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Mit den Augen eines Kindes

Mit den Augen eines Kindes

Titel: Mit den Augen eines Kindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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«Ich hoffe, du weißt, was du tust.»
Das wusste ich nicht. Ich dachte an Hanne, an die offene und natürliche Art, in der wir miteinander schliefen. Hanne war nicht prüde, nicht verklemmt. Sie hatte Spaß an der Sache und keine Hemmungen, ihre Lust offen zu zeigen. Sie war leidenschaftlich und aufgeschlossen. Und sie wäre am Sonntag bereit gewesen, zu verzeihen, dass sie betrogen worden war. Ich hätte jetzt auf der Stelle nach Hause fahren und ein Geständnis ablegen können, ehe Maren meine Mutter auf die Barrikaden brachte.
Das klingt vielleicht, als hätte ich Angst vor dem Ärger mit meinen Eltern gehabt. Aber das war es nicht. Es ging nur um Olli und Hanne. Wenn sie nicht verzeihen konnte, weil ich sie nicht nur betrogen, sondern auch noch belogen hatte. Sie war jung, sie war tüchtig, sie war hübsch und stand mit beiden Beinen mitten im Leben. Sie würde auch mit Kind schnell einen Ersatz für mich finden. Und dass Maren ihre Drohung wahr machte, wenn ich nicht bei ihr aufkreuzte, durfte ich keine Sekunde lang bezweifeln.
Also machte ich Feierabend und fuhr nach Köln. Nicht, um mit Maren zu schlafen. Ich wollte ihr unmissverständlich klar machen, dass es aus und vorbei war. Noch einmal zum Abschied auf dem Parkplatz beim Rathaus. Und mehr war nicht drin. Während der Fahrt war ich fest entschlossen, ihr das zu sagen, was mir auf dem Heimweg am Sonntag früh durch den Kopf gezogen war. Dass ich mit einer zehn Jahre jüngeren Frau zusammenlebte, mit der sie nicht mehr konkurrieren konnte. Einmal richtig gemein werden, sie beleidigen.
In der Hotelhalle lagen mir die Worte noch auf der Zunge. Im Lift kamen mir Zweifel, ob das die richtige Methode wäre. Und als ich das Zimmer betrat, hatte ich nur noch das im Kopf, was sie am Telefon gesagt hatte. «In ein paar Tagen sind wir wieder weg.»
Wozu ein Risiko eingehen? Was waren ein paar Tage, solange Hanne nichts davon erfuhr? Tagsüber konnte ich mich davonstehlen, ohne Erklärungen abgeben zu müssen. Abends könnte Maren mich nicht belästigen, dachte ich, da würde ihr Mann schon einen Riegel vorschieben. Natürlich sollte man Erpressern nicht nachgeben, aber manchmal musste man, um etwas zu retten. Ich versuchte, mir einzureden, es ginge nur darum. Solange sie nicht wüsste, dass es in meinem Leben wieder etwas gab, was man mir wegnehmen könnte, gäbe sie sich vermutlich zufrieden, wenn ich mit ihr ins Bett stieg. Heldenhaft, nicht wahr? Mann opfert sich, damit Sohn nicht den Papa verliert. Es wäre um Längen ehrlicher gewesen, es so zu formulieren, wie sie es getan hatte.
    In Zimmer zweihundertzwölf sah es anders aus als vor neun Jahren. Manchmal mussten halt die Wände neu gestrichen oder Teile der Einrichtung erneuert werden. Aber das war es nicht allein. Damals hatte das Zimmer einen bewohnten Eindruck gemacht. Nun stand oder lag nichts herum, was für einen längeren Aufenthalt sprach, kein Gepäckstück, keine verstreut liegende Kleidung, nur eine prall gefüllte Plastiktüte aus dem Kaufhof auf der Kofferablage.
    Maren stand am Fenster, schaute hinaus und drehte sich langsam um, als ich hereinkam. Und auch wenn ich es nicht wahrhaben wollte, war ich wieder siebzehn oder achtzehn, als ich die Zimmertür hinter mir schloss. Ich war der King der Oberstufe, Marens Lover, der Einzige, der sie bändigen konnte. Der Einzige, der es wagte, seine Hände nach ihr auszustrecken, der während der Mathestunde grübelte, wie er seiner Prinzessin risikolos ihren Traum von der Sprossenwand in der Sporthalle erfüllen konnte. Der schon mit vierzehn gewusst hatte, dass es mehr als drei Fixpunkte an einem Frauenkörper gab. Der nicht genug bekommen konnte von all diesen Punkten an ihrem Körper.
    Fünf Minuten am Fenster, vielleicht auch zehn, genug Zeit jedenfalls, mich komplett auszuziehen, nur mich. Dann wechselten wir in das Bad hinüber, dessen Enge mich vor neun Jahren so gestört hatte. Jetzt war etwas mehr Platz. Sie hatten die Badewanne durch eine Duschkabine ersetzt. Maren schob mich hinein und stieg dazu. Sie zog nicht einmal ihre Sachen aus, eine weiße Hose mit rotem Gürtel und eine farblich exakt auf den Gürtel abgestimmte Bluse. Und so etwas hätte Hanne nie getan, Hanne war eben vernünftig, rational, normal. Und Maren war verrückt – nach mir.
    Beide Hände gegen die Seitenwände der Duschkabine gestützt, stand ich da und ließ sie hantieren. Und Hanne verblasste mit jedem Blick von unten aus halb verhangenen Augen ein wenig mehr. Sogar Ollis

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