Mit dem Teufel im Bunde
antwortest, will ich hören, woher du davon wusstest.»
«Ich hätte es dir eher erzählen sollen.» Rosina schritt kräftig aus, seit jeher ihr bestes Mittel gegen Zorn. «Ich hatte gar nicht vor, heute dorthin zu gehen. Als wir plötzlich vor der Lembkentwiete standen, dachte ich: warum nicht gleich?»
«Ich bin froh, dass du das dachtest. Sonst wärst du morgen allein in diese stinkende Höhle marschiert, das hätte mir noch weniger gefallen. Du musst Nachsicht mit mir haben, ich bin solche Ausflüge nicht gewöhnt.»
«Kannst du dich daran gewöhnen?»
«Ungern. Aber was bleibt mir übrig? Ich fürchte, es istvergeblich, darauf zu warten, dass du auf solche Eskapaden verzichtest.»
«Ziemlich vergeblich. Kannst du mich trotzdem lieben?»
Statt einer Antwort umarmte und küsste er sie, mitten auf der Straße und vor den Augen aller, die grinsend vorbeigingen oder hinter den Fenstern standen und zusahen. Oder der beiden Paare, des jungen und des alten, die just in diesem Moment in die Lembkentwiete einbogen. Die lächelten nicht, zumindest die junge Frau. Als Barbara Meinert erkannte, wer sich dort so schamlos Zärtlichkeiten hingab, presste sie die Lippen aufeinander und drehte sich, ihren Mann mit sich ziehend, um und eilte zurück. Zacharias Meinert blickte noch einmal neugierig zurück. Barbaras Eltern folgten ihnen gemächlicheren Schrittes. Monsieur Bator erklärte seiner Gattin, wer das verliebte junge Paar sei. Barbara gebärde sich allzu streng, wenn sie diese Madam Vinstedt so geringschätze, erklärte er launig, doch nahe an Marliese Bators Ohr. Wohl sei deren Vergangenheit recht turbulent gewesen, doch als Bürgerin und Freundin der Herrmanns’ müsse sie nun trotz dieses in der Tat nicht ganz schicklichen Verhaltens als respektabel gelten. Die Jugend verstehe sich eben wenig auf Nachsicht.
Madam Bator nickte, obwohl sie eher die Ansichten ihrer Tochter teilte. Auch sie hatte von den Vinstedts gehört, insbesondere von Madam Vinstedt, es wunderte sie, dass ihr Mann diese Leute kannte.
«Du bist ziemlich überzeugend», sagte Rosina, als Magnus sie wieder freigab. «Es war Tobi.»
«Tobi? Was war Tobi?»
«Er hat mir erzählt, dieser blöde Wirt und eine Frau, sicher seine Madam Wirtin, hätten eine Betrunkene zur Katharinenkirche gebracht. Er hat messerscharf geschlossen, das könne nur die fremde Tote gewesen sein. Ein Mädchenin seiner Schule hat gesehen, wie die beiden diese Frau in äußerst ärmlicher Kleidung über den Kirchhof begleiteten, besser gesagt: schleppten. Dann musste sie schnell ins Schulzimmer rennen, weil der Unterricht begann. Sie hat gesagt, die Frau konnte vor Trunkenheit kaum gehen. ‹’ne echte Schnapsdrossel›, hat sie gesagt. Das Mädchen kennt den Wirt – hoffentlich ist sie nicht seine Tochter, das wäre ein zu hartes Schicksal – und hat wohl deshalb gleich an Trunkenheit gedacht. Eine andere Idee ist weder ihr noch den übrigen Kindern gekommen. Tobi ist sofort die unbekannte Tote in der Kirche eingefallen, er hat seinen Mund gehalten und nur mir davon erzählt. Heute Morgen nach dem Frühstück, als du deine Post gelesen hast. Ich musste einfach mehr herausfinden.»
«Und warum, in aller Welt, hast du es vorhin Wagner nicht erzählt? Er wird es dir übel nehmen.»
«Du wirst ihm nicht sagen, dass ich es da schon gewusst habe, oder? Du bist mein Ehemann, liebster Magnus, du musst jetzt immer auf meiner Seite sein. Natürlich hätte ich es ihm erzählen können, aber ich wollte erst genauer hören, was es damit auf sich hat. Er hätte sonst Tobi oder dieses Mädchen gezwiebelt.»
«Wusste sie noch mehr?»
«Als Tobi fragen wollte, pfiff der Lehrer die Kinder zurück ins Schulzimmer. Er hat zumindest einen Teil der Geschichte gehört, denn er hat mit streng erhobenem Zeigefinger verkündet, von Betrunkenen wolle er weder im Hof noch im Schulzimmer je wieder hören. Ziemlich weltfremd für den Lehrer einer Kirchenschule, die meisten dieser Kinder sehen doch alle Tage Betrunkene. Seltsam», überlegte sie, «Anne hat nach dem Kränzchen erzählt, Monsieur Wildt, das ist der Lehrer, sei der Ehemann von Henny Bauer. Richtig, sie heißt jetzt Wildt. Als ich Tobi für den Unterrichtbei ihm angemeldet habe, ist es mir nicht eingefallen. Sie ist eine so handfeste Person, vielleicht ist Monsieur Wildt außerhalb seines Amtes ein bisschen leichtherziger.»
«Was willst du jetzt tun? Wagner muss wissen, dass die fremde Tote aus diesem Gasthaus gekommen
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