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Mit dem Teufel im Bunde

Mit dem Teufel im Bunde

Titel: Mit dem Teufel im Bunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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Tillmann van Keupens keineswegs ein schwesterliches Einverständnis geherrscht hatte, wie alle annahmen. Er hatte ein Ohr für Zwischentöne, für das, was in Worten unausgesprochen mitschwang, und wer die Bücher eines Hauses führte, wusste alles. Er irrte darin nur wenig.
    «Wenn Ihr Euch besser fühlt», sagte er, «würde ich gerne einige Dinge besprechen. Vielleicht heute Abend, wenn die Arbeit im Kontor getan ist? Die Abende sind in dieser Jahreszeit ja recht lang. Wenn es Euch recht ist   …»
    «Danke. Das ist sehr freundlich, tatsächlich erscheinen mir die Abende nun sehr lang. Und dunkel. Aber ich denke, es gibt nichts zu besprechen. Nichts, was das Kontor betrifft. Ihr habt die Prokura, Ihr trefft die Entscheidungen. Ich bin, was ich immer war, eine Verwandte ohne Bedeutung.»
    «Das wart Ihr nie – ohne Bedeutung. Ihr seid eine bemerkenswerte Frau. Verzeiht, es steht mir nicht zu, das zu sagen. Aber obwohl Ihr mit der Prokura natürlich recht habt, wäre es mir angenehm, Euch als der Vertreterin Eurer Nichten zumindest Bericht zu erstatten.»
    «Morgen. Gebt mir Zeit bis morgen. Dann will ich Euch gerne zuhören.»
    Ihre Stimme klang wieder entschieden und er spürte, es war klug zu gehen. Es störte ihn nicht. Der Anfang war gemacht. Juliane war nicht Sibylla, bei Licht betrachtet war das nun von Vorteil.
    «Eines noch, Mademoiselle. Da ist dieser Stuckator, Taubner. Er sollte wissen, ob sein Auftrag noch gilt. Ich meine, dass er nicht nur den Familienepitaph, sondern auch die Schäden am Stuck der Turmhalle und an einigen anderen alten Epitaphen auf Kosten dieses Hauses ausbessern soll. Das ist nicht Sache des Kontors, Madam van Keupen wollte ihn von ihrem privaten Geld bezahlen. Das müsst nun Ihr entscheiden. Ich möchte Tonning schicken, um ihm Bescheid zu geben.»
    Juliane rückte eine der Blumen des Arrangements in einer Porzellanschale auf dem Tisch zurecht und rieb die Hände, als seien sie staubig geworden. Bergstedt hätte gerne ihre Gedanken gekannt.
    «Ach ja, Meister Taubner», sagte sie endlich. «Ihn hätte ich fast vergessen. Tonning, sagt Ihr? Nein, ich werde mich selbst darum kümmern. Es ist eine Familiensache, und wie Ihr gerade sagtet: In dunklen Stunden braucht man Licht. Es wird mir guttun, aus dem Haus zu kommen.»
    «Ihr werdet ihn in der Katharinenkirche finden. Ich fürchte, gerade dies ist der Ort, der Euch jetzt
nicht
guttun wird.»
    «Das ist möglich. Aber es ist die Kirche, in der ich mein ganzes Leben lang den Gottesdienst besucht habe und in der die van Keupens seit drei Generationen getauft werden und ihre letzte Ruhe finden. Ich habe nicht vor, das zu ändern, also kann ich sie nicht meiden.»
    «Dann erlaubt mir, Euch zu begleiten.»
    «Nein.» Sie schloss für einen Moment die Augen. Dann straffte sie die Schultern und sagte noch einmal und entschieden:«Nein. Das ist ein Weg, den ich alleine gehen muss. Aber ich wäre dankbar, wenn Ihr für mich in der Küche den Tee bestelltet.»
    Als Bergstedt die Treppe hinunter- und durch die Diele ins Kontor zurückging, noch ihr striktes Nein im Ohr, war er sich wegen des guten Anfangs nicht mehr so sicher. Er wusste alles, was in dieser Familie geschehen war, seit er in diesem Haus arbeitete, und vieles aus früherer Zeit, das Bekannte und das Unbekannte. Dann zuckte er die Achseln und schalt sich dumm. Ein Stuckator, ein reisender Handwerksmeister? Ein Mann mit rauen Händen, ohne Besitz von Belang, ohne Familie, die etwas zählte – da zählte der ganze Mann nichts. Doch nun war es höchste Zeit, wieder Trauer zu zeigen und sich auf den Weg zur Börse zu machen.
    Juliane stand am Fenster und sah, wie er aus dem Portal auf die Straße trat, wie sein Blick über die breite Front des Speichers wanderte, dann sah er zu ihrem Fenster hinauf, hob grüßend die Hand und ging davon, mit ernster Miene und leichten Schritten.
    Die Köchin brachte selbst den Tee, dazu einen Teller dampfender Suppe und zwei dicke Scheiben frisches Brot.
    «Rebhühnchensuppe, passiert mit Petersilien, Basilikum, gelben Wurzeln und einem Gläschen Wein», erklärte sie. «Ihr müsst essen, Mademoiselle. Es hilft niemandem, wenn Ihr fastet. Tee ist nur gefärbtes Wasser, das macht nicht satt und auch nicht stark. Sagt nicht wieder, Ihr habt keinen Hunger. Sonst bleibe ich hier vor Euch stehen, bis der Teller leer ist.»
    «Danke, Erla.» Die fürsorgliche Strenge, die die Köchin sich nie zuvor erlaubt hatte, amüsierte Juliane, es war ein

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