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Mit dem Teufel im Bunde

Mit dem Teufel im Bunde

Titel: Mit dem Teufel im Bunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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verbunden. Monsieur Bator istauch unser Trauermann, der alles für das Begräbnis regelt und mir mit seiner Familie überhaupt in allem beisteht.»
    Sibylla habe Zacharias Meinert am Tag vor ihrem Tod gebeten, bei der Übersetzung einiger Unterlagen aus dem Holländischen zu helfen, es handele sich um Papiere in einer dunkelroten Mappe.
    «Gibt es andere solche Mappen im Kontor?»
    «Nein, jedenfalls habe ich nie eine gesehen. Natürlich bin ich nur selten im Kontor. Wenn Bögen gebunden werden, dann zwischen Deckeln aus fester grauer oder schwarzer Pappe. Aber solche Mappen – nein, das glaube ich nicht.»
    «Vielleicht könnt Ihr es herausfinden», sagte Rosina. Es war möglich, dass es eine ähnliche gab, dass Meinert eine andere gemeint oder etwas verwechselt hatte und nichts von dem wahren Inhalt wusste. Andererseits konnte Sibylla all diese Schuldscheine unmöglich selbst und allein gesammelt haben. Sie musste Helfer gehabt haben, Informanten. Ein Netz von Informanten? Womöglich von Leuten, die sie nicht nur gut bezahlt, sondern auch mit etwas in der Hand gehabt hatte.
    «Ich wollte, ich hätte all das nicht gesehen», unterbrach Juliane ihre Gedanken.
    «Dann wüsstet Ihr auch nicht um Euer Erbe. Das wollt Ihr gewiss nicht.»
    «Nein, Ihr habt recht, das will ich nicht.»
    «Monsieur Meinert hat also nach der Mappe gefragt. Ich habe keine Zeile in Holländisch entdeckt, glaubt Ihr, er kennt den Inhalt?»
    «Daran habe ich noch gar nicht gedacht. Ich weiß es nicht, aber es kommt mir, verzeiht, es kommt mir abwegig vor.»
    Das fand Rosina überhaupt nicht. Bis gestern war es auch abwegig gewesen zu denken, eine Madam van Keupenhelfe ihrem Erfolg auf solche Weise nach. «Dann lasst uns diese Notizen weiter entziffern», sagte sie und beugte sich über den nächsten Bogen.
    Die Schrift war in weiten Teilen zu unleserlich, um ihre Bedeutung ohne einiges Rätseln zu verstehen. Es gelang nicht bei jeder Zeile, doch was sie verstanden, war genug. Da waren lauter delikate Geheimnisse notiert, kleine wie große, für die ehrenwerte Bürger ihre Mitmenschen verachten, Geheimnisse, die viele von ihnen selbst verbergen mochten. Da gab es Notizen über halbwegs regelmäßige Zahlungen, die ein Syndikus des Rats an eine ledige Frau in Harburg zahlte, der Name ihres Kindes war nicht vermerkt. Da stand hinter dem Namen eines Mitglieds des Scholarchats, der hochangesehenen Schulaufsicht, eine Reihe von Daten und der Name eines Bordells auf dem Hamburger Berg, das es offiziell gar nicht gab. Neben dem Namen der jungen Ehefrau eines recht betagten Wein- und Spezereienhändlers stand der Name eines der besonders schneidigen Offiziere der Stadtgarnison, ebenfalls um einige Daten und Orte ergänzt. Bei manchen Notizen gab es nur Buchstaben, Anfangsbuchstaben von Namen, vermuteten sie.
    Weiter ging es mit einem Großkaufmann und Schmuggelwaren, einem Archidiakon, der offenbar heimlich Luststücke verfasste und in Glückstadt Aufführungen einer durchreisenden Theatergesellschaft besucht hatte (einer so frivolen wie untalentierten, wie Rosina wusste), was beides für die Herrn der Pastorenschaft streng verboten war. Oder mit dem Namen eines Kleinhändlers, der bezeugte, eine Dame aus den Kreisen der Männer um die
Patriotische Gesellschaft
beim Diebstahl einer Brosche ertappt zu haben.
    Rosina fühlte Ekel in sich aufsteigen. Was hatte diese ehrbare Dame von diesen Leuten erpresst? Die junge Gattin des Weinhändlers zumindest verfügte kaum über eigenesGeld. Was besaß sie, das eine Erpressung lohnte? Rosina kannte den Namen. Der Ehemann betrieb weitläufige Geschäfte, nicht nur mit Wein und Spezereien. Und er war mit einem Senator verwandt. Zweifellos wurde in seinem Haus über Senatsentscheidungen gesprochen, sicher hörte die Gattin oft zu und erfuhr dabei manches Vertrauliche, das einer Handelsfrau wie Sibylla von Nutzen sein konnte.
    Das war eine schwache, aber mögliche Erklärung. Es musste eine ganze Reihe von Menschen geben, die bei ihrem Tod erlöst aufgeatmet hatten. Oder nun mit neuer Furcht darauf warteten, wer ihre Unterlagen besaß oder ihr Wissen geteilt hatte und in diesem schmutzigen Geschäft die Nachfolge antrat.
    Sie schob die Bögen zur Seite und griff nach den Zetteln. Viel Ärgeres konnte nicht mehr kommen. Auf dem ersten las sie den Namen von Baumeister Sonnins Gehilfen Albert Thanning, allerdings nur den Namen, er war mit einem Fragezeichen versehen und durchgestrichen. Energisch durchgestrichen, die

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