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Mit den Augen eines Kindes

Mit den Augen eines Kindes

Titel: Mit den Augen eines Kindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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dass die Kollegen irgendwo draußen das Flackern nicht bemerkten.
Hinter der ersten Tür befand sich die Waschküche, unschwer zu erkennen an Waschmaschine, ein paar gespannten Leinen und einem tröpfelnden Wasserhahn, der eine ziemlich große Pfütze auf dem Boden hinterlassen hatte. Hinter der zweiten stand ein alter Heizkessel, daneben ein Eimer mit Resten von Briketts. Hinter der dritten Tür war nur ein leerer Raum, kleiner als die übrigen, hier war das Heizmaterial gelagert worden. Mein Lichtstrahl wanderte über rauen Zementboden, gekalkte und stark verschmutzte Wände, ein mit Pappe verklebtes Fenster.
Ich riskierte es, die Lampe brennen zu lassen, und schaute mir den Boden genau an. Auch er war mit Staubflusen bedeckt, unter dem Fenster zusätzlich mit dem Dreck von Kohlen und Briketts. Und in der Ecke hinter der Tür sah es aus, als hätte jemand ein paar Eimer Wasser über den Zement gekippt. Die Staubflusen lagen nicht mehr locker auf. Sie waren zu Knäueln zusammengepappt und von Wellen neu geordnet.
Der Lichtkegel holte dunkle Flecken aus dem Beton. Viele waren es nicht, drei insgesamt, der größte davon etwa wie meine Handfläche. Ich vermutete, dass es sich um Blut handelte.
Doch das war Sache des Erkennungsdienstes und des gerichtsmedizinischen Labors. Etwa zwanzig Zentimeter von den Flecken entfernt lagen winzige weiße Krümel direkt an der Wand. Sie waren anscheinend vom Wasserschwall in die Kante gespült worden und fielen erst auf, wenn man in die Hocke ging. Es konnten Splitter von der gekalkten Wand sein. Aber ich tippte auf etwas anderes, Gips.
Mir war entsetzlich kalt bei der Vorstellung, dass Ella hier gelegen hatte, vielleicht betäubt, auf jeden Fall völlig wehrlos. Und Maren beugte sich über sie, Maren hielt ein scharfes Messer, eine Zange, eine Säge oder sonst etwas in der Hand und machte sich damit über den Gipsverband her. Warum, zum Teufel? Hatte sie meine Bitte um Ollis Buch für einen Vorwand gehalten? Und selbst wenn, konnte Ella doch nichts dafür. Aber mit der Wahl des Raumes hatte sie einen Fehler gemacht. Sie hätte Ella für die Tortur in die Waschküche schleifen sollen. Auf dem gefliesten Boden dort wäre Blut kaum so zurückgeblieben, dass man es mit bloßem Auge sah. Und die Gipskrümel hätte sie mühelos auffegen können.
Ich hatte Papiertücher dabei, und gerade als ich das Päckchen aus der Tasche zog, um mit einem Tuch einige der Krümel aufzusammeln, hörte ich das Geräusch aus dem Nebenraum, in den ich eingestiegen war. Das satte Auffedern von Gummisohlen auf dem Fußboden.
    Da kam noch jemand, der nicht bemerkt werden wollte. Ich sah kein Licht, außer meiner eigenen Lampe, die auszumachen sich nicht mehr gelohnt hätte. Ich hörte auch keine Schritte, nur meinen donnernden Herzschlag und dann die Stimme.
    «Tatsächlich! Hast du dir gut überlegt, was du hier treibst?»
Jochen stand in der offenen Tür, schüttelte im Strahl meiner Lampe vorwurfsvoll den Kopf und flüsterte weiter: «Ich wollte es nicht glauben, als Hanne mich anrief. Du kannst doch nicht alle Tassen im Schrank haben.»
Ich richtete mich auf und winkte ihn heran. Wie zuvor ich ging nun er in die Knie, betrachtete die Flecken auf dem Boden und die Krümel an der Wand. Ich berichtete in knappen Worten, was wir von Alex gehört hatten und was ich dachte. Und da wir nun zu zweit waren, schlug ich vor: «Gehn wir mal rauf?»
Jochen zögerte, jedoch nicht sehr lange, dann nickte er und zog gleichzeitig seine Pistole. Mir schien, er war blasser als sonst, doch das mochte am grellen Lichtkegel meiner Lampe liegen. Vorsichtig, überaus leise und ohne Unterstützung durch die Lampen tasteten wir uns die Treppe hinauf. An deren Ende befand sich eine massive Holztür. Sie quietschte ein wenig in den Scharnieren, ließ sich jedoch widerstandslos öffnen. Ich glaube, wir hielten beide die Luft an, als wir den Hausflur betraten.
Absolute Finsternis. In der Haustür gab es keine Glasscheibe. Die Rollläden in den Zimmern waren alle dicht, keine noch so winzige Ritze. Jochen überprüfte alle Fenster äußerst sorgfältig. Aber da wir nicht den geringsten Grauschimmer sahen, konnte draußen auch niemand etwas sehen. Also hätte gestern sehr wohl jemand im Haus sein und Festbeleuchtung einschalten können.
In jungen Jahren hatte ich immer eine bestimmte Vorstellung von Marens Elternhaus gehabt, überall Luxus, vielleicht goldene Wasserhähne. Aber es war nur düster und bedrückend. Wuchtige, größtenteils

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