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Mit dem Teufel im Bunde

Mit dem Teufel im Bunde

Titel: Mit dem Teufel im Bunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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als der in der ganzen Stadt wegen seiner Strenge und Prinzipientreue teils gefürchtete, teils belächelte, teils tiefverehrte Johann Melchior Goeze – mit wehendem Unterhabit um die Ecke gebogen war, gefolgt von einem Mann im so altmodischen wie abgetragenen weinroten Rock und einer vornehm in dunkelblauen, kunstvoll gemusterten, schimmernden Kattun gekleideten Dame.
    Der Mann in Weinrot, Baumeister Sonnin, wirkte missgestimmt, die Dame hingegen lächelte sanft. Hätte ihr reifes Alter von mehr als vierzig Jahren nicht dagegengestanden, hätte man sagen können: wie ein Kätzchen. Wobei daran zuerinnern ist, dass auch die zufriedensten Kätzchen gern ihre Krallen ausfahren, und das nicht immer nur im Spiel.
    Mit einigem Abstand war den dreien eine weitere, ebenfalls weibliche Gestalt gefolgt. Ihre gerade Haltung ließ ihren zierlichen Körper größer erscheinen, als er war, ob sie missgestimmt oder zufrieden war, hätte niemand sagen können, vielleicht nicht einmal sie selbst. Ihr Gesicht, ihre ganze Erscheinung verriet nichts: Die grauen Augen blickten ohne tieferes Interesse den Turm hinauf, wobei ihr Blick weniger die Spitze fixierte, als vielmehr einer auf und davon fliegenden Dohle folgte. Auch ihr Kleid und das leichte Tuch um ihre Schultern waren in Grautönen gehalten. Kurz und gut, trotz der Spitzenvolants an ihren Ärmeln sah sie aus und bewegte sie sich wie eine Gouvernante, die alle Hoffnung aufgegeben hatte, ein schöner junger Herr mit halbwegs ansehnlichem Besitz und manierlichem Betragen werde sie von ihrem belanglosen Schicksal erlösen und zur stolzen Ehefrau und Herrin eines eigenen Haushaltes machen.
    Nur drei leicht zu übersehende Dinge störten das Bild der grauen Maus: der zierliche Ohrschmuck aus Granaten und Flussperlen, der besonders schön geschwungene Mund und die Farbe ihres gegen die Mode streng am Hinterkopf zusammengefassten Haares. In diesem Moment, als ein Sonnenstrahl sich in einer aus den Kämmen gerutschten Strähne fing, glühte ein goldener Schimmer in dem tiefen Braun auf. Dann wandte sie sich um, trat einen Schritt zurück in den Schatten, und der Schimmer, diese kleine Verheißung von Leidenschaft und Glück, verschwand. Zurück blieb die bescheidene Gesellschafterin einer wohlhabenden Witwe, deren hübsch geschwungene Lippen vom vielen Aufeinanderpressen schon begannen, schmal und blass zu werden. Und vom Schweigen. Manchmalist die Natur verschwenderisch, ohne dass es jemand bemerkt, so gehen kostbare Gaben wie die Schönheit einer Gestalt, eines Gesichts, sogar einer Seele, verloren.
    Die Katharinenkirche auf der südwestlichen Ecke der Grimminsel zählte zu den ältesten und ehrwürdigsten Gotteshäusern der Stadt. Sie stand nach Jahrzehnte währendem Bau seit gut dreihundert Jahren als große dreischiffige Nachfolgerin eines zweihundert Jahre älteren Kirchleins auf dem unsicheren Grund. Obwohl es niemand wahrnahm, der ins Gebet versunken oder bei anderen schönen oder schweren Gedanken in einer der Kirchenbänke saß, war das Fundament des Gotteshauses dem stetigen Auf und Ab von Ebbe und Flut ausgesetzt, das die Elbe noch so viele Meilen von der See entfernt dem schlickigen Untergrund bescherte.
    Doch das war nicht der Anlass für die nun anstehende Sanierung des Turms, genauer gesagt der Turmspitze. An ihrer gefährlichen Neigung waren neben einer Senkung des Unterbaus vor allem verrottete Balken schuld, ein wenig auch der Wind, dem sie sich schon so lange in den Weg stellte. Die Aufrichtung war ein erhebliches Unterfangen, es brauchte einen erfahrenen und einfallsreichen Baumeister. Und eine Menge Geld. Da der selige Dr.   Martin Luther seinerzeit dem einträglichen Ablasshandel zumindest für Anhänger seiner Lehre und damit auch den Bewohnern dieser Stadt den Garaus gemacht hatte, war das mit dem Geld so eine Sache. Selbst für eine Gemeinde, die von jeher die wohlhabendsten Schäfchen zu den ihren zählte.
    Der Turm, der bis dahin ein nur bis zum Dach des Mittelschiffes reichender Quader gewesen war, war erst im vergangenen Jahrhundert auf diesem Sockel in die Höhe gebaut, seine Fassade vor vier Jahrzehnten im zeitgemäßen Stil mit Kolossalpilastern und Bauschmuck aus Sand- undBackstein neu gestaltet und zugleich verstärkt worden. Auch hatte der damalige Baumeister den alten Turmschaft als marode erkannt und gestärkt und gesichert.
    Es war ein majestätischer und eleganter Turm, vom Kirchhof bis zum Kreuz auf seiner Spitze reckte er sich vierhundert Fuß

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