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Mit dem Teufel im Bunde

Mit dem Teufel im Bunde

Titel: Mit dem Teufel im Bunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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ist.»
    «Natürlich. Er wird den Wirt mit allem Grimm ausquetschen und mit Daumenschrauben drohen, bis er erfährt, wer sie war und woher sie gekommen ist. Vielleicht gibt es Angehörige, die von ihrem Tod erfahren müssen. Damit habe ich nun nichts mehr zu tun. Ich frage mich nur – wer hat ihr Gepäck abgeholt? Es gibt also jemand, der sie kannte und sich nicht gemeldet hat.»
    «Da bin ich nicht so sicher. Es mag ungewöhnlich sein, wenn eine junge Frau alleine reist, aber da sie in diesem wahrhaft höllischen
Himmel
abgestiegen ist, wird sie nicht gerade aus gutem Hause gewesen sein.»
    «Oder sie ist aus gutem Hause geflohen und hatte überhaupt kein Geld mehr.»
    «Stimmt. Wie wir aus Erfahrung wissen, kommt auch das vor. Es würde meine Überlegung bestätigen. Ich vermute nämlich, niemand hat das Gepäck abgeholt. Der Wirt hat es gestohlen.»
    Das lag tatsächlich nahe. Sie gingen schweigend, jeder mit eigenen Gedanken beschäftigt, weiter, bis sie den Oberdamm erreichten, der wegen der dort stets flanierenden Mädchen und Damen Jungfernstieg genannt wurde. Er glaubte zu wissen, wohin ihr Weg sie führen sollte, nämlich weiter zum Gänsemarkt und damit zum großen Theater in einem seiner Höfe. Auch, wenn die Schauspielertruppe in Hannover gastierte und das Theater seit Wochen geschlossen war.
    Die engen Straßen hatten vor dem kalten Wind einigen Schutz gewährt, nun kam er mit ungebrochener Kraft überdie zum langgezogenen See gestaute Alster gefegt. Gewöhnlich drängten sich an Sonntagen auf der breiten Straße entlang ihres südlichen Ufers Spaziergänger, Straßenverkäufer, Reiter und Kutschen. Heute eilten nur wenige, tief in ihre Umhänge verkrochene Gestalten unter den schon kahlen Linden zu wärmeren Zielen. Nicht eine Lustschute, wie die unter ihrem Segeltuchdach offenen Vergnügungsboote genannt wurden, dümpelte auf dem Wasser. Der Beginn des Winters war nicht mehr zu leugnen. Nur ein paar Schwäne und Enten schaukelten unverdrossen durch die vom Wind aufgeplusterten Wellen.
    «Wenn wir über den Gänsemarkt gehen», schlug Magnus vor, «können wir am Aushang des Theaters sehen, ob die Schröder’sche Gesellschaft wieder da ist. Vielleicht geben sie vor der Adventszeit noch ein paar Vorstellungen.»
    «Wenn sie wieder da sind, ganz sicher. Sie werden jede Mark für die Zeit des Spielverbots im Advent brauchen. Was hältst du davon, wenn ich unserem neuen Theaterdirektor das Stück zeige, das du mir mitgebracht hast? Diese Komödie ist wirklich gut, Magnus, ich denke, er wird sie gerne aufführen.»
    «Glaubst du wirklich? Das wäre fabelhaft. Schröders Gesellschaft gehört zu den besten.»
    Seine Begeisterung freute sie. Es zeugte von seinem mitfühlenden Herzen, wenn er sich so für den Erfolg eines noch unbekannten Dichters erwärmen konnte.
    «Ja», wiederholte er, «das wäre fabelhaft. Wenn wir nach dem Aushang gesehen haben, essen wir bei Jakobsen eine heiße Suppe und stoßen auf das Glück der Komödie an. Ist das ein brauchbarer Vorschlag?»
    «Ungemein brauchbar. Ich hatte gedacht, unser Besuch im
Himmel
hätte mir jeden Appetit verdorben, aber jetzt habe ich mächtigen Hunger.»
    Aus der heißen Suppe wurde nichts. Als sie das Tor zum Malthus’schen Garten kurz vor dem Gänsemarkt passierten, hielt eine einspännige Kutsche neben ihnen, und Juliane van Keupen stieg aus.
    «Madam Vinstedt», sagte sie, nickte Magnus flüchtig zu und heftete ihren Blick unsicher auf Rosina, «vielleicht erinnert Ihr Euch? Wir haben uns gestern in der Katharinenkirche getroffen. Bei Meister Taubner. Verzeiht, wenn ich Euch einfach so anspreche, es ist nicht, nun, es ist nicht unbedingt gute Sitte.» Sie lachte nervös, der schwarze Schleier, der noch schwärzere, für ihre schmalen Schultern zu breite Mantelumhang ließen sie zarter und verletzlicher erscheinen, als sie war.
    «Manchmal stören gute Sitten nur», sagte Rosina. «Es ist kalt, wir sind auf dem Weg zum
Bremer Schlüssel
in der Fuhlentwiete, um uns mit einer Suppe aufzuwärmen. Mögt Ihr uns begleiten?»
    Sie spürte Magnus’ erstaunten Blick und ignorierte ihn. Die Begegnung war ein Geschenk ihres Glückssterns. Sie musste sich keine Schliche mehr einfallen lassen, um Juliane van Keupen zu treffen. Deren blasses Gesicht, der unsicher bittende Blick und die fest ineinander verschränkten Hände berührten Rosina. Eine Frau wie Juliane van Keupen musste einen guten, einen drängenden Grund haben, wenn sie sie an einem kalten

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