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Mit deinen Augen

Mit deinen Augen

Titel: Mit deinen Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaui Hart Hemmings
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wenn der Arzt sich irrt?«, fragt sie. »Was ist, wenn es ihr besser geht und sie aufwacht?«
    »Selbst wenn das passiert, wäre sie...«, ich suche nach einem passenden Wort, »… wäre sie völlig verändert.«
    »Ich weiß«, sagt Alex. »Das habe ich begriffen.«
    Ich schaue aus dem Fenster, auf die schroffe Küste von Kauai und die steilen Klippen. Normalerweise komme ich sehr gern hierher. Hier gibt es zweispurige Straßen, einspurige Brücken und endlose, menschenleere Strände. Das Leben hat ein gemächliches Tempo, und ich hoffe, dass sich die Gelassenheit auf mich überträgt. Was tut er gerade? Wartet er darauf, eine Brücke zu überqueren, sitzt er im Sitzungssaal eines Hotels, ist er bei einem Geschäftsessen, oder entspannt er sich am Strand? Ich wüsste gern, ob er weiß, wie ich aussehe, ob er in meinem Schlafzimmer war und Fotos von mir auf dem Nachttisch gesehen hat. Ich werde das Leben dieses Mannes durcheinanderbringen.
    Während des Landeanflugs schiele ich in Scotties Notizbuch, weil ich gern wüsste, was sie so sehr beschäftigt. Ich lese: Ich werde mich nicht über dicke Hawaiianer lustig machen. Ich werde mich nicht über dicke Hawaiianer lustig machen. Dieses Versprechen füllt die ganze Seite. Ich schaue zu Alex hinüber und gestikuliere in Richtung Scottie.
    »Was denn?«, sagt Alex. »Ich habe alles im Griff.«

    Scottie hält mit Sid nach unserem Gepäck Ausschau, und ich frage Alex, was Scottie glaubt, dass wir auf Kauai machen.
    »Ich habe ihr erzählt, dass wir nach einem Freund von Mom suchen.«
    Ich schaue mich im Flughafen um. Irgendwie erwarte ich dauernd, dass Brian auftaucht oder wenigstens ein anderer Bekannter. Man kann hier nirgendwo hingehen, ohne Bekannte zu treffen; auf einer Insel kann man sich nicht verstecken.Vielleicht sollten wir umziehen, in die Hügel von Arkansas oder an einen ähnlich lächerlichen Ort.
    Und schon höre ich ein »Ach nee - Matt King!« und zucke zusammen. Es ist die Stimme eines Cousins. Ich weiß nur leider nicht, welcher Cousin es ist. Ich kenne noch nicht mal sämtliche Namen - sie sehen alle gleich aus, wie gestriegelte Fuchswallache. Ich drehe mich um und sehe Ralph alias Boom - weiß der Himmel, was das bedeuten soll. Alle meine Cousins haben rätselhafte Spitznamen, die entweder irgendwie rauflustig oder seemännisch klingen. Ralph ist fast genauso angezogen wie ich: Khakishorts und Hawaiihemd, Badelatschen und Aktentasche - die Aktentasche als Beweis dafür, dass es in seinem Leben auch Pflichten gibt. Keine Ahnung, was er tut. Das weiß ich bei keinem von ihnen. Eins muss man meinen Cousins lassen: Sie sind weder raffgierig noch nervig oder großkotzig. Für sie gibt es nur einen Lebenszweck: Sie wollen sich amüsieren. Sie fahren Jetski und Motocross, sie surfen und paddeln, laufen Triathlon und mieten sich Inseln in Tahiti. Einige der einflussreichsten Hawaiianer sehen aus wie Faulenzer oder Stuntmen. Ich muss an die gemeinsame Familiengeschichte denken. Unsere Vorfahren kamen als Missionare auf die Inseln und erzählten den Hawaiianern, dass sie sich etwas anziehen sollen, fleißig arbeiten und mit dem Hula-Tanzen aufhören. Nebenbei machten sie gute Geschäfte mit ihnen, kauften eine Insel für zehn Riesen oder heirateten eine Königstochter und erbten ihr Land. Heute müssen ihre Nachkommen nicht mehr arbeiten, haben sich bis auf Shorts oder Bikini ausgezogen, spielen Beachvolleyball und lernen Hula-Tänze.
    Ralph haut mir auf den Rücken. Er grinst und nickt in einer Tour. Er schaut Alex an, und ich weiß, dass er ihren Namen vergessen hat. Sie verzieht sich zu Sid. Ich muss sie förmlich zurückschleifen, um Ralph nicht schutzlos ausgeliefert zu sein.
    »Du bist ziemlich braun gebrannt«, sage ich.
    Er grinst. »Ja, kann man sagen.« Ich weiß, dass die Bräune aufgesprüht ist. »Bist du hier, um mit den Cousins zu reden?«, fragt er. »Willst du dich rückversichern, dass sie mit deiner Entscheidung einverstanden sind?«
    »Nein«, erwidere ich. »Ehrlich gesagt - ich möchte meine Entscheidung treffen, ohne mich von der Mehrheit beeinflussen zu lassen.«
    »Gut«, sagt er und scheint verwirrt. »Wie geht’s Joanie?«
    »Unverändert«, sage ich.
    »Sie ist eine starke Frau«, sagt Ralph.
    »Ja«, sage ich. »Sie ist stark.«
    Wir tun beide so, als müssten wir uns auf das Gepäckband konzentrieren.
    »Ich habe sie vor ein paar Monaten gesehen«, sagt er. »Kurz bevor … Sie sah so gut aus.« Seine Augen fixieren einen Punkt

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