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Mit dem Teufel im Bunde

Mit dem Teufel im Bunde

Titel: Mit dem Teufel im Bunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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Katharinenturms bestreiten, da hieß es Kratzfüße zu machen.»
    Die folgende Erklärung über seinen Kummer ob des Todes der lieben Madam van Keupen, des unendlichen Kummers der lieben Juliane van Keupen und nicht zuletzt seiner eigenen verdienstvollen Betätigung als Trauermann fürdiese vom Schicksal hart getroffene Familie fand Wagner überflüssig. Er mochte selbstzufriedene Menschen nicht, umso weniger, als er sie heimlich beneidete.
    Zu seiner Erleichterung meldete sich, kaum dass Monsieur Bator einmal Luft holte, Rosina zu Wort: «Warum sollte es dem Baumeister schwergefallen sein, mit Madam van Keupen – wie sagtet Ihr?, manierlich zu sprechen? Wegen der entfernten Verwandtschaft? Ich habe gehört, ich glaube sogar von Eurer Tochter, Monsieur Bator, sie habe Struensee sehr geschätzt und seine Reformen auch für diese Stadt befürwortet.»
    «Du meine Güte», Bator lachte schmal, «das kann nicht meine Tochter gewesen sein. Sibylla war unserem Haus wie der selige Tillmann van Keupen seit jeher eng verbunden. Barbara weiß, dass Madam Sibylla ganz im Gegenteil die Vorgänge in Kopenhagen während der letzten Jahre überhaupt nicht gebilligt hat. Es ging ihr weniger um den König und die Königin, sondern um die rabiaten Reformen, von denen einige, das muss ich zugestehen, recht sinnvoll und im Geist unserer aufgeklärten Zeit waren. Doch etliche waren schädlich, und erst die Art und Weise, dieser Struensee’sche Despotismus – nein, das war unerhört. Dumm und weltfremd, selbst wenn man ihm gute Absichten unterstellen will. Ich weiß, dass Madam Sibylla genauso dachte.»
    Ganz im Gegenteil sei sie dem alten Graf von Bernstorff verbunden gewesen, der am dänischen Hof eine so vernünftige wie mächtige Rolle gespielt habe und von Struensee schändlicherweise entlassen worden sei. Es sei ein Drama, dass der alte Graf bald nach Struensees Verhaftung gestorben sei, hier in seinem Haus in Hamburg. Nun hoffe man, sein kluger Neffe Andreas werde helfen, Dänemark wieder in ruhige und vernünftige Fahrwasser zu führen.
    Die Wendung des Gesprächs hatte Monsieur Bator nichtgefallen, er blickte zur Standuhr neben dem Schanktisch und erhob sich. «Uns ruft die Pflicht, Herrmanns», sagte er, «über alledem dürfen wir unsere Arbeit nicht vergessen.»
    Claes Herrmanns wirkte weniger von der Pflicht belästigt als erleichtert. Er winkte Jensen heran, um zu Wagners Erleichterung die Rechnung zu begleichen, und er und Bator verabschiedeten sich. Wagner möge ihn gerne wieder aufsuchen; wenn es pressiere, wisse man im Kontor stets, wo er zu finden sei. Sicher habe der Weddemeister die Güte, Madam Vinstedt heimzubegleiten. Falls sie es wünsche, fügte er mit freundlichem Spott hinzu.
    Als auch Wagner und Rosina das Kaffeehaus verließen, ließ der Gast, der zwei Tische weiter zurückgelehnt in einer Nische gesessen hatte, seine Zeitung sinken und den Blick nachdenklich aus dem Fenster wandern. Sein Dreispitz und dunkler Mantel aus teurem schwarzem Wollstoff lagen auf dem Stuhl neben ihm. Hätte Rosina ihn bemerkt, hätte sie ihn zweifellos wiedererkannt. Auch wenn sie in der Katharinenkirche sein Gesicht nur flüchtig gesehen hatte.
    «Ihr seht so nachdenklich aus, Wagner», sagte sie, als sie auf der Straße standen. «Helfen Monsieur Herrmanns’ Antworten Euch weiter? Oder Monsieur Bators ausführliche Reden?»
    «Einerseits, andererseits, nun ja, letztlich wenig, sehr wenig. Da ist aber noch etwas anderes, Monsieur Bergstedt hat gesagt, am Tag vor dem Brand, als das Fenster schon kaputt war, sei eine junge Frau aus einer Kunstblumenmanufaktur bei Madam van Keupen im Kontor gewesen. Er hat auch irgendwas von Schönheit und blondem Haar gesagt. Ich hatte es fast vergessen, ja, leider, es schien keine besondere Bedeutung zu haben. Als Ihr dann von dem Fächermacherspracht und Monsieur Herrmann sagte, der Kunstblumenmanufakteur habe dessen Arbeit übernommen   … Nun, ich werde es bedenken, jetzt erwartet Grabbe mich in der Fronerei, ich bin schon zu spät. Soll ich Euch   …»
    «Nein, Wagner, Ihr sollt nicht. Ich finde meinen Weg gut allein, wie immer, und niemand wird mich belästigen.»
    Sie sah Wagner, der in der Menge untertauchte, unschlüssig nach. Der Platz vor Rathaus, Bank und Börse war nun noch belebter als zuvor. Von allen Seiten strömten Männer zur Börse, um in der offenen, von Säulen gestützten Halle Geschäfte zu machen. Kutschen fuhren vor, Sänftenträger forderten mit dem üblichen

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