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Mit den Augen eines Kindes

Mit den Augen eines Kindes

Titel: Mit den Augen eines Kindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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Ich hatte meinen Wagen irgendwo draußen abgestellt. Sie offenbar auch, aber sie ging, vielmehr lief in die andere Richtung. Noch einmal zurück zur Dienststelle zu fahren, lohnte nicht. Ich machte mich auf den Heimweg.
Es herrschte dichter Verkehr in der Kölner Innenstadt. Ich brauchte fast eine Stunde bis zur A4, wo es auch nur im Schneckentempo vorwärts ging. Baustelle zwischen Köln-West und Kreuz Kerpen. Ich blieb auf der rechten Spur. Nach einer Weile bemerkte ich im Rückspiegel einen von den Alles-zur-Seite-jetzt-komme-ich-Fahrern. Unentwegt flimmerte die Lichthupe, scheuchte einen Wagen nach dem anderen auf die rechte Seite und pfuschte sich durch.
Ein silberfarbener Opel Omega, neu glänzender Lack. Dass sie am Steuer saß, erkannte ich wohl, mehr nicht. Weil ihr Hintermann sich ihre Rücksichtslosigkeit zunutze machte, praktisch an der Stoßstange des Omega klebte und ich in der Sekunde, in der ich das Kennzeichen hätte lesen können, den Blick auf ihr Profil heftete. Angespannt sah sie aus. Dass sie mich bemerkte, möchte ich ausschließen. Sie schaute nicht zur Seite und war viel zu schnell vorbei.
Danach fragte ich mich wohl flüchtig, ob sie jetzt im Auto ihres Mannes unterwegs war, oder ob der Omega ihrem verstorbenen Vater gehört hatte. Für einen Clubbesitzer war ein Opel wohl zu spießbürgerlich. Aber im Grunde interessierte es mich nicht, wessen Auto sie fuhr. Ich genoss nur die Vorstellung, dass ihr Mann schon ungeduldig auf sie und sein Abendessen wartete. Dass er sie zur Rede stellte. Dass sie tatsächlich Ärger bekam, mächtigen Ärger, der sie zur Vernunft brachte und dazu, mich in Ruhe zu lassen.
    Unser Abendessen war noch nicht ganz aufgetaut, als ich die Wohnung betrat. Hanne stand am Herd und rührte einen tiefgefrorenen Eintopf um, den meine Mutter uns spendiert hatte, weil Hanne erst nach sieben aus der Praxis gekommen war. Zur Begrüßung küsste sie mich auf den Hals, wie sie es oft tat, fragte: «Warum kommst du so spät?», und schnupperte verwundert. «Du riechst so frisch.»
    Ihre Frage überging ich. «Willst du damit andeuten, dass ich sonst stinke, wenn ich nach Hause komme?»
«Nein, sonst riechst du nach Arbeit, Büro und Zigaretten.»
«Ich war viel an der frischen Luft heute», sagte ich und versuchte, sie rasch auf ein anderes Thema zu bringen. «Wo ist Olli?»
Hanne seufzte. «Ich hab ihn bei deinen Eltern gelassen. Da muss er morgen früh nicht um halb sechs raus, ich muss nämlich schon um sieben in die Praxis, Esther ist ausgefallen. Verdacht auf Blinddarmentzündung. Was hattest du denn an der frischen Luft zu tun? Machst du neuerdings wieder Außendienst?»
«Nein», sagte ich. «Aber es gibt Dinge, da muss ich eben raus. Weißt du inzwischen, was gestern bei Godbergs los war?»
Sie zuckte mit den Achseln. «Wie man’s nimmt. Sven war nicht im Kindergarten. Und Oliver vermutete, der Rex habe nun auch Sven geholt. Dieses Urzeitviech hat es ihm angetan.»
«Du hättest ihm den Roten Oktober genehmigen sollen», sagte ich. «U-Boote hatten wir in Kerpen noch nie.»
Hanne lächelte freudlos und berichtete der Reihe nach. Sie hatte am Vormittag nicht arbeiten müssen und sich mehrmals am Telefon um ein klärendes Gespräch mit Ella bemüht, ohne Erfolg. Um zwölf hatte sie Oliver abgeholt und von der Betreuerin erfahren, Herr Godberg habe seinen Sohn mit einer Darmgrippe entschuldigt.
«Um drei rief Alex mich dann in der Praxis an. Er wollte wissen, ob Oliver von dem Durcheinander gestern erzählt hat und ob er gut nach Hause gekommen ist. Ich hätte ihm gerne den Puls gefühlt. Was meinst du, was ich ihm erzählt hätte, wenn Oliver nicht gut nach Hause gekommen wäre?»
Angestellt habe unser Kleiner am vergangenen Nachmittag wirklich nichts, hatte Alex beteuert. Sven habe plötzlich Leibschmerzen und Fieber bekommen und sich mehrfach übergeben. Ella sei in Panik geraten, habe an einen Blinddarmdurchbruch gedacht, darauf bestanden, den Notarzt zu alarmieren, dann jedoch nicht auf dessen Eintreffen warten wollen und darauf gedrängt, mit Sven zum nächsten Krankenhaus zu fahren.
In der Aufregung hatte man unseren Sohn wieder einmal vergessen. Alex hatte sich dafür entschuldigt, sich auch erkundigt, ob mit Oliver alles in Ordnung sei. Es sei nämlich nicht der Blinddarm, sondern eine Viruserkrankung. Ella habe sich angesteckt. Jedenfalls habe sie nun ebenfalls erhöhte Temperatur und Leibschmerzen. Jetzt könne man nur hoffen, dass uns nicht auch noch eine

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