Mit dem Teufel im Bunde
vergessen. Er war wieder bei ihr, was sonst war wichtig? Erst als sie seine Umarmung fühlte und seine Lippen in ihrem Haar, gestand sie sich ihr Misstrauen ein, ihre Furcht, er könne nicht zurückkommen, er sei ihrer schon überdrüssig, er habe sie und ihre Liebe betrogen. Der Gedanke verschwand so schnell, wie er gekommen war, das Gefühl des Glücks überstrahlte die Scham über das Misstrauen. Endlich ließ er sie los, nahm ihr Gesicht in beide Hände und küsste sie sanft.
«Es war eine lange Zeit», flüsterte er, «eine viel zu lange Zeit.»
Ein vernehmliches Räuspern holte Rosina endgültig aus seinen Armen. Pauline stand in der Tür, in einer Hand eine Bürste, in der anderen einen von Magnus’ langem Rittschlammbespritzten hohen Stiefeln. Sie sah bedeutungsvoll von Rosina zu Tobias und wieder zurück.
«Ich will nicht stören, Madam», sagte sie, «aber ich muss. Es ist eine Freude, dass der Herr wieder zurück ist. Ja, das ist es wirklich. Und der Spargel da», ihr Blick fiel streng auf Tobias, «der kam kurz nachdem Ihr zu den Herrmanns’ gegangen seid. Der alte Zacher hat ihn höchstpersönlich gebracht, abgeliefert wie ein Fass saurer Heringe. Ohne Anmeldung. Ich wollte ihn wieder zurückschicken, aber Zacher hat gesagt, das geht nicht. Sie müssen den Jungen besonders gründlich geschrubbt haben, er sieht manierlich aus. Und nun ist er hier. Ich weiß nicht, ob’s Euch recht ist. Euch und Monsieur Vinstedt.»
«Mir ist heute alles recht, Pauline. Willkommen bei uns, Tobias, da hat Monsieur Zacher sich tüchtig beeilt. Und Monsieur Vinstedt?» Sie stupste ihn vergnügt gegen die Brust. «Der hat eine Überraschung verdient. Oder lag auf der Post etwa ein ganzes Päckchen Briefe für mich?»
Drei Augenpaare richteten sich auf Magnus, der senkte den Kopf, legte die Hand auf sein Herz und murmelte: «Mea culpa, meine Liebste, mea culpa. Ich verspreche, mich zu bessern. Beim nächsten Mal bekommst du einen ganzen Korb voller Briefe. Für dieses Mal werde ich dich um Vergebung bestechen.»
Er beugte sich über den beschmutzt und zerknautscht neben dem Kachelofen liegenden Mantelsack und zog ein in sauberes Leinen gewickeltes Paket heraus.
«Ein Gruß aus dem hohen Norden», sagte er und überreichte es mit einer demütigen Verbeugung.
«Boooh», entfuhr es Tobi, als Rosina das Leinen auseinanderschlug und ein breiter, mit silbergrauer Seide gefütterter Schal aus schneeweißem Pelz zum Vorschein kam.
«Ich hoffe, die Farbe trifft deinen Geschmack.» Magnusnahm ihr den Pelz aus den Händen und legte ihn um ihre Schultern. «Es gibt auch Felle von Polarfüchsen in graublauer Färbung, vielleicht …»
«Aber nein!» Endlich hatte sie ihre Sprache wiedergefunden. «Er ist wunderschön. Und so weich. So etwas Kostbares habe ich noch nie besessen.»
«Dann war es höchste Zeit», er sah zufrieden grinsend auf seine schöne Frau, «obwohl du mir auch ohne Pelz ausnehmend gut gefällst.»
Der Anblick dieses jungen Glücks ließ Pauline ungemein störende Tränen in die Augen steigen.
«Komm, Spargel», sagte sie, «du kommst mit in die Küche. Deine Pflichten erkläre ich dir morgen. Jetzt kannst du den Spieß mit dem Kapaun drehen. Oder wird heute kein Nachtessen gewünscht, Madam?»
Während Tobias in der Küche mit einer Hand den Spieß drehte und mit der anderen ein Stück süßes Brot mit Rosinen aß, führte Pauline vor lauter Rührung über ihre wiedervereinte junge Herrschaft ruppige Reden und bewunderte immer wieder den Streifen Tonderner Klöppelspitze, den Magnus für sie mitgebracht hatte. Was nicht richtig war, eigentlich. Wohin sollte es führen, wenn der Hausherr sogar der Köchin und Putzmamsell ein Geschenk von der Reise mitbrachte.
Rosina und Magnus saßen auf der gepolsterten Bank im Salon, nicht das zarteste Blättchen hätte zwischen sie gepasst, und Magnus erfuhr, auf welche Weise sich ihr Haushalt um einen Esser vergrößert hatte und dass er im Waisenhaus erwartet wurde, um die Papiere für den Jungen zu unterzeichnen. Rosina beobachtete sein Gesicht, seine Augen, nichts widersprach seinem Lachen, als er sagte, das sei in der Tat eine Überraschung, aber ein bisschen Hilfe könne nur gut sein, und der Knirps sehe aus, als könne manSpaß mit ihm haben. Dem stimmte Rosina zu, auch wenn sie wegen des Spaßes nicht so sicher war.
Von Sibylla van Keupens Tod wusste er schon, auch von dem Brand in ihrem Kontor. Pauline, erklärte er mit vergnügtem Zwinkern. Während sie
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