Mit deinen Augen
im Nichts. Er klopft mir auf den Rücken. »Das wird schon wieder.«
»Ja, klar.« Ich muss diesem Gespräch irgendwie entkommen, und ich weiß auch schon, wie. »Sag mal - bist du mit dem Wagen hier?«
»Ja«, sagt er. »Soll ich dich mitnehmen? Zum Princeville?«
»Das wäre klasse.«
Sid kommt mit unserem Gepäck. Seine Augen sind blutunterlaufen. Die Kifferei macht ihn stumm. Soll ich ihn zur Rede stellen, weil er in meinem Haus Gras raucht? Kifft Alex auch? Oder soll ich mich lieber raushalten? Mich aus der Verantwortung stehlen. Alles laufen lassen. Ganz entspannt.
»Alles klar?«, frage ich Sid.
»Wie bitte?«
»Alles klar, habe ich gesagt.«
»Ja«, sagte Sid. »Mir gehen nur ein paar Sachen durch den Kopf.«
Wir folgen Ralph zum Parkplatz. Ich lasse bewusst die Schultern sinken und hole tief Luft. Ich betrachte meine Angehörigen, die vor mir gehen. Von hinten sehen sie alle ganz normal aus. Richtig gut sogar.
Ralph hat einen Jeep Wrangler, was Scottie und auch Alex nur minimal in Begeisterung versetzt. Sids Haare werden hochgepustet, sodass er aussieht, als säße er auf dem elektrischen Stuhl. Es ist das unbequemste Auto, in dem ich je gesessen habe. Selbst auf der geraden, ebenen Strecke erscheint es mir völlig unkontrollierbar.
»Ich verhungere«, schreit Scottie vom Rücksitz, dann höre ich ein »Au!« und frage mich, ob Alex sie geschlagen hat. Ich will es nicht wissen.
»Wie ich sehe, hast du ein Ducati-T-Shirt an.« Ralph mustert Alex im Rückspiegel. »Kannst du sie fahren?«
»Ja«, sagt Alex. »Meine Mom hat’s mir beigebracht.«
»Was?«, schreit er gegen den Fahrtwind.
»Ja!«, schreit Alex.
»Hat deine Mutter es dir beigebracht? Oder der hier?« Er boxt mich auf den Arm, und ich schaue auf die Stelle, an der seine Faust mich berührt hat.
»Meine Mutter«, sagt Alex.
Joanie fuhr eine Ducati. Es wundert mich, dass Alex das T-Shirt trägt. »Wo hast du Joanie gesehen?«, frage ich Ralph. Es wäre beschämend, wenn alle außer mir über ihren Liebhaber Bescheid wüssten. Ihren Liebhaber! Guter Gott.
»Bei der letzten Aktionärsversammlung«, sagt Ralph.
»Joanie?«
»Ja. Weißt du das nicht mehr?«
»Doch, klar.« Ich habe keine Ahnung, wovon er redet. »Ich erinnere mich.« Ist sie in einen Flieger gehüpft, auf eine Aktionärsversammlung gegangen und pünktlich zurückgekommen, um Scottie abzuholen? Irgendwie kann ich mir das nicht vorstellen.
»Du kannst echt froh sein, dass sich jemand so leidenschaftlich für deine Belange einsetzt.«
»Stimmt«, sage ich.
»Ich hab Hunger!«, schreit Scottie.
Ralph biegt von der Hauptstraße in die Kapaa Street ab und fährt auf den Parkplatz vor dem Fischmarkt. Der Kies knirscht unter den Reifen, und als er bremst, werden wir erst nach vorn, dann nach hinten geschleudert. Ich gebe Alex Geld, damit sie uns irgendetwas gegen den akuten Hunger holt. Sid steigt aus. Scottie folgt ihm. Er streckt die Arme über den Kopf und beugt sich nach rechts. Scottie begutachtet seinen Bauch.
Während sie in den Laden gehen, frage ich Boom: »Was hat sie denn gesagt, auf der Versammlung?«
»Ach, sie hat gesagt, es wäre lächerlich, Holitzers Angebot nicht anzunehmen. Er habe einen soliden Plan und würde Kauai so viele Möglichkeiten eröffnen und so weiter. Und du, als größter Anteilseigner und direkter Nachkomme, würdest dir von uns allen Unterstützung erhoffen - weil es ja sowieso passieren würde, mit oder ohne unsere Zustimmung. Genau so hat sie’s formuliert. Verschiedene Leute waren ganz schön vor den Kopf gestoßen. Ich weiß ja auch nicht, was ich von Holitzer halten soll. Sein Gebot ist nicht das höchste. Sollen wir nicht lieber das höchste Gebot nehmen? Wäre das nicht logisch?«
»Ihr gefällt sein Plan.« Ich schaue Ralph fragend an, weil ich auf weitere Details hoffe. »Sie findet es gut, dass er vorhat, Land an die Naturschutzbehörde zu verpachten. Den Rest will er einfach aufteilen und verschachern, oder?«
»Und neu erschließen, wenn die Pachtverträge auslaufen.«
»Klar.« Joanies Aktion leuchtet mir nicht ein. Alle Käufer haben mehr oder weniger die gleichen Pläne vorgelegt. Jeder will neue Investoren bringen, das Land erschließen und Häuser bauen und dann Land und Häuser verkaufen. Wieso schleicht sie sich hinter meinem Rücken zu einer Versammlung? Warum drangsaliert sie meine Vettern?
»Ich möchte mit euch zusammenarbeiten, Ralph. Das weißt du doch, oder? Mir ist klar, dass meine Stimme mehr
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