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Mit deinen Augen

Mit deinen Augen

Titel: Mit deinen Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaui Hart Hemmings
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muss zugeben, Joanie fände es bestimmt gut. Sie ist gern schön. Sie möchte strahlend und hinreißend aussehen - das sind ihre Worte.
    Viel Glück, habe ich immer zu ihr gesagt. Viel Glück beim Erreichen deiner Ziele.
    Wir sind nicht besonders nett zueinander, glaube ich. Das war von Anfang an so. Als hätte bei uns schon an dem Tag, als wir uns kennenlernten, das verflixte siebte Jahr angefangen. An dem Tag, an dem sie ins Koma fiel, habe ich gehört, wie sie zu ihrer Freundin Shelley sagte, ich sei unmöglich und würde meine Socken über jede Türklinke im Haus hängen. Bei Hochzeiten verdrehen wir immer die Augen angesichts des überwältigenden Liebesglücks um uns herum, angesichts der Schwüre, von denen wir wissen, dass sie sich mit der Zeit in neue Versprechen verwandeln werden: Ich schwöre dir, dass ich dich nicht küssen werde, wenn du lesen willst. Ich werde dich ertragen, wenn du krank bist, und dich ignorieren, wenn du gesund bist. Ich verspreche, dir zu gestatten, diese bescheuerte Sendung über Promis zu gucken, weil du von deinem eigenen Leben so enttäuscht bist.
    Joanie und ich wurden von ihrem Bruder Barry gedrängt, wir sollten doch, wie jedes anständige Paar, eine Paartherapie machen. Barry ist ein großer Couch-Anhänger, er glaubt an wöchentliche Therapiesitzungen, an Achtsamkeit und Pulspunkte. Einmal wollte er uns ein paar Übungen beibringen, die er in einer Sitzung mit seiner Freundin gelernt hatte. Wir mussten uns gegenseitig Gründe nennen, abstrakte oder auch konkrete, weshalb wir zusammenbleiben. Ich sagte als Erstes, Joanie betrinke sich und tue so, als wäre ich jemand anderes, und dann mache sie so tolle Sachen mit der Zunge. Joanie sagte, wegen der Steuervorteile. Barry weinte. Er weinte richtig. Seine zweite Ehefrau hatte ihn kurz vorher verlassen wegen eines Typs, der verstand, dass ein Mann keine ehrenamtliche Arbeit macht.
    »Hör schon auf, Barry«, sagte Joanie. »Nimm dich zusammen. So läuft das eben bei uns.«
    Ich stimmte ihr zu. Als sie zu Shelley sagte, ich sei nutzlos, hörte ich das Lächeln in ihrer Stimme und wusste, dass sie nur so tat, als wäre sie deswegen genervt. Eigentlich wüsste sie gar nicht, was sie ohne meine Nutzlosigkeit anfangen würde, genauso wenig wie ich weiß, was ich ohne ihre Nörgeleien tun würde. Ich muss mich korrigieren. Es ist nicht so, dass wir nicht nett zueinander sind; nein, wir fühlen uns so wohl miteinander, dass wir wissen, wir können uns Sarkasmus und schlechte Laune leisten und müssen nie aufpassen, wohin wir treten.
    »Ihr seid beide so herzlos«, sagte Barry an dem Abend. Wir saßen im Hoku’s im Kahala Resort, und Joanie war etwas zu lässig gekleidet, in Jeans und einem weißen, tief ausgeschnittenen Top. Ich erinnere mich, dass ich heimlich auf ihren Busen starrte. Für die normalen Restaurants zog sie sich oft sehr schick an und für die eleganten eher schlicht. Ich weiß noch, dass sie Onaga bestellte und ich das gerillte Kiawe-Schweinesteak.
    »Das schmeckt fantastisch«, sagte sie, als sie von meinem Teller probierte. »Sehr lecker!«
    Ich tauschte mir ihr, und wir aßen weiter, genossen die Mahlzeit, den Blick auf den Ozean und das Gefühl der Zufriedenheit, das einen überkommt, wenn man das perfekte Restaurant ausgewählt hat. Ich hob mein Glas, und sie stieß mit mir an, ein zärtlicher Moment, der ausdrückte, dass wir ein Team waren, egal, was Barry behauptete.

    Tia oder Tara hat aufgehört, Make-up auf das Gesicht meiner Frau aufzutragen, und mustert jetzt Scottie sehr kritisch. Das Licht fällt auf Tia-Taras Gesicht, und ich muss leider feststellen, dass sie zur Abwechslung mal an ihrem eigenen Make-up arbeiten sollte. Die Grundfarbe erinnert an einen braunen Briefumschlag. In den Augenbrauen hat sie weiße Flecken, und der Abdeckstift deckt nicht ab. Ich merke, dass der prüfende Blick dieser Frau meine Tochter irritiert.
    »Was ist?«, sagt Scottie. »Ich will kein Make-up.« Sie schaut mich Hilfe suchend an, und es bricht mir das Herz. Alle Frauen, die mit Joanie als Model arbeiten, verspüren diesen Drang, meine Tochter zu schminken, und bilden sich ein, sie würden ihr damit irgendwie helfen. Sie ist nicht so hübsch wie ihre ältere Schwester oder ihre Mutter, und diese Models glauben, wenn sie ein bisschen Rouge auftragen, dann würde sie sich besser fühlen, was ihr Gesicht angeht. Diese Frauen sind wie Missionare. Mascara-Fundamentalistinnen.
    »Ich wollte nur sagen, dass ich denke, deiner

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