Mit dem Wolf in uns leben. Das Beste aus zehn Jahren Wolf Magazin (German Edition)
die bis dahin noch nie einen Wolf gesehen hatten, blieben stehen und boten damit einen adäquaten Ersatz für die „gebratenen Tauben“, die einem dort bekanntlich in den Mund fliegen sollen. Ganz so einfach ist es für die Wölfe inzwischen nicht mehr. Und an die zahlreichen Bisons, die gemächlichen Schrittes durch den hohen Schnee stapfen und mit ihren mächtigen Zottelköpfen den Schnee zur Seite schaufeln, um an ein wenig Gras zu kommen, haben sie sich bisher nicht gewagt.
Aber auch sonst haben sie das Ökosystem verändert. Weißkopfseeadler, die im Winter früher nach Süden flogen, bleiben nun im Park, weil durch die Wölfe genügend Nahrung für sie übrig bleibt. Und auch die Raben sind dreister geworden.
Von den zweihunderfünfzig Grizzly-Bären des Parks hörte und sah man nichts. Sie lagen gemeinsam mit ihren kleineren und zahlreicheren Schwarzbärvettern in tiefem Winterschlaf.
Der Abschied von den Wölfen, den Kojoten, den Bisons und den anderen Tieren fiel uns sehr schwer, und am Ende war uns klar, dass wir bald wieder zurückkehren würden, in den Yellowstone-Nationalpark und ins Lamar-Valley, die Serengeti Amerikas.
(Elli H. Radinger; Wolf Magazin 2/99)
Tipp: Wolfsreisen
Der Yellowstone-Nationalpark ist der beste Ort auf der Welt, wo man Wölfe in ihrem natürlichen Verhalten und Umfeld beobachten kann. Elli H. Radinger bietet Interessierten Gelegenheit, sie bei Ihrer Wolfsforschung zu begleiten.
Weitere Informationen:
www.yellowstone-wolf.de und Blog: http://yellowstone-wolf.blogspot.com
„Mutter, da ist ein Wolf in unserem Camp!“
Ich möchte die wahre Geschichte erzählen, wie ein einziger wilder Wolf unsere Herzen und Gedanken für immer verzauberte. Das Abenteuer geschah im August 1991 auf dem Petawawa-Fluss, im Algonquin-Park, Ontario, auf einem Familienausflug mit dem Kanu. Mein Schwager Jeff Cherry, der schon viele Sommer als Guide und Kanu-Camper auf diesem Fluss verbracht hatte, leitete unseren Ausflug. Meine Familie besteht aus mir, meinem Ehemann Dick und unseren drei Söhnen Graham (12), Eben (9) und Tim (7).
An diesem heißen Augusttag begannen die Erwachsenen gerade, das Camp herzurichten. Jeff und Tim waren dem Wasser am nächsten und sammelten Feuerholz, als Tim ein Tier auf der anderen Flussseite entdeckte. „Dort! Ein Wolf!“, rief er Jeff zu. Wir anderen bauten etwas weiter entfernt Zelte auf, aber wir konnten immer noch das Tier sehen. Dick, nach einem kurzen Blick, versuchte, seinen jüngsten Sohn zu korrigieren: „Das ist kein Wolf, Tim, das muss ein Hund sein.“ Da das Tier ein Halsband trug, schien dies eine logische Erklärung zu sein.
Jeff selber jedoch stimmte Tim zu, dass die Kreatur vermutlich ein Wolf war, aber dass wir dies nie genau wissen würden.
Dick erwog die Möglichkeit, dass wir tatsächlich einen Wolf gesehen hatten, nachdem Jeff erklärt hatte, dass es in unserem Gebiet Wölfe gab, die zur Beobachtung und zum Studium Radiohalsbändern hatten. Während immer noch leichte Zweifel über die Identität des Tieres bestanden, war dennoch die Vorstellung, mit unseren eigenen Augen einen Wolf gesehen zu haben, sehr aufregend für jeden von uns.
Etwa zwanzig Minuten später betrat das Tier von der anderen Seite des Flusses unser Camp und blieb in der Nähe eines unserer Zelte stehen. Es war ein Wolf! Wir alle standen sprachlos still und beobachteten ihn. Ich hielt gerade meine Kamera und knipste schnell nervös ein paar Fotos. Der Wolf schien über den Fluss zu schauen und war mit Sicherheit nicht über unsere Gegenwart beunruhigt. Nach ein paar Minuten drehte sich der Wolf um und verließ langsam das Camp, hielt erneut an, um über den Fluss zu schauen, schlenderte am Flussufer entlang und verschwand dann. Wir nahmen unsere Tätigkeiten wieder auf. Es lag eine unausgesprochene Dankbarkeit in der Luft, dass unsere Wolfssichtung bestätigt worden war, aber es schlich sich auch eine leichte Angst in unser Verhalten. In Wirklichkeit war es sogar ziemlich unheimlich. Dick und ich schauten zur Bestätigung zu Jeff. Er erinnerte uns daran, dass Wölfe keine Menschen angreifen, aber er widersprach auch nicht, als wir unsere Kinder aufforderten, sich von nun an in Sichtweite aufzuhalten. Graham verweigerten wir sogar einen Ausflug in den Wald, um „dem Ruf der Natur“ zu folgen. Wir erklärten dies so, dass, obwohl wir niemals zuvor einen Wolf gesehen hatten, dieser sich ein wenig zu seltsam zu verhalten schien.
Fünf Minuten später rief der
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