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Mit den Augen eines Kindes

Mit den Augen eines Kindes

Titel: Mit den Augen eines Kindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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Tat gehabt hatte. Alle hielten sie für geisteskrank, sogar ihr Anwalt und der von der Staatsanwaltschaft eingeschaltete psychologische Sachverständige, der einen ausgezeichneten Ruf genoss.
Aber was kümmerte Rudolf Grovian der ausgezeichnete Ruf eines Experten? Er hielt die Täterin eben nicht für geisteskrank und ließ nicht eher locker, bis er allen bewiesen hatte: Es war nur ein Moment von geistiger Umnachtung gewesen. Einen Gefallen hatte er der jungen Frau damit nicht getan. Sie war wegen mangelnder Schuldfähigkeit zum Tatzeitpunkt gar nicht erst vor Gericht gestellt worden und hatte kurz nach ihrer Entlassung aus der Psychiatrie versucht, sich umzubringen.
Seitdem wurde hinter seinem Rücken gemunkelt, er kümmere sich sehr intensiv darum, dass die junge Frau wieder Freude am Leben fand, weil er bei seiner Angetrauten seit langem nur noch unter «fernen liefen» rangierte. Aber was man über ihn und seine Privatsphäre tuschelte, berührte ihn an keiner Stelle.
Die erotischen Abenteuer eines Kollegen dagegen schienen ihm sauer aufzustoßen. Aber die hatten ja auch einen äußerst unangenehmen Beigeschmack. Kriminalrat Eckert umriss meinen Verdacht. Jochen musste noch einmal ausführlich berichten und kassierte im Anschluss von Rudolf Grovian die Zigarre, die der Chef nicht verteilt hatte. Was bildeten wir uns denn ein? Kleiner Freundschaftsdienst, private Gefälligkeiten? Das käme bei den Kölner Kollegen gut an, wenn man sie hinzuziehen musste. Aber musste man?
Dann wurde erst mal ausgiebig über Godbergs Nebenjob und sein Verhalten am gestrigen Abend diskutiert. Da hatte er schließlich mit einem Polizisten in seinem Wohnzimmer gesessen. Aber er hatte weder Schweißausbrüche bekommen noch hatten ihm beim Ausfüllen des Kaufvertrags für die Gänseliesel die Hände gezittert um das Leben seiner Frau. Im Gegenteil, von Haushaltsauflösung und Auswanderung hatte er erzählt.
«Dreister Kerl», meinte Rudolf Grovian. «Er hat sich wahrscheinlich köstlich über Sie amüsiert. Aber gehen wir sicherheitshalber mal vom allerschlimmsten Fall aus. Könnte ja sein, dass er mit den besonders wertvollen Stücken seine Frau gemeint hat und nicht will, dass wir uns einmischen. Einer wie Godberg traut uns nicht viel zu.»
Er wies Jochen an, dafür zu sorgen, dass mein Schreibtisch besetzt wurde, weil noch ein Anruf von Maren ausstand.
«Wenn die Frau sich meldet, ist Metzner gerade auf dem Klo. Das übernimmt einer, der noch nicht in Erscheinung getreten ist.»
Damit war Jochen entlassen. Kaum hatte er die Tür hinter sich geschlossen, wandte Rudolf Grovian sich mir zu und begann ein hochnotpeinliches Verhör, wobei ihn weniger meine gestrige Frühstücksunterhaltung mit Olli interessierte. Auch den roten Golf mit zwei verschiedenen Kennzeichen tat er erst mal als nebensächlich ab. Meine bisherigen Fehltritte hatte ich offen zu legen, die drei Aufenthalte im Hotel und den gemütlichen Abend im Kreise ehemaliger Mitschüler. Den vor allem.
Die intimen Stellen durfte ich auslassen, nur Dialoge bitte. Es war trotzdem peinlich, weil auch die anderen aufmerksam zuhörten. Thomas Scholl und der Chef bemühten sich um stoische Mienen. Helga Beske war moralisch über jeden Zweifel erhaben und machte keinen Hehl aus ihrer Entrüstung. Wenn man mit Blicken operative Eingriffe hätte vornehmen können, hätte ich anschließend wahrscheinlich im Knabenchor gesungen.
Anschließend bemühte Rudolf Grovian sich, Marens Verhalten zu analysieren. Den schlimmsten Fall vorausgesetzt, hatte sie an dem Samstagabend wohl nur ihren Spaß haben wollen, bevor es ernst wurde. Theoretisch hätte sie ja schon am vierundzwanzigsten Mai wissen müssen, was für die nächsten Tage auf dem Plan stand. Aber dann: Von den Komplizen gegen ihren Willen dazu verdonnert, bei der Familie des Entführungsopfers auszuharren und eventuell auftauchende Polizei abzuwimmeln. Traf man sich in so einer Situation noch dreimal mit einem Liebhaber, der exakt dem unerwünschten Personenkreis angehörte? Nun gut, vielleicht wollte sie auf eigene Faust herausfinden, ob der entlaufene Augenzeuge bei Papa geplaudert und Ermittlungen in die Wege geleitet hatte. Im Bett waren schon Minister zum Reden gebracht worden. Dass sie von ihren Kumpanen auf mich angesetzt worden sein könnte, schloss er aus. In dem Fall wäre sie nicht verprügelt worden.
Dann sprach er minutenlang über die Tatsache, dass jeder Art von polizeilicher Ermittlungsarbeit sehr enge Grenzen gesetzt

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