Mit den Augen der Fremden
Verstand arbeitete schnell und präzise wie der Verstand eines Fiebernden, unmittelbar bevor das Delirium einsetzt. Jason war sich der ungewöhnlichen Klarheit seines Denkens bewußt, so wie das letzte Aufflammen der Beleuchtung, ehe eine Glühbirne ausbrennt. Aber er war dankbar dafür.
„Das hätte zu keinem besseren Zeitpunkt kommen können.“
„Besseren Zeitpunkt?“ wiederholte Coth.
Jason merkte, wie die Männer ihn anstarrten. Vermutlich starrte Mele, die hinter ihm stand, ihn ebenso an.
„Ich habe es Ihnen doch gesagt – ich habe das gefunden, was ich seit Anfang meines Kontakts mit Kator gesucht habe …“ Jason sah sich nach dem Magazin mit Krotts Artikel um und erinnerte sich dann daran, daß er es ja auf Meles Schreibtisch liegengelassen hatte. „Ich hab’ den Schlüssel zum Urcharakter der Ruml. Und jetzt muß ich mit einem von ihnen in Verbindung treten.“
„Lassen wir das jetzt“, unterbrach ihn Swenson. „Wir wollen zu dem eigentlichen Problem zurückkehren. Wie verhindern wir, daß weitere Sammler in den Hangar eindringen? Es muß doch irgendein Gerät geben, das die Ruml nicht kennen und das uns warnt, wenn eines dieser verfluchten Biester in die Nähe kommt …“
„Warum wollen Sie eigentlich nicht, daß ihr Sammler sieht, daß die menschliche Rasse auch bewaffnete Raumschiffe hat?“ fragte Jason. „Von dem Artefakt wissen sie ja bereits, in welchem Stadium sich unsere Raumschiffentwicklung befindet – ah ja …“ Jason hielt inne, denn er war selbst auf die Antwort gekommen. „Sie haben die Schiffe herausgeholt – das ist es, was die Ruml nicht sehen dürfen, oder? Sie glauben, wenn die Ruml sehen, daß das offensichtlich ein Raumschiffhangar ist, in dem dann nur ein paar klapprige Raketen stehen, dann erkennen sie, daß wir von ihrer Existenz und ihrer Anwesenheit wissen. Sie sind ja so kurzsichtig …“ Er hielt inne. „Wo sind denn die Schiffe?“
„Es tut mir leid“, sagte Swenson. „Ich bin nicht befugt, dies …“
„Ich soll wohl raten?“ ereiferte sich Jason. „Sie haben sie in den Weltraum hinausgeschickt, innerhalb der Schußweite der Heimatwelt der Ruml. Das ist es, was ich von Ihnen erwarten würde. Und dort sind sie doch, oder? Stimmt’s?“
„Ich kann nicht …“ begann Swenson.
„Schon gut“, sagte Jason. „Sie brauchen es nicht zuzugeben. Das ist genau, was der Urinstinkt der Menschen von Ihnen verlangen würde, ebenso wie der Urinstinkt – schon gut.“ Jasons Gedanken flogen schneller, als seine Zunge ihnen folgen konnte. „Es ist gleichgültig. Er wird selbst kommen. Ja, das muß er sogar.“
„Wovon reden Sie denn?“ fragte Coth hinter Swenson.
„Kator. Er wird selbst kommen“, murmelte Jason. „Ja, jetzt begreife ich alles. Schon gut. Ich komme jetzt damit zurecht. Nur – ich muß mit ihm in Verbindung treten.“
„Mit wem in Verbindung treten?“ fragte Swenson.
„Kator. Er wird selbst herunterkommen, um sich Ihren unterirdischen Weltraumhafen anzusehen. Ich möchte ihn sehen, ihm begegnen, wenn er kommt. Sie müssen es so einrichten, daß ich dort bin.“ Er sah Swenson an. „Das können Sie doch, oder? Ich sage Ihnen, ich habe jetzt die Lösung. Ich habe sie in der Bibliothek gefunden. Wir kommen mit beiden zurecht.“
„Mit beiden was?“ fragte Coth.
„Mit dem menschlichen und mit dem rumischen Instinkt. Andernfalls prallen die nämlich aufeinander. Nun …“ Er starrte Swenson an. „Sie haben mir keine Antwort gegeben. Ich sagte: Können Sie es so einrichten, daß ich dort bin?“
Swenson sah ihn an und schüttelte dann langsam den Kopf.
„Nein“, sagte er ruhig. „Sie wissen inzwischen ja auch, daß nur sehr wenige Leute – wenn überhaupt welche – glauben, daß Sie frei von Ansteckung durch den fremden Geist sind, mit dem Sie zu tun hatten. Ich fürchte, wir vertrauen Ihnen nicht. Ich fürchte, wir werden nicht zulassen können, daß Sie sich an diesem Ort aufhalten – insbesondere dann nicht, wenn Ihr Freund Kator kommen sollte.“
Jason starrte ihn an. Der Raum schien sich plötzlich um ihn zu drehen. Aber er kämpfte gegen seine Erschöpfung an. Eine Minute muß ich noch aushalten, dachte er.
„Ich werde einen Handel mit Ihnen machen“, sagte Jason. „Sie würden es gerne ohne mich anpacken, was? Sie würden alle gern Kator und die anderen überwachen, ohne mich zu benutzen?“
Swenson wich seinem Blick nicht aus. „Ja“, sagte er.
„Sorgen Sie dafür, daß ich dort bin, wenn Kator
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