und entferne die matschige Banane.
    »Da. Kein Problem. Hier«, sage ich und will es Scottie geben. »Versuch’s noch mal.« Aber sie schaut mich nicht an. Sie stößt gegen meine Hüfte; ich bin ihr im Weg. Unser Spiel ist aus. Sie geht zurück zu ihrem Stuhl und zum Schutz des Fernsehers. Ich werfe das Bananenstück an die Decke, wo sie kleben bleibt, dann setze ich mich ebenfalls hin. Allison blickt nach oben.
    »Was ist?«, frage ich sie. Blöde Kuh. Allison.
    »Sie haben eine seltsame Art im Umgang mit Kindern«, sagt sie. »Sehr eigenartig, wie Sie das machen.«
    »Wie wir das machen, bewährt sich ganz gut, danke.«
    Sie schaut nun zu Scottie, die völlig absorbiert ist von einer Sendung, in der Männer irgendeinen Wettkampf vollführen, bei dem man Autoreifen werfen muss.
    »Verstehe«, sagt Allison und macht sich wieder daran, meine Frau zu verschönern.
    »Eltern sollten nicht gezwungen werden, ihre Persönlichkeit zu deformieren«, brummelt Scottie.
    Ich habe gehört, wie Joanie das zu Alex sagte, als diese sich einmal beschwerte, Joanie kleide sich zu jugendlich. »Eltern sollten nicht gezwungen werden, ihre Persönlichkeit zu deformieren.« Alex fragte, ob sie die Persönlichkeit einer Prostituierten habe, und meine Frau sagte: »Ja, klar. Was sonst?«
    »Also gut, Scottie. Komm schon. Du hast etwas zu sagen. Der Arzt kommt gleich, und ich muss allein mit ihm sprechen, also fang an. Leg los.«
    »Nein«, entgegnet sie. »Sag du was.«
    Ich sehe Joanie an und überlege. Ich muss mir etwas Interessantes einfallen lassen. »Joanie«, sage ich. »Ich will dir nur ein paar Sachen erzählen.« Worüber könnte ich reden? So leicht ist das gar nicht. »Wir vermissen dich. Wir können es kaum erwarten, bis du wieder heimkommst.«
    Scottie ist völlig unbeeindruckt.
    »Wenn du hier rauskommst, gehen wir ins Buzz’s«, sage ich. Das Buzz’s ist eins ihrer Lieblingsrestaurants, und wir gehen oft hin. Und jedes Mal landet sie an der Bar mit irgendwelchen Studenten, die hier

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