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Mit dem Teufel im Bunde

Mit dem Teufel im Bunde

Titel: Mit dem Teufel im Bunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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Warum mochte eine reiche, als generös bekannte Frau wie Sibylla van Keupen ausgerechnet ihre Schwägerin so kärglich ausgestattet haben?

KAPITEL 6
    DONNERSTAG, ABENDS
    Es war schon Zeit für das Nachtessen, als sich auch Rosina und die Meinerts verabschiedeten. Anne hatte anspannen lassen wollen, doch sie zogen es vor, den kurzen Weg zu Fuß zu gehen. Um Madam Vinstedts Sicherheit müsse sie sich nicht sorgen, erklärte Zacharias Meinert, es würde ihm und seiner Frau eine Freude sein, sie bis vor ihre Tür zu begleiten. Der Umweg über die Mattentwiete zu ihrem Haus in der Katharinenstraße sei gering, und ein paar Schritte durch die frische Luft seien nur von Vorteil.
    Vielleicht wusste Zacharias nichts von Rosinas Vergangenheit, vielleicht war sein Denken freier als das seiner Frau, die ihre Heimatstadt anders als er nur für kurze Reisen in die sichere Obhut von Verwandten in Amsterdam und im Lüneburgischen verlassen hatte. Zacharias hatte einige Jahre für die holländische Ostindische Compagnie auf Java gearbeitet. Es hieß, das Leben in der Fremde lasse Menschen besonders streng an Traditionen und Denkweisen des Heimatlandes festhalten, doch das musste nicht auf jeden zutreffen. So hatte Anne wenigstens einen Laternenträger rufen lassen, nicht nur, weil es nach Einbruch der Dunkelheit (eine allerdings ständig missachtete) Vorschrift war. Niemand konnte Anne Herrmanns Kleinmütigkeit unterstellen, doch in diesen Tagen hielt sich irgendwo in der Stadt ein Mörder auf, das war selbst ihr ein guter Grund für eine Laterne.
    Der Abend war dunstig und die Sichel des aufgehendenMondes kaum zu sehen. Novembergeruch lag schon in der Luft, diese Mischung aus vermoderndem Laub, feuchtem Fachwerk und dem Rauch von Holz- und Torffeuern. Sie überlagerte sogar den des Hafens, nach brackigem Wasser, Pech zum Kalfatern und feuchtem Segeltuch. Barbara Meinert ging mit ihren taftraschelnden Röcken am Arm ihres Mannes, er schritt kräftig aus, und sie hielt wie Rosina leicht mit. Den größten Teil der Unterhaltung bestritt Zacharias, seine Frau sprach nur, wenn er sie etwas fragte. Sicher war sie müde. Das Gespräch auf diesem kurzen Heimweg verlief belanglos, einzig als sich Zacharias nach Magnus erkundigte, war Rosina überrascht. Ob sie ihn bald zurückerwarte, ob er von seiner Mission geschrieben, ob er sich schon gut in der Stadt eingelebt habe? Aber was sonst fragte man eine junge Ehefrau, die man wenig kannte?
    Rosina hatte nicht gewusst, dass Magnus und Zacharias Meinert einander kannten. Wie man sich in der Stadt so kenne, erklärte er munter, Monsieur Herrmanns habe sie vor einiger Zeit bekannt gemacht, er wisse gar nicht mehr, bei welcher Gelegenheit. Rosina beantwortete seine Fragen, so gut sie es konnte, und hoffte, er bemerke nicht, wie wenig sie von Magnus’ ‹Mission› wusste. Falls er es bemerkte, erstaunte es ihn offenbar nicht. Viele Ehefrauen und erst recht die Töchter erfuhren wenig von dem, was die Männer außerhalb des Hauses beschäftigte, von deren Politik und Geschäften.
    Nachdem Zacharias für sie die Haustür mit dem großen Schlüssel geöffnet hatte – er drehte sich wie gewöhnlich nur widerwillig im Schloss   –, lief Rosina immer zwei Stufen nehmend die Treppe hinauf. Es war ein langer Tag gewesen, sie war froh, wieder zu Hause zu sein und die Abendstunden allein mit sich und ihren Gedanken zu verbringen.Und vielleicht hatte Pauline bei der Post einen Brief von Magnus vorgefunden. Vielleicht, er war kein fleißiger Briefschreiber, das wusste sie schon lange.
    Sie öffnete die Wohnungstür, Pauline hatte den Riegel noch nicht vorgeschoben, und blieb irritiert stehen. Statt nach der einfachen Suppe, die sie als Nachtessen erwartete, roch es nach Kaffee und Gebratenem, und was sie hörte, war keinesfalls Pauline, die pflegte auch nicht mit sich selbst zu sprechen. Es war eine Kinderstimme. Tobis Stimme?
    Dann hörte sie eine zweite: «Ich bin sicher, wir werden uns gut vertragen. Aber sag mal: Hast du keine anderen Schuhe? In denen holst du dir im Winter Frostbeulen.»
    Magnus!, durchfuhr es sie heiß, Magnus war zurück. Ihr Schultertuch fiel auf die Erde, ihr Täschchen sauste durch die Luft, und sie rannte durch den kurzen Flur zum Salon.
    Da stand er, der Tür den Rücken zugewandt, und blickte von seiner Größe von gut sechs Fuß auf Tobi herab, er drehte sich zu ihr um, und sie flog in seine Arme. Aller Groll, alles Gefühl von Fremdheit während der letzten Tage war

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