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Mit den Augen eines Kindes

Mit den Augen eines Kindes

Titel: Mit den Augen eines Kindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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brauchte sie allerdings nicht zu überreden, Oliver in der Wohnung zu behalten. Er war ziemlich enttäuscht, dass er nicht mal in den Kindergarten gehen oder zu Opa durfte. «Was soll ich denn machen den ganzen Tag? Da hab ich ja gar nix zu tun.»
Genau das konnte ich kurz darauf auch sagen.

Donnerstag, 5. Juni
    Während ich noch mit Hanne diskutierte, traf in der Dienststelle die versprochene psychologisch geschulte Beratung aus Düsseldorf ein. Ein Mann, nicht zwei. Aber der eine reichte völlig, ersetzte locker ein ganzes Dutzend, weil er nicht nur psychologisch geschult war, er konnte auch vortrefflich kommandieren und betrachtete jeden, der nicht mindestens vom BKA kam, als Laufburschen oder Informationsquelle.
    Ich war nicht dabei, aber ich kann mir lebhaft vorstellen, wie die Begrüßung von Kriminalrat Eckert ausfiel. Vermutlich machte der Neuankömmling unserem Chef mit knappen Worten deutlich, ihm fehle die Zeit, sich länger mit «Verwaltungsangestellten» zu befassen. Nun ja, er war angefordert worden, um einen Kriminalfall zu lösen, so was machte er sonst vermutlich in einer halben Stunde.
    Von Rudolf ließ er sich gründlich informieren nach dem Motto: «Fassen Sie sich kurz.» Dann erteilte er als Erstes der Kriminalhauptstelle den guten Rat, mal ganz schnell ein paar ihrer Leute in den Erftkreis zu schicken.
    Als ich in Hürth ankam, war es halb zehn vorbei, und auf den Fluren liefen ein paar Leute herum, die ich nur flüchtig oder gar nicht kannte. Sie machten alle einen furchtbar beschäftigten Eindruck. Ich wurde bereits ungeduldig im Büro des Chefs erwartet. Sie waren zu dritt, Kriminalrat Eckert, Rudolf und der neue Kommandeur. Er stellte sich vor mit dem Allerweltsnamen Schmitz, mochte Anfang dreißig sein, trug einen grauen Anzug und sah darin aus wie ein toter Fisch. So benahm er sich auch. Rudolf machte mit Blicken deutlich, dass er nicht mit sämtlichen Maßnahmen des Neulings einverstanden war. Kriminalrat Eckert lächelte nur diplomatisch. Was es zu sagen gab, übernahm Schmitz.
    Ich gehörte ab sofort nicht mehr zum Team. Darauf hatte ich dienstags noch spekuliert, sogar inständig gehofft. Es hätte nichts mit Misstrauen zu tun gehabt, wäre eine reine Vorsichtsmaßnahme gewesen, für die ich jederzeit vollstes Verständnis aufgebracht hätte. Jederzeit, nur nicht gerade in dem Moment, wo die Polizeimaschinerie richtig anlief.
    Schmitz erklärte, auf welche Weise ich an dem Fall mitarbeiten solle. Als Kontaktmann. Ich hatte mich zur Verfügung zu halten, falls Frau Koska noch einmal Lust auf mich bekam. Im Hinblick auf meine Beziehung zur Mittäterin in einem Entführungsfall hatte ich jedoch kein Recht auf Informationen oder Auskünfte zum weiteren Vorgehen der Polizei.
    Nachdem das gesagt war, wechselten wir in mein Büro, damit der Chef und Rudolf ihrer Arbeit nachgehen konnten und wir ungestört waren. Auch mir wurde ein umfassender Bericht abverlangt. Bitte von Anbeginn, so musste ich etwas weiter ausholen und bei der Schulzeit anfangen, was Schmitz damit begründete: «Die Frau ist die Schwachstelle und unser Ansatzpunkt.»
    Meine Aufenthalte in Kölner Hotelzimmern interessierten ihn nur in einer Hinsicht: «Trauen Sie sich zu, die Beziehung so fortzusetzen, dass die Frau keinen Verdacht schöpft?»
    Nein, verdammt! Für was hielt er mich denn?
    Er lächelte so dünn wie eine Rasierklinge. «Ich halte Sie für einen Mann mit Führungsqualitäten, sonst hätte man Sie kaum zum Ersten Kommissar befördert. Und Sie hatten am Sonntag schon den Verdacht, dass die Frau in ein Kapitaldelikt verwickelt ist. Trotzdem sind Sie zu ihr gefahren und haben es geschafft, eventuelles Misstrauen auszuräumen.»
    Der Rest vom Vormittag ging für meine psychologische Schulung drauf. Schmitz mühte sich nach Kräften ab, mir ein paar Gewissensnöte zu nehmen und Marens Motivation darzulegen. Das tat er so ruhig und emotionslos, als rede er über einen Film, den er neulich gesehen hatte.
    Der Gipsverband sei Ella Godberg nicht erst am Samstag und bestimmt nicht von Frau Koska abgenommen worden, behauptete er. Obwohl es nur eine Behauptung war, äußerte er sie mit einer Sicherheit, als wäre er dabei gewesen. Das habe mit meiner Bitte um ein Kinderbuch überhaupt nichts zu tun. Er hatte den Verband so wenig gesehen wie einer von uns, konnte nicht wissen, ob er außen oder innen verschmiert gewesen war, erklärte nichtsdestotrotz, das Blut müsse bereits durch die Schussverletzung und den

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