Mit deinen Augen
Blumenkranz gleich vom Balkon geworfen, und Scottie hat es ihm nachgemacht. Alex hat ihren zerrupft, während sie sich den Film angeschaut hat. Meiner ist wie ein Heiligenschein um die Nachttischlampe drapiert. Der Mann und die Frau erwecken den Eindruck, als wollten sie gleich wieder gehen, aber wahrscheinlich haben sie Angst, das könnte unhöflich wirken. Sie bleiben neben dem Eingang stehen und warten darauf, dass der Kellner ihnen einen Platz zuweist, doch dann geht der Mann einfach zum nächstbesten Tisch. Die Frau ruft ihm zu, er solle zurückkommen, zögert kurz, blickt sich um und folgt ihm. Der Bartender schaut woandershin. Er schlägt sich mit der Faust auf die Handfläche, im Rhythmus der Musik.
»Wie ist der Typ so, der in dem Cottage wohnt?« Ich trinke einen kräftigen Schluck.
»Er hat Glück«, antwortet Hugh. »Der Typ hat echt irres Glück. Seine Schwester ist mit diesem Typ verheiratet.«
»Mit welchem Typ?« Diese Unterhaltung führt zu nichts. Hugh wäre das ideale Folteropfer. Er würde nichts verraten, weil er gar nichts verraten könnte.
»Mit diesem Typ, mit dem ich Geschäfte mache.«
»Und das ist …?«
»Don Holitzer.«
»Don Holitzer? Ich glaub’s nicht, Hugh. Ich mache auch Geschäfte mit ihm, gewissermaßen. Erinnerst du dich?«
»Das habe ich doch gerade gesagt.«
Panikwellen überschwemmen mich. Ich habe das Gefühl, dass mich jemand reinlegen will.
»Das hab ich doch gerade gesagt«, wiederholt Hugh. »Dons Freund wohnt im Cottage.«
»Ach so«, sage ich. Es hat keinen Sinn, gegen die Panik anzukämpfen. Ich versuche, ein paarmal tief durchzuatmen, ohne dass man es merkt. Ich kann nur einen einzigen Gedanken denken: Don ist Brians Schwager. Don ist Brians Schwager .
»Interessant«, sage ich. »Mit einem Schwager wie Don hat er wahrscheinlich einen Volltreffer gelandet.« Ich habe das Gefühl, als hätte ich gerade eine Offenbarung gehabt, aber ich weiß noch nicht genau, was diese Offenbarung ist. Ich verstehe nicht, was daran Glück sein soll oder inwiefern sein Familienstatus Brian oder Joanie hätte nützen können. Man wird doch nicht reich, nur weil der Ehemann der Schwester massenhaft Kohle hat! Vielleicht bekommt man ab und zu irgendwelche Zuwendungen, aber steckt das hinter Joanies Entschlossenheit? Ich sehe nur die schlechten Seiten: Brians Kinder werden mit Dons Kindern spielen und ständig das Inventar vergleichen: Warum haben wir keinen Xbox iPod Roboter? Warum haben wir keinen Wasserfall im Swimmingpool? Warum haben wir keine neuen Autos und keinen Stab von Kinderpsychologen? Klingt wie die Hölle. Hatte Joanie es darauf abgesehen? Wollte sie dem Schwager ihres Liebhabers neue Geschäftsmöglichkeiten eröffnen? War sie von ihrer eigenen Familie so weit weg, dass sie sich bereits an ihre potenziellen Schwiegerfamilie heranpirschte? Ich drehe mich hektisch zu meinen Kindern um, als hätte ich plötzlich Angst, jemand könnte sie entführt haben. Mein Essen wartet schon auf mich, was mich fast zu Tränen rührt. Sie haben für mich bestellt. Sie haben sich überlegt, was ich gern essen würde. Sie haben an mich gedacht.
»Er ist Immobilienmakler«, sagt Hugh.
Ich sage nichts. Hugh sieht mich an, als hätte ich etwas verbrochen.
»Na, wunderbar«, sage ich. »Ich hoffe, seine Geschäfte laufen gut.«
»Garantiert.« Hugh hält sein Glas hoch und betrachtet die Flüssigkeit, als müsste er etwas abschätzen, aber ich ahne nicht, was das sein könnte. Er schwenkt das Glas, trinkt einen Schluck. Ich höre, wie die Eiswürfel auf seinem Gesicht landen. Er wischt sich das Gesicht mit dem Ärmel ab.
»Wenn wir an Don verkaufen, und das scheint im Moment die richtige Lösung zu sein - das willst du doch auch, oder? -, dann wird Don alles sanieren und verkaufen …«
»Ich weiß.« Komm schon, spuck’s aus .
Hugh fuchtelt mit der Hand in der Luft herum, als könnte er so die ganzen Transaktionen verdeutlichen. »Und die Vollmacht für die ganzen Immobiliendeals gibt er an seinen Schwager ab.«
Ich verstehe. Endlich. Die Erkenntnis breitet sich in mir aus wie eine seltsame neue Kraftreserve. Das ist es also.
Brian ist letztendlich ein Immobilienmakler mit etwa dreihunderttausend Acres Gewerbe- und Industriebauland, meinem Land. Joanie würde sich nicht wegen eines Grundstückmaklers von mir scheiden lassen, der in einem durchschnittlichen Haus wohnt, aber wegen eines Geschäftspartners von Don Holitzer, dem potenziell größten Landeigentümer von ganz
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