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Mit dem Teufel im Bunde

Mit dem Teufel im Bunde

Titel: Mit dem Teufel im Bunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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diskret wie der Anlass deiner Reise.»
    Sie wusste, dass er in Kopenhagen gewesen war, doch nur vage warum. Im Auftrag der Commerzdeputation, hatte er gesagt, es gehe wieder um Schiffsversicherungen, wie damals in London. Sie hatte gespürt, dass da noch etwas war und er weiteren Fragen ausweichen würde. Obwohl sie es verstanden hatte, war sie verletzt gewesen. Es war höchste Zeit zu lernen,
nicht
immer alles genau wissen zu wollen. Das war schwer. In der Komödiantengesellschaft gab es mit Jean und Helena einen Prinzipal und eine Prinzipalin, doches war selbstverständlich gewesen, alles mit allen zu besprechen, Belangloses wie Bedeutendes. Sie hatten nicht auf gepolsterten Bänken gesessen, sondern auf alten Kostümkörben und Bretterstapeln, auf dem Fuhrwerk oder in den stets geizig geheizten engen Unterkünften, und der Wein war viel saurer gewesen als der, den sie nun mit Magnus trank. Trotzdem gehörte das zu den Dingen, die sie am meisten vermisste, diese oft turbulenten Gespräche, während deren sie sich selbst bei heftigen Meinungsverschiedenheiten immer aufgehoben gefühlt hatte, als ein Teil einer Gemeinschaft, auf die sie zählen konnte, egal, was geschah.
    «Du warst in Kopenhagen», sagte sie, «nun gut. Nur im Auftrag einiger Kaufleute, um Probleme mit den Schiffsversicherungen bei Havarien an den dänischen Küsten zu klären? Ist es ein Zufall, wenn gerade in diesen Tagen das abenteuerliche Gerücht umgeht, Struensee lebe und plane hier einen Umsturz?»
    «Wirklich?» Er lachte verblüfft. «Das ist tatsächlich abenteuerlich. Wer denkt sich nur solchen Unsinn aus?» Er strich ihr nachdenklich eine den Spangen entkommene Locke aus der Stirn und gab sich endlich einen Ruck. «Du hast recht, Liebste, wenn ich dir nicht vertraue, wem dann? Ich bin einfach noch nicht daran gewöhnt, zu teilen, was in meinem Kopf vor sich geht, und bei dieser Reise musste ich aus gutem Grund Verschwiegenheit zusichern. Du magst neugierig sein, Schwatzhaftigkeit liegt dir fern. Also hör zu. Gelogen habe ich nicht, ich habe mir geschworen, dich nie zu belügen. Das weißt du nun auch. Obwohl es ein leichtsinniger Schwur war, den ein vernünftiger Mann besser für sich behält. Es ging tatsächlich um die Versicherungen, da wird nach wie vor viel und geschickt betrogen. Außerdem und vor allem ging es jedoch um etwas, das mit dem Skandal am dänischen Hof zu tun hat. Allerdings weniger mit Struenseeals mit Prinzessin Louise Augusta und der ins Exil verbannten Königin. Sie hat noch Anhänger, die   …»
    In diesem Moment wurde die Tür aufgestoßen, und Pauline brachte ein Tablett mit dampfenden Schüsseln. Tobi hatte die Ehre, die Platte mit dem knusprig gebräunten Kapaun zu tragen. Rosina musste ihre Neugier bezähmen, bis sie mit Magnus wieder allein und die Tür geschlossen war.
    Als es Nacht geworden war und Tobi nudelsatt in dem winzigen Kämmerchen hinter der Küche unter einer wunderbar wärmenden Decke lag, sprach er ein Gebet. Das geschah nicht oft, er fand, im Waisenhaus werde tagsüber genug gebetet, doch heute kam es tief aus dem Herzen. Er gelobte, sich fortan musterhaft zu betragen, nicht mehr zu klauen, nur noch im Notfall Prügel auszuteilen, fleißig zu lernen und zu arbeiten und überhaupt ein ganz anderer zu werden. Nur der liebe Gott und der Herr Jesus persönlich konnten dafür gesorgt haben, dass er in diesem Haus gelandet war, so etwas konnte nicht umsonst zu haben sein. Morgen, so hatte der Monsieur gesagt, werde Pauline mit ihm neue Kleider kaufen gehen, nicht nur Schuhe. Er musste sehr reich sein. Und sehr wohltätig. Tobi hätte lieber eine Schleuder gehabt oder einen dieser Reifen, den man mit einer Gerte über die Wege trieb, eine Tüte Zuckerkringel oder Schlittschuhe für den Winter oder – doch all das konnte warten. Dieser Anfang verhieß keine kargen Zeiten.
    Endlich kugelte er sich zusammen wie ein Kätzchen und zog die Decke über den Kopf. Er war einen großen Schlafsaal mit dem vertrauten Atmen, Schnarchen und Rascheln, manchmal auch Weinen vieler Jungen gewöhnt. Er wollte nicht hören, wie er, allein in dieser dunklen Kammer, nichts hörte.
    ***
    FREITAG, 30.   OKTOBER, VORMITTAGS
    Der graue Tag erschien Rosina strahlend, als habe sich die Sonne schon durch die Wolken geschoben und die Stadt, den Hafen und die weite Flusslandschaft in das mattgoldene Herbstlicht getaucht, das die Nähe des Novembers unwirklich erscheinen und doch schon seine Wehmut spüren lässt. Ob grau

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