Mit dem Teufel im Bunde
Kaffeebohnen für ihn geröstet und gemahlen hatte, hatte sie ihm von den neuesten Katastrophen in der Stadt berichtet.
«Zwei tote Frauen», sagte er ernst, «das ist furchtbar.»
«Hast du sie gekannt?», fragte Rosina.
«Madam van Keupen? Flüchtig.» Er stand auf, füllte zwei Gläser aus der Weinkaraffe und reichte ihr eines. «Sie war eine ungewöhnliche Frau.»
«Ungewöhnlich?»
Magnus trank einen Schluck und setzte sich wieder neben sie. «Ja, schon weil sie den Handel ihres Mannes so erfolgreich weiterführte. Aber sie hatte auch eine Art – ich weiß nicht wie. Freundlich und zugleich einschüchternd. Da war auch etwas heimlich Spöttisches, und man hatte in ihrer Gegenwart den Eindruck, ihr entgehe nichts. Und nun sag mir, was spricht Wagner darüber.»
Magnus kannte den Weddemeister seit ihrer Begegnung in London vor zwei Jahren, als Wagner in dienstlichem Auftrag samt seiner jungen Frau Karla mit Rosina und der ganzen Becker’schen Komödiantengesellschaft an die Themse gereist war. Inzwischen hatten sie nicht gerade Freundschaft geschlossen, das würde der Weddemeister sich mit einem feinen Herrn wie Monsieur Vinstedt genauso wenig erlauben wie mit den Herrmanns’, doch sie schätzten einander, jeder den anderen auf seine Art.
«Wagner? Ja, ich weiß nicht …»
«Du wirst mir nicht erzählen wollen, er habe versäumt, dir irgendwo aufzulauern, sein großes blaues Tuch geknetet und versucht, deine Gedanken anzuzapfen.»
Sie sah ihn skeptisch an, erkannte das Lächeln in seinen Augen und sagte: «So war es nicht, aber ganz ähnlich.»
Sie erzählte ihm von der Begegnung vor Sankt Katharinen – vergaß auch Grabbe und Kuno, den freundlichen Höllenhund, nicht –, von dem Gespräch in der Kirche und schloss: «Ich war mal wieder neugierig, Magnus, ich gebe es zu. Wahrscheinlich habe ich einfach zu viel Zeit. Und ich hatte das Feuer im Kontor von unserer Schlafkammer aus gesehen, das musste ich ihm sagen. Leider habe ich niemanden bemerkt oder gar erkannt, der es gelegt haben könnte. Es war eine viel zu dunkle Nacht, und sicher war der Brandstifter längst verschwunden. Eigentlich sollte er besser dich um Rat oder Hilfe fragen. Du hast sie gekannt, ich nicht.»
«Nicht gut genug, um mehr zu wissen als jede Marktfrau – ich bin sogar sicher, dass jede Marktfrau mehr zu erzählen hätte.» Er legte den Arm um ihre Schultern, zog sie noch näher zu sich heran und lehnte seinen Kopf gegen ihren. «Ob du sie gekannt hast oder nicht, wird Wagner egal sein. Und ich fürchte, dir auch. Selbst wenn ich es sollte, werde ich dir nicht verbieten, dich ein bisschen für Wagner umzuhorchen. Es würde auch nichts nützen, oder?»
«Kaum.» Sie kuschelte sich tiefer in seinen Arm. «Das stände auch gegen unseren Handel: Ich werde eine brave, na ja, zumindest eine treue Ehefrau und du …»
«Und ich lasse dich, wie du bist: eigensinnig, leichtsinnig, neugierig und ungemein liebenswert. Ja, das war und bleibt unser Handel. Solange du mir noch etwas versprichst, wenn du so willst, als einen zusätzlichen Paragraphen in unserem Vertrag.»
Sie befreite sich aus seinem Arm und sah ihn unmutig an.
«Das habe ich in der Aufzählung deiner Tugenden vergessen:misstrauisch. Oder sagen wir: skeptisch. Das klingt netter. Wie gut, dass du keinen geheiratet hast, der dazu neigt, beleidigt zu sein. Du sollst mir nur versprechen, dich nicht wieder auf gefährliche Situationen einzulassen, du sollst mich, Wagner oder wem immer du vertraust, zu Hilfe holen, bevor du tust, was niemand tun sollte, egal ob Mann oder Frau. Zum Beispiel alleine durch das Gängeviertel gehen oder in verlassenen Theatern nach Beweisen suchen. Insbesondere nachts.»
«Hm», sagte sie. «Du klingst wie das Echo von Anne und meiner lieben Prinzipalin Helena. Dabei habe ich so etwas nur getan, weil es die Situation unbedingt erforderte. Und nachts ziehe ich es vor, hier bei dir zu sein. Fürchtest du gar nicht um meinen guten Ruf?»
«Nur in Albträumen. Im Übrigen ist es ja eine sehr diskrete Beschäftigung, das liegt in der Natur der Sache.»
«Äußerst diskret», sagte Rosina und dachte an das Kaffeekränzchen. Seit dem Nachmittag wussten alle Damen, dass sie in der Katharinenkirche gewesen war und mit Wagner gesprochen hatte – nun wusste es bald die ganze Stadt. Auch das lag in der Natur der Sache. Allerdings hatte keine von ihnen Überraschung oder Missbilligung gezeigt, bis – vielleicht – auf Barbara Meinert. «So
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