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Mit dem Teufel im Bunde

Mit dem Teufel im Bunde

Titel: Mit dem Teufel im Bunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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Stärke der Neigung in den Messungen um ein Geringes voneinander abweicht.»
    Wieder schnaufte der ‹verehrte Baumeister›, diesmal vernehmlicher. Es war kein Geheimnis, dass das Geistliche Ministerium und insbesondere die Geistlichen der Katharinenkirche versucht hatten zu verhindern, den in diesen Dingen bewährten Baumeister zu beauftragen, und dass hinter dieser Ablehnung das eine oder andere einflussreiche Mitglied der Gemeinde steckte, war naheliegend. Es war einzig dem Rat zu verdanken, dem Machtwort der Magnifizenzen, der Bürgermeister, und der Senatoren, der Hochweisheiten und Wohlweisheiten, dass der FreigeistErnst George Sonnin mit der Sanierung und Geraderichtung des Turms beauftragt worden war. Allerdings hatte der Baumeister sich strikt geweigert, die Aufrichtung vorzunehmen, ohne zuvor den Zustand der Säulen zu prüfen, die in den Laternen den Turm trugen. Was wegen der zusätzlichen Kosten neuen Ärger verursacht, sich jedoch als segensreich erwiesen hatte. Denn wie von ihm vermutet, hatten sich drei der Säulen als dringend der Sanierung bedürftig und als die Hauptschuldigen der Turmneigung erwiesen.
    «Es ist ganz leicht zu prüfen», fuhr der Pastor fort und wippte nervös auf den Fußspitzen, «auch ohne die Apparaturen eines Baumeisters.» Er streckte den Daumen aufrecht vor sich in die Luft und kniff ein Auge zu. «So. Ganz einfach. Wenn Ihr an Eurem völlig gerade aufgerichteten Daumen vorbeischaut   …»
    «Oder wenn Ihr Euer Buch mit christlich-erbaulichen Texten», ließ sich endlich auch der Baumeister vernehmen, «das Ihr gewiss immer bei Euch habt, Sibylla, gerade hochhaltet und auf eine gedachte Linie von der Spitze des Turms hinunter zur Mitte zentriert, erkennt Ihr, dass es keine akkurate Vertikale, keine gerade Linie gibt, weil nämlich», nun schnaufte er laut und ungehalten, «weil nämlich der ganze Turm und zudem die Laternen samt der Pyramide aus dem Lot sind. Wie lange bekannt.»
    Die seltsame Versammlung vor dem Kirchturm, die die Erklärung eines seit Jahren debattierten Sachverhaltes zum Anlass hatte, fand auf Wunsch Sibylla van Keupens statt. Der Hauptpastor und der Baumeister fanden dieses Treffen überflüssig. Aber Damen waren nun einmal gerne kapriziös, und es war unmöglich gewesen, ihr diesen Wunsch abzuschlagen. Die Katharinenkirche war – von Rathaus und Börse einmal abgesehen – Zentrum des reichstenQuartiers der Stadt. Keine Gemeinde zählte mehr wohlhabende Mitglieder, Sibylla van Keupen gehörte zu ihnen. Und sie, darauf hoffte der Hauptpastor inständig, werde mit einer Gott und den Kassen des Geistlichen Ministeriums und des Rats gefälligen Spende die Kosten der Reparatur erträglicher machen.
    Er hatte fest mit dieser milden Gabe gerechnet – hatte sie die nicht eindeutig zugesichert? – und sie längst erwartet. Doch dann war Madam van Keupen plötzlich nach Amsterdam gereist, um Verwandte ihres verstorbenen Mannes zu besuchen, tatsächlich jedoch, so wurde gemunkelt, in eiligen Geschäften.
    Der Hauptpastor spürte, wie ihm unter seiner dicken Perücke heiß wurde und kleine Schweißperlen auf seine Oberlippe traten. Er lebte lange genug in dieser Stadt des Handels, um zu wissen, dass plötzliche Reisen, besonders wenn das Ziel eine andere große Handelsstadt war, ein schlechtes Zeichen sein konnten. Stand nicht immer wieder ein vermeintlich erfolgreiches Handelshaus durch Pech oder falsche Investitionen unversehens vor dem Ruin? Sibylla van Keupen hatte nach dem Tod ihres Mannes, plötzlich und unerwartet in den besten Jahren, seinen Platz eingenommen. Zwar gab es in ihrem Kontor einen mit Prokura versehenen Ersten Schreiber, der sie an der Börse, am Hafen und überall sonst vertrat, wo Damen nichts zu suchen hatten und auch unerwünscht waren, die Führung des van Keupen’schen Handels jedoch gab Sibylla nicht aus der Hand. Das wusste jeder. Es war nicht verwunderlich. Andere Frauen, zumeist Witwen, aber auch scheinbar bescheidene Ehefrauen, taten Gleiches. Nur wurde kaum darüber gesprochen. Besonders was die Ehefrauen betraf.
    «Ich hoffe», hörte Goeze sich plötzlich sagen, «Eure Geschäfte in Amsterdam waren erfolgreich?»
    Er spürte jähe Hitze in seinem Gesicht und schloss für einen Moment die Augen. Wie konnte er sie danach fragen? Jetzt!
    Sonnin, einzig mit dem Turm beschäftigt, sah ihn irritiert an, Madam van Keupens Blick blieb freundlich, nur ein winziges spöttisch-amüsiertes Zucken glitt über ihre Mundwinkel.
    «O ja»,

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